Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
Vom Netzwerk:
hinauf und hinunter, schliefen, wo die Nacht sie einholte, und waren glücklich, draußen zu sein, solange es nicht regnete, weg von Städten und Dörfern, in denen es Spione gab, bis sie an den Rand eines großen Plateaus kamen, das als Yaegahara bekannt war. Es war von Bergzügen umgeben, die sich in der Ferne verloren, einer hinter dem anderen, so weit das Auge reichte. Am entferntesten war das Gebirge der Hohen Wolken, das eine der natürlichen Grenzen der Drei Länder bildete. Hinter den Bergen, viele Wochenreisen nach Osten, lag Miyako, die Hauptstadt der Acht Inseln – der Sitz des Kaisers, der, so hieß es, alle regierte. In Wirklichkeit hatte der Kaiser wenig Macht und entfernte Gebiete wie die Drei Länder regierten sich selbst. Wenn örtliche Clans oder einzelneKriegsherrn an die Macht kamen und ihre schwächeren Nachbarn besiegten und unterdrückten, gab es niemanden, der Einspruch erhob oder eingriff. Die Rechte, die durch Erbschaft oder Treuegelübde entstanden waren, wurden letztlich einzig durch die Macht des Stärkeren bestimmt. Unter den Tohan hatten die Iida eine überlegene Stellung errungen: Sie waren eine alte Familie mit hochrangigen Kriegern, die seit Jahrhunderten in Inuyama ansässig waren – doch keine dieser Eigenschaften hob sie aus den anderen Familien so heraus wie ihre Gier nach Macht, die sie entschlossen und brutal verfolgten. Niemand konnte sich in ihrer Nachbarschaft sicher fühlen.
    Inuyama, die Stadt mit dem Schloss der Tohan, lag im Südosten hinter den Bergen.
    Sie lagerten am Rand der Ebene, ohne zu wissen, dass die meisten von ihnen dort sterben würden, noch bevor drei Jahre vergangen waren, und ritten am nächsten Morgen darüber, wobei sie die Pferde über die grasbewachsenen Hänge galoppieren ließen und Fasane und Hasen überraschten, von denen die jungen Pferde wiederum so erschreckt wurden, dass sie selbst wie die Hasen hüpften. Anscheinend hatten die Gewitter die Regenzeit des Frühjahrs beendet. Der Himmel zeigte das Tiefblau des Frühsommers und es war so heiß, dass Männer und Pferde heftig schwitzten. Die Fohlen waren erregt und schwer zu beherrschen.
    Â»Jetzt ist es doch noch ein gutes Training geworden«, sagte Kiyoshige, als sie um Mittag im Schatten eines der wenigen vereinzelten Wäldchen auf der grasigen Ebene rasteten. In der Nähe war eine kalte Quelle,an der die dampfenden Pferde tranken und die Männer sich Hände, Gesicht und Füße wuschen, bevor sie aßen. »Wenn wir auf einem solchen Gelände gegen einen Feind kämpfen müssten, wäre die Hälfte unserer Pferde unbeherrschbar!«
    Â»Wir bekommen zu wenig Übung«, stellte Irie fest. »Unsere Truppen haben vergessen, was ein Krieg ist.«
    Â»Das hier wäre eigentlich ein perfekter Kampfplatz«, sagte Shigeru. »Viel Raum, um sich zu bewegen, und ein gutes Gelände. Wir aus dem Westen hätten am Ende des Tages die Sonne hinter uns und der Hang wäre uns günstig.«
    Â»Vergessen Sie es nicht«, sagte Irie kurz.
    Viel redeten sie nicht; sie dösten, halb betäubt von der Hitze und müde von dem Ritt über die Ebene, unter den rauschenden Kiefern. Shigeru schlief fast, als einer der Männer, der Wache hielt, rief: »Lord Otori! Jemand nähert sich von Osten.«
    Gähnend und benommen stand er auf und ging zu dem Posten am Rande des Wäldchens, wo eine Reihe großer Felsblöcke ihnen Deckung gab.
    In der Ferne stolperte eine einsame Gestalt über die Ebene. Sie fiel wiederholt, kam mühsam auf die Beine und kroch manchmal auf allen vieren. Als sie näher kam, hörten sie die Stimme, ein dünnes qualvolles Heulen, das hin und wieder zu Schluchzen wurde und dann erneut anstieg zu einem Laut, bei dem Grauen die Beobachter streifte.
    Â»Geht in Deckung!«, rief Shigeru und rasch versteckten die dreißig Männer sich und ihre Pferde hinter Felsen und zwischen Bäumen. Nach dem Grauen warMitleid Shigerus zweite Reaktion, aber er wollte weder in eine Falle geraten noch den klagenden Mann verscheuchen, indem er sich zu plötzlich zeigte.
    Als der Fremde näher kam, sahen sie, dass sein Gesicht eine blutige Masse war, von Fliegen grausam umschwirrt. Es war unmöglich, etwas zu erkennen, doch die Augen mussten ihm geblieben sein und auch etwas Verstand, denn es war klar, dass der Mann wusste, wohin er ging: Er wollte zum

Weitere Kostenlose Bücher