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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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eines der Feuer, die überall in den Tunnels zu brennen schienen, auch nicht der Schein der Arbeitslampen, die einige Gänge in der Nähe der Oberfläche erleuchteten.
    Nein, es war das helle Licht der Außenwelt.
    Er ging schneller und sein Pulsschlag beschleunigte sich, als der Lichtschein heller wurde. Sie stellten fest, dass die Helligkeit aus einem Schacht kam, der von dem Gerätetunnel, dem sie folgten, seit sie den Leichnam verlassen hatten, nach oben führte. Jeff hatte geglaubt, sie seien noch wenigstens zwei Ebenen unterhalb der Straße, doch als er jetzt durch den Schacht hinauf spähte, sah er ein großes viereckiges Gitter, durch das er eine himmelwärts strebende Mauer ausmachen konnte. Dann waren wir also gar nicht so tief unten, dachte er. Seit sie den Toten verlassen hatten, war er immer desorientierter geworden.
    »Wie kommen wir dort rauf?«, fragte Jagger.
    Jeff sucht die Wände des Schachts nach in die Wände eingelassenen Metallsprossen ab, wie er sie in anderen Schächten gesehen hatte, an denen sie vorbeigekommen waren – oder nach Unebenheiten im Beton, wo man mit Händen und Füßen Halt finden konnte. Es gab nichts dergleichen. Dieser Schacht schien eine einzige glatte Fläche, die bis unter das Gitter reichte, das etwa fünf Meter über ihnen lockte – fünf Meter, die genauso gut hätten hundert sein können.
    »Wir müssen 'ne Leiter finden«, sagte Jagger.
    Jeff antwortete nicht, er studierte das Display des Mobiltelefons, das er gefunden hatte. Den Atem anhaltend, drückte er auf den Einschaltknopf.
    Der Akku zeigte noch immer einen Balken an, der Empfangsindikator zwei, sprang aber im selben Moment auf einen um.
    Dann wieder zurück auf zwei.
    Mit zitternden Fingern wählte Jeff Heather Randalls Nummer und drückte auf den Sendeknopf.
    Es klingelte bei ihr.
    Einmal.
    Zweimal.
    Dreimal.
    »Bitte sei da!«, flüsterte er, als das Telefon ein viertes Mal klingelte. »Bitte sei ...« Die Worte erstarben ihm auf den Lippen, als das Telefon klickte und er Heathers Stimme hörte: »Hallo, tut mir Leid, dass ich Ihren Anruf nicht entgegennehmen kann, aber wenn Sie ...«
    Der Anrufbeantworter. Der verdammte Anrufbeantworter. Er wartete auf das Ende des Textes und hörte endlich das Signal, das den Anrufer aufforderte, zu sprechen.
    »Heather! Ich bin es! Jeff! Hör mir jetzt genau zu. Ich benutze ein Mobiltelefon, und die Akkus sind bald leer. Ich bin in den Tunnels – in den Tunnels unter den Straßen – und Leute jagen mich. Ich kann nicht raus und ...« Er unterbrach sich, denn ihm wurde klar, wie verrückt das klingen musste. Dann begann der Apparat zu piepsen, weil die Akkus kurz davor waren, ihren Geist aufzugeben, und er sagte nur noch drei Worte, die ihm in den Sinn kamen: »Ich liebe dich.«
    Er schaltete ab und warf wieder einen Blick auf den flackernden Akku-Anzeiger.
    Vielleicht konnte er noch einen Anruf wagen.

26. Kapitel
    Mary Converse musterte die alte Frau, die ihr aus dem Spiegel entgegenblickte. Mary war erst dreiundvierzig, doch die Frau, die sie ansah, konnte keinen Tag jünger als fünfundfünfzig sein. Ihr Haar wurde grau – Haar, das über Nacht dünner geworden schien. Ihre Augen waren durch den Mangel an Schlaf verquollen, und an den Augenwinkeln breitete sich spinnwebenartig ein Netz von Fältchen aus. Ihre Haut sah fahl und kränklich aus, wie die Haut einer starken Raucherin, obwohl sie ihre letzte Zigarette an dem Tag geraucht hatte, an dem sie feststellte, dass sie schwanger war.
    Das Bild im Spiegel verschwamm, als ihr die Tränen in die Augen traten.
    Wie sollte sie es schaffen? Wie diesen Tag überstehen? Wie es schaffen, in der St. Patrick's Cathedral zu sitzen und ihrem einzigen Kind Lebewohl zu sagen?
    Sei stark, sagte sie sich. Der Herr wird dir nie eine Last aufbürden, die für dich zu schwer ist. Aber sie hatte schon fast die ganze Nacht auf den Knien gelegen, für Jeffs unsterbliche Seele gebetet und jeden Heiligen, den sie kannte, angefleht, sich bei Gott für ihren Sohn einzusetzen. Ihre Finger waren steif vom Rosenkranzbeten und ihre Knie so wund, dass sie fürchtete, sie nicht einmal beugen zu können, wenn sie die Kathedrale betrat.
    Aber sie betete weiter, flehte um ein Zeichen dafür, dass Jeff seine Sünden vergeben worden waren und dass er im Zustand der Gnade gestorben war.
    Sie hatte keines empfangen.
    Tief Atem holend, drehte Mary den Wasserhahn auf, tauchte einen Waschlappen in kaltes Wasser und wischte sich die Tränen ab.
    Das

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