Der Clan der Wildkatzen
grünen Augen zusammen und funkelte ihn wütend an. » Wenn du darauf bestehst«, sagte sie und tappte mit aufgeplustertem Fell und sehr steifem Rücken davon. Sie setzte sich unter einen Baum und wandte Rudra und seinen Freunden den Rücken zu.
» Komm doch mal runter«, sagte Rudra zu Mara. Doch sie blieb stur über seinem Kopf. » Bitte? Wir drei müssen uns unterhalten.« Rudra lief hinüber zu Tantaras Baum und nach einigem Zögern kletterte die Langurin hinunter zu den unteren Ästen.
» Es tut mir leid, wie Tawny redet«, sagte Rudra. » Sie ist an unsere Art von Freundschaft nicht gewöhnt. Tawny ist im Dschungel aufgewachsen und dort herrschen andere Regeln.«
Maras Schwanz ging ein wenig in die Höhe. » Dann können wir also doch Freunde bleiben?«
Tantara und Rudra wechselten einen Blick. » Weißt du, Mara«, sagte die Langurin, » vielleicht ist dies ein guter Zeitpunkt für uns alle, mal ein bisschen Pause voneinander zu machen. Ich verbringe viel zu wenig Zeit mit den Weißbrauengibbons und den Lemuren, die sich schon oft mit mir anfreunden wollten. Und Rudra und Tawny brauchen Zeit, um sich kennenzulernen.«
Mara konnte nicht glauben, was sie da hörte. » Warum können wir denn nicht alle vier Freunde sein? Wir haben uns doch früher nichts daraus gemacht, dass wir verschiedenen Arten angehören, oder?«
Rudra seufzte. » Es hat auch keine Rolle gespielt, Mara, weil wir ja alle Jungtiere waren– Kinder, die zusammen spielen. Doch Tantara hat recht, und wenn Tawny auch ein bisschen grob ist, sagen beide das Gleiche. Wir müssen unter unseresgleichen Freunde finden.«
Mara zuckte stur mit den Ohren. » Ich verstehe nicht, wieso diese Unterschiede eine Rolle spielen.«
Rudra sah seine Mutter an und eine ganze Zeit lang schien zwischen ihm und Rani ein stiller Austausch stattzufinden.
» Also gut«, sagte er. » Mir gefällt zwar nicht, was ich jetzt tun muss, aber vielleicht solltet ihr es euch mal selbst ansehen.«
Und damit öffnete er das Maul und brüllte.
Und diesmal kam kein kleines Knurren heraus. Er hatte den Stimmbruch hinter sich, und ein tiefes Brummen dröhnte nun aus seiner Kehle, das langsam zum bedrohlichen Brüllen eines erwachsenen Tigers anschwoll. Rudras Fell plusterte sich auf und er brüllte weiter, so laut er konnte. Mara miaute instinktiv vor Angst, da die Verwandlung ihres Freundes sie erschreckte. Tantara floh nach oben in die Äste, schnatterte und schimpfte und stieß tiefe Warnrufe aus.
Um Schnurrhaaresbreite hätte Mara die Beherrschung verloren und ihre Angst über das allgemeine Katzennetz verbreitet. Aber Beraal hatte ganze Arbeit geleistet, und als das Kätzchen schließlich die Augen wieder öffnete, hatte Rudra zu brüllen aufgehört und beobachtete sie voller Mitgefühl.
» Ich werde erwachsen, Mara«, sagte er leise. » In den letzten Wochen fiel es mir immer schwerer, mit euch zu spielen und dabei freundlich zu bleiben. Vor Kurzem hätte ich Tantara beinahe in die Kehle gebissen, und wenn es so weitergeht, tue ich ihr irgendwann vielleicht ernsthaft weh. Jedenfalls glaubt das Ozzy. Tantara ist viel kleiner als ich. Das ist der Jagdinstinkt, und ich kann einfach nichts dagegen tun, Mara.«
Tantara hatte sich inzwischen wieder einige Äste weiter nach unten gewagt, doch sie hielt deutlichen Abstand zu Rudras Pranken. Es versetzte ihr einen Stich, als sie Maras trauriges Gesicht sah. » Das stimmt, Mara«, sagte sie. » Ich könnte gar nicht mit Tawny spielen, weil ihr Jagdinstinkt schon voll ausgebildet ist. Sie hat sich gestern auf mich gestürzt, und Ozzy und Rani mussten dazwischengehen, sonst wäre es nicht gut ausgegangen. Und Rudra und ich haben beide nur so getan, als würden sich unsere Instinkte niemals entwickeln. Ich kämpfe ständig gegen den Drang an, vor ihm wegzulaufen und die anderen Affen vor ihm zu warnen. Unser Geruch ändert sich, Mara. Unser Blut ändert sich.«
Maras Gesicht war sehr klein geworden. » Heißt das, ich kann euch nie wieder besuchen?«
» Natürlich kannst du uns besuchen, Mara«, sagte da eine andere, vollere Stimme. Ozzy war still an die Gruppe herangeschlichen. Der große Tiger hörte schon seit einer Weile zu und das Kätzchen tat ihm leid. » Du bist immer willkommen, und für dich besteht ja auch kein Risiko, denn du bist ja eigentlich nicht richtig hier. Keiner von uns kann dir wehtun, nicht einmal Tawny.«
Mara schickte Ozzy eine herzliche Umarmung über die Schnurrhaare. Sie war der großen Katze über
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