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Der Clan der Wildkatzen

Der Clan der Wildkatzen

Titel: Der Clan der Wildkatzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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» Bei seinem Tempo wird er nicht ein einziges weißes Schnurrhaar bekommen haben, ehe es ihn irgendwo tödlich erwischt. Wenn er schlau genug ist, Daturas giftige Horde zu überleben, steckt ein richtiges Raubtier in ihm. Bei Einbruch der Dämmerung, Southpaw, vergiss es nicht.«
    Der Lärm, den die Autos der Großfüße verursachten, hatte nachgelassen, und in den Häusern funkelten Lichter, sodass sie für Southpaw noch mehr wie Rattenbauten aussahen. Er hatte den Nachmittag am Haus des Senders verbracht und sich hineingeschlichen, als ihre Großfüße nicht aufpassten. Aber er hatte die Mauer erreicht, ehe der Himmel dunkel wurde und obwohl er sich zwischen den Beinen von Großfüßen hatte hindurchschlängeln müssen, die auf dem Weg zu einer großen Feier waren. Southpaw machte noch einen kleinen Umweg um den fröhlichen Pavillon herum, und seine Nase zuckte vor Gier, als er das gebratene Fleisch roch, doch er widerstand der Versuchung, einen einsamen Kätzchenraubzug durchzuführen.
    Das himmlische Abendlicht ging langsam in tiefes Blau über. Der kleine Kater wartete reglos auf der Mauer des Kuhstalls. Es wurde Nacht und in der Luft breitete sich leichte Kälte aus. Southpaw lauschte dem Gezwitscher der Vögel, ihrem schrillen Streit am Abend, blieb jedoch, wo er war, und unterließ es auch, Eichhörnchen oder Käfer über die Mauer zu jagen.
    Der Mond war im tiefblauen Himmel bereits weit nach oben gewandert, und die Vögel waren längst zur Ruhe gekommen, als Miao eintraf. Die Siamkatze war einfach plötzlich da und dem kleinen Kater stellten sich die Nackenhaare auf. Als er den Kopf drehte, sah er sie auf der Mauer thronen, und es war, als wäre sie nie woanders gewesen. Er ließ keine Bemerkung darüber fallen, wie lange er gewartet hatte, und die Siamkatze ebenfalls nicht. Aber als sie ihm mit den Schnurrhaaren zu verstehen gab, er sollte ihr folgen, hatte der kleine Kater das Gefühl, eine Prüfung bestanden zu haben.
    Die Nacht war feucht und die Luft roch nach Nachtjasmin. Der Halbmond am Himmel wurde immer wieder von Wolken verhüllt. Während sie die Mauer ins Unterholz hinabstiegen, zitterte Southpaws Fell vor Aufregung. » Miao, wohin …?«
    Die ältere Katze drehte sich um und knuffte ihn, wobei sie die Krallen gerade weit genug ausfuhr, um eine dünne rote Linie an seinem Hals zu hinterlassen. » Erste Regel«, sagte sie. » Nicht miauen. Keine Schnurrhaarverbindung, ehe ich es sage, denn deine Beute ist klein genug, um es mitzubekommen. Und klug genug, um sofort zu fliehen.« Sie knuffte ihn erneut, nur diesmal schlug sie ihren Kopf gegen seinen und drückte ihn nach unten, damit er sah, wie eine verängstigte graue Bisamratte in die Sicherheit eines Wandelröschenbusches davonhuschte.
    Southpaw tat die Flanke weh, aber vor allem war der kleine Kater schockiert. Miao hatte ihn jeden Tag geputzt, solange er sich erinnern konnte, und ihm mit der Zunge zart das Fell von Schmutz befreit. Sie hatte ihm die erste Maus gebracht, die einfach himmlisch geschmeckt hatte, und sie selbst hatte ihn gefüttert. Sie hatte ihn mit ihrem Schwanz spielen lassen und ihn nur sachte zur Seite geschoben, wenn er zu fest zubiss. Miao hatte ihn nicht auf den Boden gerollt, wie Hulo, wenn er den Kater verärgert hatte, und auch nicht in den Bauch gehauen, wie Katar es häufig tat, oder ihm gar in den Hals gebissen. Doch jetzt hatte sie ihn härter angepackt als alle anderen Katzen zuvor.
    Eine Weile schwieg er kläglich und folgte ihr. Sein Kopf schwirrte noch von den Hieben. Die Erde unter seinen Pfoten war kühl, und als sie den Steinpfad überquerten, folgte er Miaos Beispiel und fuhr die Krallen ein.
    Nach und nach wurde sein Kopf klarer und er beobachtete Miao genauer. Sie schien geradezu über den Boden zu schweben, und er bemerkte, dass sie ihre Pfoten so sanft wie möglich aufsetzte und dabei oft mitten im Schritt innehielt und es vermied, auf Laub, Zweige, rutschigen Schlamm, Papiertüten oder Ähnliches zu treten, das ein Geräusch hätte verursachen können. Zweimal erstarrte sie mitten in der Bewegung, einmal, damit ein streunender Hund vorbeitraben konnte, der sie glücklicherweise nicht bemerkte, und einmal aus keinem für Southpaw ersichtlichen Grund. Sie lauschte mit schiefgelegtem Kopf, streckte die Schnurrhaare aus und war offensichtlich zufrieden mit dem, was sie wahrnahm, denn sie zogen weiter an der Hecke entlang über den kurvenreichen Pfad zu dem leeren Grundstück zwischen den Häusern der

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