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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Steine und Sand golden. Draußen auf dem Meer hatten sie keine Schiffe gesehen, aber hier, nahe der Küste, schaukelten mehrere kleine Boote im Wasser. Die Fischer schienen feindselig und ängstlich auf Teradas Schiff zu reagieren und Shigeru vermutete, eine frühere Begegnung hatte sich heftig entwickelt.
    Â»Dort ist Katte Jinja.« Terada deutete zur Küste, wo das Dach des Schreins zwischen gewundenen Kiefernstämmen zu sehen war. »Sie brauchen von diesen Menschen nichts zu befürchten, sie werden Ihnen nichts tun.«
    In seiner Stimme lag noch etwas anderes als der übliche Spott und Shigeru zog fragend die Augenbrauen hoch.
    Â»Sie sind Verborgene«, erklärte Terada. »Deshalb töten sie nicht, sie verteidigen sich noch nicht einmal. Sie werden sie bestimmt interessant finden.«
    Â»Tatsächlich. Ich könnte sie sogar nach ihrem Glauben befragen.«
    Â»Sie werden Ihnen nichts sagen«, entgegnete Terada. »Sie werden lieber sterben, als sich zu enthüllen oder etwas zu verraten. Wie lange werden Sie bleiben?«, fragte er, als seine Männer sich darauf vorbereiteten, Shigeru über die Seite ins schenkeltiefe Wasser hinunterzulassen.
    Für den Rest meines Lebens, hätte er gern geantwortet, doch er sagte unbestimmt: »Ich nehme an, drei Nächte der Erscheinungen werden reichen.«
    Â»Drei Nächte zu viel, wenn Sie mich fragen.« Terada lachte. »Erwarten Sie uns um diese Zeit in vier Tagen von heute.«
    Die Seeleute gaben ihm einen Korb mit Reiskuchen und gesalzenem Fisch mit und Shigeru hielt sein eigenes Kleiderbündel und Jato über den Kopf, während er an Land watete.
    Oben am Rande der Bucht standen einige Hütten. Frauen und Kinder saßen davor und versorgten Feuer, an denen sie kleine Fische auf Bambusgestellen dörrten. Sie hielten inne und neigten schweigend den Kopf, als Shigeru vorbeiging. Er schaute kurz zu ihnen hinüber und bemerkte, dass die Kinder zwar mager, aber gesund aussahen, und dass mehrere der Frauen jung und nichthässlich waren. Sie wirkten alle angespannt, als würden sie gleich davonlaufen, und er glaubte den Grund zu kennen: die Anwesenheit von Teradas geilen, skrupellosen Männern. Bestimmt nahmen sich die Seeleute, denen die eigenen Frauen fehlten, die Hübschen hier, schließlich wussten sie, dass deren Männer sie nicht im Kampf verteidigen würden. Shigeru beschloss, darüber mit Terada zu reden. Das war ihr Volk. Es war falsch, dass Männer seines Clans sie ausnutzten.
    Wie Seisenji wirkte der Schrein hier verlassen, vernachlässigt. Shigeru hörte einen Ochsenfrosch im Garten des Schreins. Es war jetzt Abend, die letzten Sonnenstrahlen trafen die Veranden der alten Holzhäuser und warfen Schatten von jedem Knorren, jeder Unebenheit an Dach und Boden. Da standen die Pferde, sie waren in einem der Nebengebäude angebunden: dieselbe Stute, dasselbe Packpferd. Sein Herz hüpfte plötzlich bei der Erkenntnis, bisher hatte er nur halb geglaubt, dass sie tatsächlich hier war, dass er sie umarmen, ihre Stimme hören, ihr Haar riechen würde. All sein aufgestautes Begehren, die Sehnsucht der vergangenen sechs Monate stieg wie eine Flamme in ihm auf.
    Seine Sinne schienen unnatürlich scharf zu sein, als wäre ihm die oberste Hautschicht abgezogen worden. Er konnte bereits ihr Parfüm und den weiblichen Duft erkennen, der darunterlag.
    Leise rief er: »Ist jemand da?« Seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren wie die eines Fremden.
    Der junge Mann, Bunta, kam um das Haus herum, sah Shigeru und blieb überrascht stehen, bevor er auf ein Knie fiel und sich verbeugte.
    Â»Lord …«, sagte er und unterbrach sich, bevor er Shigerus Namen aussprach.
    Shigeru nickte ihm schweigend zu.
    Â»Die Damen sind im Garten«, sage Bunta. »Ich werde meiner Herrin sagen, dass ein Besucher hier ist.«
    Â»Ich gehe zu ihr«, antwortete Shigeru. Trotz Buntas Diskretion war ihm der Mann unbehaglich. Er könnte so leicht ein Spion vom Stamm sein, könnte sie so leicht verraten. Doch in diesem Augenblick wusste Shigeru, dass nichts, keine Todes- oder Folterdrohung gegenüber ihm oder jemandem, den er liebte, ihn daran hindern würde, zu ihr zu gehen.
    Ich bin verhext, dachte er, während er schnell um den Schrein herumging und sich an die Geschichte erinnerte, die sie für ihn geschrieben hatte. Der Garten war verwildert und ungepflegt, das

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