Der Clan der Wildkatzen
Katzen bei dir zu Hause Freundschaft schließen solltest, wo immer du auch wohnst.«
» Aber wir sind doch Freunde«, sagte Mara. » Was ist verkehrt daran, Freunde zu sein?«
Tantara schüttelte traurig den Kopf. » Nichts ist falsch daran. Es ist nur so, dass… na ja, wie Tawny sagt: Wer hat je davon gehört, dass ein Tiger mit einem Languren und einem Kätzchen Freundschaft schließt?«
Mara blickte von dem einsamen Languren im Baum hinunter zu den beiden Tigerjungen. » Aber sie versteht es einfach nicht, Tantara, sie ist gerade erst angekommen. Ich gehe zu ihr und stelle mich vor. Bestimmt ist alles gut, wenn ich ihr die Lage erklärt habe.«
» Mara«, setzte Tantara an, aber das Kätzchen hatte sich schon aufgemacht. Die Langurin blickte ihr nachdenklich hinterher. Und nahe der Tigerhöhle schaute auch Ozzy zu. Mit ernstem Blick sah er Tantara in die goldenen Augen und beide teilten eine tief sitzende Traurigkeit.
» Im Dschungel haben wir das natürlich nicht gemacht, aber hier habt ihr wohl andere Regeln«, sagte das gold-schwarze Tigerjunge gerade, als Mara sich zu ihnen gesellte.
» Hallo, Rudra! Tut mir leid, ich konnte nicht früher kommen. Was spielt ihr denn? Können Tantara und ich mitspielen?« Mara schwebte hinunter zu Rudras Gesicht.
Die kleine Tigerin knurrte überrascht. » Was in aller Welt ist das?«
Zu Maras Erstaunen wirkte Rudra verlegen. » Das ist eine Freundin– also, eine Besucherin. Mara kommt von Zeit zu Zeit vorbei, obwohl sie weit entfernt von hier wohnt. Mara, das ist Mulligatawny, aber sie mag lieber Tawny genannt werden.«
» Hall–«, setzte Mara an, doch die kleine Tigerin unterbrach sie und schlug mit dem Schwanz hin und her.
» Du armer, armer Kerl«, sagte sie mit süßer Stimme zu Rudra. » Jetzt verstehe ich, wie schwer es für dich gewesen sein muss, so ganz ohne Freunde.«
» Aber er hat doch Freunde«, sagte Mara beleidigt und schwebte vor Tawnys Gesicht, sodass die Tigerin sie beachten musste. » Tantara und ich sind jeden Tag hier. Natürlich würden wir auch dich gern kennenlernen.«
Sie hielt inne, als die Schnurrhaare der hübschen kleinen Tigerin vor Lachen zu beben begannen. » Sie ist ja zum Schreien komisch, Rudra!«, sagte Tawny. » Kein Wunder, dass du ihr erlaubt hast, dir die Zeit zu vertreiben.« Sie wandte sich dem Kätzchen zu. » Es muss ja wirklich anstrengend für dich gewesen sein, den ganzen Weg von… von wo auch immer zurückzulegen. Das kannst du dir jetzt sparen, denn nun bin ich ja hier. Aber hin und wieder kannst du gerne mal vorbeischauen.«
Mara stellten sich die Nackenhaare auf. » Rudra, du erlaubst ihr doch wohl nicht, so mit uns zu reden, oder?«
Tawny reckte sich, und Mara sah, wie wunderschön sich ihre Muskeln unter der gestreiften Haut abzeichneten. » Uns?«, fragte sie. » Kätzchen, ich weiß ja nicht, in welcher Welt du lebst, aber ich lebe in der Wirklichkeit, und die ist ein wahrer Dschungel. Und im Dschungel ist kein Platz für eine Katze, die«, rasch fuhr sie die Krallen aus und schlug träge nach Mara, wobei ihre Pfoten durch das Bild des Kätzchens hindurchgingen, » nicht einmal richtig in diesem Käfig existiert. Und was die Sache betrifft, dass Tiger Freundschaft mit Languren schließen – also bitte. Früher oder später wird Rudra größer werden, schärfere Zähne bekommen und sehr viel kräftiger sein. Glaubst du wirklich, dann wären diese kleinen Ringkämpfe mit Miss Goldauge noch eine gute Idee? Geh zurück zu deiner Art, Kätzchen. Ich habe ja nichts gegen dich, aber in dieser Welt gehört seinesgleichen zu seinesgleichen.«
Maras Schwanz und Schnurrhaare hingen mittlerweile ganz nach unten. Sie starrte von einem Tiger zum anderen. Als sie wieder zum Baum hochsah, breitete Tantara die Arme aus, als wollte sie sagen: Hab ich es dir nicht gesagt?
» Das war’s also?«, fragte sie langsam. » Rudra, du willst nicht mehr unser Freund sein, weil Tantara zu einer anderen Art gehört und weil ich nicht wirklich hier bin? Ist das richtig?«
» Ja«, antwortete Tawny. » Das ist richtig.«
Rudra stand da und blickte von einem zum anderen, wobei sein Schwanz unsicher hin und her zuckte. Er wandte sich zu seiner Mutter um, doch Rani regte sich nicht und kam auch nicht zu ihm. Ozzy hatte seinen Kopf abgewandt. Die beiden erwachsenen Tiger saßen reglos und schweigsam am Wasserloch.
» Tawny«, sagte Rudra, » könntest du mich bitte einen Moment mit meinen Freunden allein lassen?«
Tawny kniff die
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