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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Talente nutzen konnte? Am besten wäre es wohl, er bekäme eigenes Land, eine Domäne innerhalb des Otorigebiets – vielleicht Tsuwano oder sogar Yamagata.
    Takeshi schien plötzlich aus seinen Träumen zu schrecken. Er sprang von der Mauer und sah Shigeru.Seine Augen leuchteten mit einem so spontanen und liebevollen Lächeln auf, dass es einige von Shigerus Befürchtungen zerstreute.
    Â»Seid ihr zu einer Entscheidung gekommen?«, fragte Takeshi.
    Â»Unser Vater berät sich mit einem Schamanen.« Shigeru konnte seinen Zorn nicht unterdrücken. »Wir sollen morgen wieder tagen.«
    Takeshis Lächeln verschwand so schnell, wie es gekommen war. »Es wäre besser, sofort zu handeln. Das meinst du, nicht wahr?«
    Â»Ja, und das weiß inzwischen jeder. Ich habe es den ganzen Nachmittag immer wieder gesagt. Aber auf mich wird nicht gehört. Und, schlimmer, meine Onkel arbeiten ständig gegen mich. Nie hören sie auf, mich auf meine Jugend, meine Unerfahrenheit und ihre große Weisheit hinzuweisen.«
    Â»Sie sind nicht weise«, sagte Takeshi.
    Shigeru tadelte seinen Bruder für diese Respektlosigkeit nicht. Takeshi schaute kurz zu ihm auf und fuhr ermutigt fort: »Mein älterer Bruder sollte handeln, um des Clans willen.«
    Â»Ich kann nichts gegen die Wünsche unseres Vaters tun«, entgegnete Shigeru. »Ich muss ihm gehorchen, welche Entscheidung er auch trifft. Das Schlimme ist, dass er gar nichts entscheidet!«
    Im Tonfall eines mutwilligen Kindes sagte Takeshi altklug: »Meine Lehrer können mir nicht verbieten, Dinge zu tun, von denen sie nichts wissen. Und wenn sie sie mir nicht verbieten, bin ich nicht ungehorsam.« Der Ton war kindlich, doch Takeshi schaute Shigeru dabeimit zusammengekniffenen Augen an wie ein Erwachsener. »Mori Kiyoshige hat mir das beigebracht.«
    Â»Wirklich? Geh jetzt und such Kiyoshige und bitte ihn, zu mir zu kommen. Ich möchte gern Pferde ausprobieren – vielleicht morgen früh.«
    Â»Kann ich mitkommen?«, fragte Takeshi sofort.
    Â»Wahrscheinlich nicht.«
    Takeshi sah enttäuscht aus, widersprach aber nicht. Er verbeugte sich förmlich vor Shigeru, wie ein jüngerer Bruder es vor einem älteren tun sollte, und ging schnell davon.
    Er weiß, wie man gehorsam ist, dachte Shigeru; er hatte die beste Erziehung. Bestimmt werde ich ihm immer vertrauen können.
    Als sie die Stadt verließen, sah er wieder das Mädchen auf der Brücke, der wunderbaren, so vollkommenen und schönen Brücke. Der Fluss kämpfte jetzt nicht mehr gegen sie, sondern streichelte die Steinbögen, deren Verankerung so viele Leben gekostet hatte. Algen hefteten sich bereits an die unteren Steine und malten Streifen von dunklem, klebrigem Grün auf das Grau, Fische sammelten sich im Schatten der Bögen, wo sie Zuflucht vor dem Sonnenlicht und den scharfen Schnäbeln von Reihern und Möwen fanden.
    Er bemerkte den gemeißelten Felsblock, den er hatte errichten lassen – es war eine ebenso entschiedene Handlung gewesen wie dieser Aufbruch im Morgengrauen. Und beides war vom gleichen Wunsch nach Gerechtigkeit ausgelöst worden, von der gleichen Ungeduld, die Grausamkeit und Verrat nicht länger tolerieren wollte.
    Selbst zu dieser frühen Stunde waren Menschen auf der Brücke, die dem Steinmetzen Opfer darboten, und das zu sehen ließ Shigeru darüber nachdenken, wie der Tod dieses Mannes bei aller Grausamkeit zu einer Art neuen Lebens geführt hatte und Menschen inspirierte – der Steinmetz war im Tod ebenso wichtig und aktiv, wie er im Leben gewesen war, die Erinnerung an ihn würde niemals sterben.
    Shigeru konnte nicht in die Zukunft sehen und deshalb nicht wissen, dass auch sein eigenes Grab ein Ziel für Pilger sein würde, solange das Mittlere Land bestand, und dass er immer wie ein Gott verehrt werden würde.
    Und obwohl er oft über seinen eigenen Tod meditierte, wie Matsuda es ihn gelehrt hatte, und dafür betete, dass er ehrenhaft und bedeutsam sein werde, lag der Gedanke ihm an diesem Morgen nicht schwer auf der Seele.
    Ein plötzliches Gewitter in der Nacht hatte die Luft gereinigt und die Straßen saubergespült. Große grauweiße Wolken türmten sich am Horizont und wurden vom Sonnenaufgang rosa getönt, während sich das Blau am Himmel vertiefte. Das Pferd unter ihm war lebhaft und erregt, er konnte die gesammelte

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