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Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)

Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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missgebildete Junge in ihn hineingeboren wurden. Die Regeln waren genau festgelegt. Das missgebildete oder kranke Junge musste von der Obea an einem abgelegenen Ort ausgesetzt werden, wo es entweder verhungerte oder von anderen Tieren gefressen wurde. Wenn das Junge trotzdem überlebte, durfte es zum Rudel zurückkehren und als Knochennager, als rangniedrigstes Tier, sein Leben fristen. Die Mutter eines Malcadh durfte dagegen nicht zurückkommen. Sie wurde mit ihrem Gefährten vom Clan ausgestoßen, weil die Blutlinie durch sie verseucht war. Wenn die beiden überlebten, mussten sie sich trennen und in unterschiedlichen Clans ein neues Leben beginnen, denn ihr Schicksal war fortan mit einem Makel behaftet. Es konnte nur zum Guten gewendet werden, wenn sie sich mit einer neuen Blutlinie vermischten.
    Shibaan hatte gelernt, misstrauisch zu werden, wenn ein trächtiges Weibchen kurz vor der Geburt „auf Abwege“ ging, was „heimlich fort“ bedeutete. Als erfahrene Obea fiel sie natürlich nicht auf die Tricks der Wölfin Morag herein, obwohl Morag ihre Spuren gründlicher verwischt hatte als die meisten anderen, das musste sie ihr lassen. Morag hatte nur in Bäche oder eisfreie Teile des Flusses uriniert und keine Duftspuren hinterlassen, um ihr Territorium zu markieren. Ein gewöhnlicher Wolf hätte die Hinweise auf den Fluchtweg der verzweifelten Mutter nicht bemerkt. Aber Shibaan war kein gewöhnlicher Wolf und auch keine gewöhnliche Obea. Selbst winzigste Spuren entgingen ihr nicht. Ein Büschel Silberhaar, das sich an einer Distel verfangen hatte. Kratzspuren an einem Felsen, der Morag als Fußhalt beim Überqueren eines Baches gedient hatte. Ein leichter Duftschwall – nicht von Morag, sondern von einem anderen Wolf, der vor Shibaans geistigem Auge wie ein Wegweiser aufflackerte. Die Botschaft war klar: Mein Territorium, Oberleutnant des Clans der MacDermott . Eine Warnung an einen Außenseiter, der dem MacDermott-Land zu nahe gekommen war. Sieh an , dachte Shibaan, Morag hat die MacDermott-Grenze überschritten. Wie tollkühn von ihr!
    Dann fing sie Fuchsgeruch auf, allerdings keinen reinen Fuchsgeruch. Erschöpft schüttelte die Obea den Kopf. Ich finde sie immer, egal welche Tricks sie anwenden. Und Shibaan hatte Recht. Der Fuchskot vor dem Bau enthielt einen Fellfaden, der wie ein silbriger Wimpel im Wind zitterte. Er verriet ihr, dass sich im Inneren der Höhle eine Wölfin verbarg, die ganz klebrig vom Fuchskot sein musste, aber dennoch nach neugeborenen Jungen und warmer Milch duftete.
    Ertappt. Ohne Wenn und Aber . Die Mütter von Malcadhs wehrten sich nie. Sie wussten, dass jeder Widerstand zwecklos war – und den sofortigen Tod aller Jungen zur Folge hatte.
    Während Shibaan das Junge mit der gespreizten Pfote im Maul forttrug, starrte ihr Morag so lange nach, bis die Obea nur noch als dunkler Fleck am Horizont zu erkennen war. Wie gut Shibaan für diese Aufgabe geeignet war. Als ob die Jahre der Pflichterfüllung und des bedingungslosen Gehorsams jegliche Regung, jegliche Vorstellungskraft in ihr ausgelöscht hätten. Die grünen Augen der Obea waren vollkommen leer gewesen, ohne Licht oder Tiefe, ohne einen Funken von Gefühl. Wie trockene Kieselsteine, die in der Sonne ausgebleicht waren und nahezu alle Farbe verloren hatten.
    Das silbergraue Junge hatte sich einfach am Nackenfell aufnehmen lassen und instinktiv in Tragehaltung eingerollt. Spürte es denn nicht, dass der Geruch der Obea anders war als der seiner Mutter? Machte es dem Kleinen gar nichts aus, ihren milchlosen, trockenen, sterilen Hauch einzuatmen? Das Junge hatte unablässig gesaugt – aber was war schon „unablässig“, wenn man erst einen Tag auf der Welt war? Nichts als ein winziges Zeitstäubchen. Die Augen und Ohren des Jungen waren noch geschlossen. Es würde Tage dauern, bis sie sich öffneten. Das kleine Wesen konnte seine Mutter und Milchgeberin also einzig an ihrem Geruch erkennen – vielleicht noch an der Art, wie sich ihr Fell anfühlte, oder am rhythmischen Schlagen ihres Herzens. Ob es sich daran erinnern würde? Und selbst wenn, was half das jetzt noch?
    Ein Zwischen-Jahres-Sturm braute sich zusammen. Das waren die schlimmsten Stürme, die zu Beginn des Frühjahrs oder im Spätsommer kamen. Sie tobten mit unglaublicher Wut, brachten Wirbelwinde und Eishagel mit sich. Morag hatte ihn gespürt, hatte gesehen, wie der bleierne Himmel tiefer und tiefer herabsank und sich wie eine tödliche Falle für die

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