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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Gartens gesunken. Er ließ eine Dienerin in das Badehaus bei der heißen Quelle zwischen den Felsen kommen. Das Mädchen schrubbte ihm den Schmutz von der Haut und die Steifheit aus den Gliedern. Dann schickte er sie weg und ließ sich in das kochend heiße Wasser sinken.
    Nach einer Weile hörte er Takeshis Stimme im Garten. Er rief ihn und sein Bruder kam zum Badehaus, zog sich aus und begann sich zu waschen. Dann gesellte er sich zu Shigeru ins Wasser.
    Â»Willkommen daheim! Alle reden davon, was du erreicht hast. Es muss wunderbar gewesen sein – wie gern wäre ich bei dir gewesen!«
    Shigeru lächelte. Die Bewunderung seines Bruders war ein Schatten dessen, was er sich von seinem Vater erhofft hatte – aber Takeshis echte Begeisterung freute ihn. Er betrachtete den Jungen forschend: Er war im Sommer gewachsen, seine Beine waren viel länger, seine Brust voller geworden.
    Â»Und du hast Iida Sadamu getroffen. Ich hätte mit ihm gekämpft und ihn getötet.«
    Â»Er war nicht bewaffnet – und so nackt wie du jetzt! Als er wieder bekleidet war, schien es vernünftiger, mit ihm zu verhandeln.«
    Â»Die Tohan halten nie ihr Wort«, murmelte Takeshi. »Trau ihm nicht.«
    Kiyoshige rief von draußen: »Lord Shigeru?«
    Â»Komm zu uns«, rief Shigeru, als Kiyoshige an der Schwelle erschien. »Wir werden alle zusammen essen.«
    Â»Ich habe mich zum Essen schon mit Kitano Tadao verabredet. Ich dachte, Lord Takeshi leistet uns vielleicht Gesellschaft.«
    Â»Ich möchte mit meinem älteren Bruder essen«, sagte Takeshi, »und mehr von seinen Taten hören.«
    Â»Shigeru wird dir gar nichts erzählen«, sagte Kiyoshige. »Er ist viel zu bescheiden. Komm mit mir und ich erzähle dir, was für ein Held er ist und wie sehr die Leute ihn lieben.«
    Â»Also soll ich allein gelassen werden?« Shigeru streckte sich im Wasser aus und dachte ans Schlafen.
    Â»Nicht unbedingt.« In Kiyoshiges Ton lag etwas, das ihn aufhorchen ließ.
    Takeshi ahmte unbewusst seinen Bruder nach, indem er sich ebenso träge streckte und die Hände hinter dem Kopf faltete. »Ich bleibe bei dir«, sagte er – aber fast im selben Moment sagte Shigeru: »Geh mit Kiyoshige, Takeshi. Das wird Tadao zeigen, dass er geschätzt wird. So ist es korrekt.«
    Kiyoshige sagte: »Ich werde dir erzählen, wie Sadamu seine eigenen Falken erwürgt hat!«
    Â»Ich kann mich nicht erinnern, dass du das mit eigenen Augen gesehen hast«, entgegnete Shigeru.
    Â»Nein, aber Komori und die anderen Chigawamänner haben es mir berichtet.«
    Takeshi setzte sich auf und schaute Kiyoshige an. »Er hat seine eigenen Falken erwürgt? Warum?«
    Â»Vermutlich, weil sie ihn ins Lager des Ungeheuers geführt haben.«
    Â»Das muss ich hören.« Takeshi sprang aus dem Wasser und bespritzte dabei Shigeru. »Macht es dir etwas aus?«
    Â»Nein, du tust das Richtige. Sei höflich zu Tadao. Wir wollen nicht, dass er sich nach Inuyama sehnt.«
    Als Kiyoshige und Takeshi gegangen waren, zog Shigeru ein leichtes Baumwollgewand an und kehrte in seine Gemächer zurück, wo er halb erwartete, die Nacht allein zu verbringen, und halb … er wusste nicht genau, was. Aber sein Puls hatte sich beschleunigt, in seinen Adern prickelte es und das kam nicht nur vom heißen Wasser.
    Es war fast dunkel. Im Gang und im Hauptraum waren die Lampen angezündet worden, im Schatten vor dem goldenen Hintergrund ließen sie die blassen Farben der Blumen auf den bemalten Wandschirmen schimmern. Die Augen der Finken zwischen den Blüten glitzerten, als wären die Vögel lebendig. Ein Jasminzweig war in den Alkoven gestellt worden und sein Duft erfüllte den Raum.
    Gerade als Shigeru aus seinen Sandalen schlüpfte, nahm er unter dem Jasmin einen anderen Duft wahr – parfümierte Haare und Kleidungsstücke. Er hielt einen Augenblick inne und genoss den Moment, in dem die Erwartung des Vergnügens so intensiv war, wie das Vergnügen selbst sein würde.
    Sie hatte die Lampen so gestellt, dass sie ihr Gesicht beschienen. Er erkannte sie sofort: die weiße Haut, die Augen, geformt wie Weidenblätter, die starken Wangenknochen, die dem Gesicht wahre Schönheit raubten, ihm aber eine Ausdruckskraft verliehen, die zu ihrem Charme beitrug – Akane, die Tochter des Steinmetzen. Er hörte das zarte Rascheln

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