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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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untersuchen, erklärte Kitano, dass die Steuern zu hoch seien, er könne nicht mehr als dreißig Prozent der Ernte verlangen, und hörte sich zwei Tage lang die verschiedenen Klagen der Landbewohner über Beamte und Händler an.
    Er besuchte zusammen mit Komori die Silber- und Kupferminen und diskutierte Möglichkeiten, die Produktion zu steigern, wobei er erkannte, wie wichtig es war, dass die Bergwerke nicht in Tohanhände gerieten. Er hätte am liebsten den ganzen Sommer hier verbracht,doch Ende des Monats trafen Boten aus Hagi mit einem Brief seines Vaters ein.
    Â»Ich werde nach Hause befohlen«, sagte er zu Kiyoshige. »Hätte ich den Brief nur nicht gelesen! Aber ich habe ihn gelesen, also muss ich wohl gehorchen.«
    Er erlaubte Lord Kitanos jüngerem Sohn mit seinem Vater nach Tsuwano zurückzukehren, beschloss aber, dass Tadao, der ältere, ihn nach Hagi begleiten und dortbleiben sollte, als Ermunterung für Lord Kitano, sein Treuegelöbnis zu halten.

KAPITEL 18 

    Shigeru ritt vergnügt nach Hause, ihm war, als hätte er jeden Grund, mit den Ergebnissen seines Handelns zufrieden zu sein. Seine Beliebtheit und sein guter Ruf im Volk waren gewachsen und in jeder Stadt, jedem Dorf kamen die Leute aus ihren Häusern, begrüßten ihn und beschenkten ihn und seine Männer mit Obst und anderen Nahrungsmitteln sowie mit Reiswein. Das Wetter war weiter heiß und schön, die Ernte würde gut sein, es schien, als seien alle glücklich.
    Aber im Schloss wurde er weniger begeistert empfangen. Kaum war er im äußeren Burghof abgestiegen, da kam Endo Chikara selbst, um ihn zu Hause zu begrüßen, und sagte: »Ihr Vater hat gebeten, dass Sie sofort zu ihm gehen.«
    Â»Ich werde mich waschen und umziehen«, antwortete Shigeru. »Die Anstrengungen der Reise …«
    Â»Lord Shigemori sagte ›sofort‹«, wandte Endo ein. Shigeru gab Kiyoshige die Zügel. Die beiden jungen Männer wechselten einen Blick. Kiyoshige zog leicht die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts.
    Jetzt soll ich bestraft werden, dachte Shigeru voller Bedauern. Dass er nun wusste, was ihn erwartete, machte die Situation nicht erträglicher. Seine Onkel waren sehr zornig, sein Vater zeigte sich verständnislos und verstimmt, vor allem, weil Shigeru allein, ohne Beratung oder Erlaubnis, gehandelt hatte. Seine Onkel, deren Anwesenheit Shigeru sehr ärgerte, waren mehr über das besorgt, was sie als unglückliche Ergebnisse bezeichneten: den Tod von Honda und Maeda, die unnötige Provokation der Tohan …
    Â»Wenn ich nicht dort gewesen wäre, dann wäre Sadamu umgekommen«, entgegnete Shigeru. »Wenigstens können keine Lügen über seinen Tod erfunden werden. Außerdem hat er vor Zeugen geschworen, seine Leute zurückzuhalten und weitere Einfälle ins Mittlere Land zu unterbinden. Wir werden Frieden in der Grenzregion haben und die Minen rund um Chigawa sind in Sicherheit.«
    Â»Lord Kitano ist einigermaßen verärgert darüber, dass du dich in seine Angelegenheiten eingemischt hast«, sagte sein älterer Onkel.
    Â»Kitano hat mir seine Treue persönlich geschworen, genau wie seine Söhne.« Shigeru versuchte seinen Zorn zu beherrschen. »Tadao wird außerdem in meiner Nähe bleiben …«
    Es ging nicht mehr darum, wer Recht hatte – obwohl Shigeru von seinen Argumenten überzeugt war – sondern darum, wessen Wille sich durchsetzen, wer stärker sein würde. Shigeru erinnerte seine Onkel daran, dass er der Erbe des Clans war, dass er jetzt erwachsen war und um des Clans willen ihre völlige ungeteilte Loyalität erwartete. Er entschuldigte sich weder bei ihnen noch bei seinem Vater und verließ die Zusammenkunft nahe einem Wutausbruch. Er fand, sein Vater hätte ihn unterstützen sollen, und bedauerte Shigemoris Unentschlossenheit und sein Schwanken. Sohnespflicht verlangte von ihm, sich seinem Vater zu fügen – aber was sollte er tun, welchen Kurs sollte er einschlagen, wenn die Sicherheit des Otoriclans entgegengesetztes Handeln erforderte?
    Kiyoshige hatte Tadao zu den Unterkünften der Gefolgsleute begleitet und Irie war in sein eigenes Haus in der Stadt jenseits der Schlossmauer zurückgekehrt. Shigeru ging allein zu seinen Räumen in der Residenz. Es war fast Abend. Die Sonne war bereits hinter die steilen Hügel an der Westseite des

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