Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
A-Klasse genannt hätte, die es nur hin und wieder gab, da die Großhändler alle in Downtown waren und nur wenige ihrer Waren so weit nach Norden gelangten. Nein, das Zeug sah eher so aus, als komme es aus einem der Restaurants – keiner schmierigen Kneipe, aber auch nicht aus dem Waldorf Astoria. Vielleicht aus einem der Lokale auf der Amsterdam Avenue. Ein paar Kartoffeln waren dabei – noch fast hart – und ein Bund Karotten, die schon lappig wurden. Auch ein bisschen Fleisch – und etwas recht Gutes – ein halb gegessenes Filet, in Silberfolie verpackt, das, wie Tillie vermutete, aus einer Abfalltonne gerettet worden war; dazu mehrere Stücke rohes Rind-und Lammfleisch, die schon leicht rochen. Aber etwas, das anfing zu riechen, war noch lange nicht ungenießbar, also schnitt Tillie das Fleisch in bissengroße Brocken und warf sie in die Suppe. Sobald auch die Gemüse drin waren, würde die dünne Suppe schnell zu einem gut riechenden Eintopf, und niemand würde ahnen, dass – bevor jemand die »milden Gaben« gebracht hatte – ein Gleiskaninchen das einzige Stück Fleisch in der Brühe gewesen war. Nachdem sie tüchtig umgerührt hatte, setzte Tillie den Deckel auf den Topf und drehte sich dann zu Jinx um, die am Tisch saß und müßig in einer Filmzeitschrift voller Eselsohren blätterte.
    »Willst wohl'n Filmstar werden?«
    Jinx verdrehte die Augen. »Wie recht du hast. Am Tag, nachdem ich mein Examen an der Columbia bestanden habe.«
    »Das könntest du schaffen«, sagte Tillie und ließ sich ihr gegenüber in einen Sessel fallen.
    »Klar. Ich brauch ja einfach nur hinzugehn.«
    »Na ja, vielleicht musst du diese Prüfung machen – bei der du'n High-School-Diplom kriegst.«
    »Dann noch einen Haufen andere Prüfungen bestehn und mir überlegen, wie alles bezahlen. Weißt du, wie viel das kostet?«
    Tillie zuckte mit den Schultern. »Hab nie viel drüber nachgedacht.«
    »Ungefähr dreißigtausend Dollar. Und das ist nur für'n Jahr. Wo soll ich'n so viel Geld herkriegen?«
    »Arbeiten?«
    Jinx zuckte mit den Schultern. »Wo krieg ich'n Job, der so gut bezahlt wird?«
    Tillie spitzte die Lippen. »Also, was is dann mit dir los?«
    Jinx schüttelte den Kopf, stand aber nicht auf, ging nicht weg. Das sagte Tillie, dass sie nur einen kleinen Schubs brauchte. »Also, was ist es? Ein Typ?« Jinx fing an den Kopf zu schütteln, wurde aber rot, und das verriet sie.
    »Aha!« Tillie grinste und entblößte dabei ihre Zahnlücken. »Na, wer ist es?« Doch schon während sie fragte, fiel ihr ein, wie Jinx am Morgen Jeff Converse angesehen hatte, und ihr Lächeln erlosch. »Doch nich der Typ, den sie jagen?«
    Jinx warf den Kopf zurück. »Und warum nicht?«
    »Du weißt sehr gut, warum nich – sie jagen nur die Bösen.«
    »Nun, er hat nicht bös ausgesehen«, sagte Jinx. »Der Große hat mir Angst gemacht, aber der andere – Jeff – hat nett ausgeschaut.«
    »Der Hunne Attila hat wahrscheinlich auch nett ausgeschaut.«
    »Wer?«
    »Jesus!« Tillie seufzte. »Du bist wirklich nich lang in die Schule gegangen, wie?«
    Mit Zorn in den Augen stand Jinx auf. »Und ich kann hier auch weggehn. Muss nich hier rumhängen, weißt du. Wenn du mich nur nerven willst...«
    »Das reicht jetzt aber!«, unterbrach Tillie sie. »Du bist viel zu klug, um so zu reden, und ich sag dir nur, was du sowieso schon weißt. Wenn er nich was wirklich Schlimmes gemacht hätt, wäre er nich hier unten. Er ist nich wie wir, und das weißt du.«
    »Ich weiß gar nix«, antwortete Jinx. »Ich bin nur eine blöde Ausreißerin, richtig?« Bevor Tillie antworten konnte, packte Jinx ihre Jacke – die Tillie vor ein paar Wochen bei der Heilsarmee für sie besorgt hatte – und stürmte hinaus.
     
    Jinx kannte sich in den Tunnels genauso gut aus wie in den Straßen an der Oberfläche. Nach zwanzig Minuten tauchte sie im Riverside Park auf und ging zur Seventy-second Street weiter. Liz Hodges saß auf einem winzigen Campingstuhl vor ihrem Zelt, doch im Moment hatte Jinx keine Lust, mit ihr oder mit sonst jemand zu sprechen. Sie verließ den Park, wandte sich auf der Seventy-second nach Osten und stieg am Broadway zur U-Bahn hinunter. Ohne den Bahnpolizisten zu beachten, der an der Wand lehnte, sprang sie über das Drehkreuz und hüpfte die Treppe hinunter, obwohl der Polizist hinter ihr her schrie. Sie erreichte den Bahnsteig genau in dem Moment, in dem sich die Türen eines nach Uptown fahrenden Zuges zu schließen begannen, quetschte sich

Weitere Kostenlose Bücher