Der Club der Gerechten
so unerwartet, dass Keith und Heather wie festgenagelt an der Tür stehen blieben. Ihre Augen hefteten sich auf das Gerät, beiden schoss der gleiche Gedanke durch den Kopf.
Jeff!
Er war aus den Tunnels herausgekommen und rief um Hilfe und ...
Beide zögerten, bevor sie mehr als nur einen einzigen Schritt auf das Gerät zu machten. Warum sollte Jeff hier anrufen? Er konnte nicht wissen, dass sie ihn suchten, geschweige denn, dass sein Vater in seinem Apartment wohnte. Das rote Licht blinkte und piepste weiter.
»Niemand weiß, dass ich hier bin«, sagte Keith.
Wollten sie noch vor einer Minute beide die Nachricht abhören, zögerten sie jetzt. Warum sollte jemand hier anrufen?
»Wahrscheinlich mein Vorarbeiter«, sagte Keith, doch der matte Ton in seiner Stimme sagte Heather, dass er es selbst nicht glaubte. Schließlich streckte Heather die Hand aus und drückte auf den Knopf.
»Sie haben eine neue Nachricht«, erklärte die unpersönliche Stimme des Geräts.
»Keith? Bist du da? Wenn du da bist, heb sofort ab!« Es war Marys Stimme, und sie klang so nervös, dass Keith wusste, sie war einem hysterischen Anfall nahe. Eine kaum merkliche Pause, dann fuhr sie fort: »Ich weiß, dass du dort bist – Vic DiMarco sagt, dass er dich seit vorgestern nicht mehr gesehen hat. Du musst in Jeffs Wohnung sein. Ich verstehe nicht, wie du das aushältst, mit all seinen Sachen um dich herum ...« Sie unterbrach sich abrupt, und Keith konnte beinahe hören, wie sie mit sich kämpfte, um die Beherrschung nicht zu verlieren. Dann fing sie noch einmal an: »Morgen findet eine Totenmesse für Jeff statt. Ich wollte sie hier in St. Barnabas abhalten lassen, aber dann – habe ich mir überlegt, wie sehr Jeff die Stadt geliebt und wie viele Freunde er dort hat und wie sehr er St. Patrick's mochte. Also wird die Messe dort abgehalten. Morgen um dreizehn Uhr. Ich habe versucht, Heather zu erreichen, aber sie ist nicht zu Hause. Ich werde es immer wieder versuchen ...« Ihre Stimme wurde schwächer, und Keith hatte den Eindruck, dass sie nachdachte, was sie noch sagen könnte, wenn auch aus keinem anderen Grund, als um nicht auflegen zu müssen Dann sprach sie wieder, und ihre Stimme klang tonlos und niedergeschlagen. »Wenn du die Nachricht bekommst, Keith, dann ruf mich bitte zurück.«
Es folgte ein Klicken und die unpersönliche Computerstimme meldete sich wieder: »Ein Uhr und zweiundfünfzig Minuten.«
Als der Apparat verstummte, sagten weder Keith noch Heather etwas. Keith streckte die Hand aus, drückte auf einen Knopf des Anrufbeantworters, und Jeffs Stimme kam aus dem blechern klingenden Lautsprecher: »Hallo, du weißt, was du zu tun hast. Also geh los und tu's. Ich ruf dich zurück, sobald ich kann.«
Beide hörten sich die Nachricht an, dann schüttelte Keith den Kopf. »Ich kann es nicht löschen. Wir haben es während des ganzen Prozesses nicht getan, weil wir überzeugt waren, dass er nach Hause kommen würde. Und ich bin noch immer sicher.«
Heather kaute an der Unterlippe. »Was machen wir morgen mit dem Gedenkgottesdienst?«
»Was sollen wir damit machen?« fragte Keith zurück, und seine Stimme bekam einen eigensinnigen Unterton, der Heather deutlicher als Worte sagte, was er dachte.
»Wir müssen hingehen«, murmelte Heather.
»Aber er ist nicht tot!« Keiths Stimme wurde lauter. »Sollen wir dort sitzen und so tun als sei er tot, wenn wir nicht daran glauben?«
»Ich denke, wir sollten auf jeden Fall hingehen«, antwortete Heather. »Wie würde es aussehen, wenn keiner von uns beiden erscheint? Alle anderen denken, Jeff ist tot, und wenn wir nicht an der Messe teilnehmen ...«
»Mir ist verdammt egal, was alle anderen denken«, fiel Keith ihr ins Wort. »In diese Messe zu gehen heißt zuzugeben, dass er tot ist. Und ich will verdammt sein, wenn ich ...«
Plötzlich explodierte Heathers Anspannung, schlug in reine Wut um. »Warum sind alle anderen nicht wichtig – nur Sie allein?«, fuhr sie ihn an. »Ist es Ihnen so gleichgültig, was andere Menschen außer Ihnen fühlen? Und es heißt nicht zuzugeben, dass er tot ist, wenn eine Messe stattfindet.«
»Verdammt, das heißt es doch!«, fauchte Keith zurück. »Es ist nicht nur eine Messe – es ist eine Totenmesse. Man betet für die Toten.«
Heather ließ ihn kaum ausreden. »Dann sprechen Sie die Totengebete nicht mit. Beten Sie darum, dass wir ihn finden – beten Sie für alles, was Sie wollen, egal was.« Sie sah ihn durchdringend an. »Und
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