Der Club der Gerechten
...
Doch während der Wunsch in ihm immer heftiger wurde, einen Platz zu entdecken, wo er das Telefon benutzen konnte, sagte ihm seine Vernunft, er dürfe nichts Unsinniges tun.
Sie waren müde und hungrig und hatten keine Ahnung, wie spät es war.
Wenn er versuchte zu telefonieren und keine Verbindung bekam, verbrauchte er vielleicht die letzte Energie, die noch im Akku steckte.
Es war besser zu warten.
Sobald er ausgeruht war, etwas gegessen hatte und klar denken konnte, wollte er überlegen, wie er das Telefon am besten nutzen konnte. Der Mann wimmerte, als Jeff es in die Tasche steckte, doch er beachtete ihn nicht. Offensichtlich hatte der Mann es gestohlen, und ebenso offensichtlich hatte er es nicht benutzt. Wahrscheinlich war er sogar so verrückt, dass er nicht einmal wusste, was es war.
Er sah dem Mann in die Augen.
»Wir bleiben heute Nacht hier«, sagte er ruhig. »Wir werden mit dir essen und eine Weile schlafen, dann gehen wir wieder. Wir werden dir nichts tun.«
Jeffs Stimme schien den Mann zu beruhigen, er nickte und wischte sich die Nase mit dem Ärmel ab. »Lass ihn los, Jagger«, sagte Jeff. »Er tut niemand was.«
Stunden später.
Sie hatten gegessen, was immer in dem Kessel gewesen war – es hatte nicht besonders gut geschmeckt, war aber laut Jagger noch immer besser als das Essen in Rikers.
Jagger hatte eine Stunde geschlafen, während Jeff Wache gehalten hatte, dann hatte Jagger seinen Platz eingenommen. Der Typ, der in dem Raum hauste, schlief ebenfalls. Er hatte ihnen nicht gesagt, wie er hieß – hatte sich benommen, als sei es ein Geheimnis –, aber das war Jagger egal. Er mochte den Kerl nicht.
Es lag an der Art, wie er Jeff ansah.
Jagger merkte, dass Jeff dem Typ gefiel.
Bestimmt wollte er, dass Jeff bei ihm blieb.
Wollte, dass Jeff sein Freund wurde wie er – Jagger – Jeffs Freund war.
Aber so weit würde es nicht kommen. Sobald Jeff aufwachte, würden sie gehen, und dann gab es wieder nur noch sie beide.
Jagger wusste nicht, ob es ihnen gelingen würde, das Telefon zu benutzen. Aber wenn Jeff es versuchen wollte, war es okay – Jeff war clever, und wenn er glaubte, dass es funktionieren könnte, würde es wahrscheinlich funktionieren. Schließlich hatte er sie beim Riverside Park fast herausgeholt. Wären die Kerle nicht gewesen, wären sie schon frei.
Frei und auf der Suche nach einer Bleibe, in der sie wohnen konnten.
Sobald sie eine Bleibe gefunden hätten, würde er sich eine Möglichkeit überlegen, um so viel Geld zu verdienen, dass er für sie beide sorgen konnte. Genauso wie er für Jimmy gesorgt hatte, bevor sie ihn verhafteten.
Er streckte sich, und sein Fuß berührte den Körper des Verrückten, der hier lebte. Der Mann rollte sich herum – und warf einen Arm quer über Jeff.
Während Jagger zusah, schob sich der andere näher an Jeff heran, schmiegte sich an ihn wie ...
Jagger schob den Gedanken beiseite, konnte die Augen aber nicht von dem Mann lassen, und gleich darauf, als er zu sehen glaubte, dass der Mann sich dicht an Jeff drängte, blitzte Zorn in ihm auf.
Der Kerl wollte ihm Jeff wegnehmen!
Aber das würde er verhindern.
Er griff nach dem großen Schienennagel, der in seiner Jackentasche steckte.
Als der Mann sich noch näher an Jeff heranzuschlängeln schien, umklammerte Jagger den Schienennagel fester.
Was dann passierte, wusste Jagger nicht genau. Er wusste nur, dass Jeff plötzlich wach war und dass der andere stöhnte und blutete.
Aus einem Loch im Rücken blutete.
Jeff starrte ihn an, als hätte er etwas Schreckliches getan.
»Er wollte dir was tun«, sagte Jagger. »Ich konnte doch nicht zulassen, dass er dir weh tat, oder?«
»Jesus«, flüsterte Jeff, »er hat nicht... er ...«
Ein Krampf befiel den Mann, und Blut sickerte aus seinem Mund. Dann ließ der Krampf nach, und im nächsten Moment war er still.
Ganz still.
Jeff streckte die Hand aus und legte den Finger auf seine Halsschlagader.
Nichts.
Er blickte zu Jagger auf. »Er ist tot.«
Jagger riss die Augen auf. Er hatte den Kerl nicht töten wollen – dessen war er fast sicher. »Er wollte dir was tun ...«, begann er, aber Jeff stand schon auf.
»Wir müssen hier raus«, sagte er ruhig. Rasch sammelten sie ihre Sachen ein und verließen den Raum, doch an der Tür drehte Jeff sich um und blickte zurück. Die offenen Augen des Mannes schienen ihn anzustarren, glänzten im Licht des Feuers, das sich in ihnen spiegelte.
25. Kapitel
»Beeil dich, sonst
Weitere Kostenlose Bücher