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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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drei Schachteln, schloss die Schublade und setzte sich an einen Apparat.
    Dann nahm sie die erste Spule aus einer Schachtel, schob sie auf die Spindel, zog das Startband unten durch, und als es auf der anderen Seite richtig herauskam, begann sie an den Knöpfen zu fummeln. Ein Knopf war auf der rechten Seite, und als Jinx ihn drehte, wurde der Film zurückgespult und das Startband flatterte wild in der Luft herum. Jinx fluchte unterdrückt, fädelte das Startband wieder ein und drehte den Knopf vorsichtig in die andere Richtung. Der Film lief vorwärts, stoppte, und Jinx stellte die Sehschärfe ein, bis sie den Druck deutlich lesen konnte. Doch die Schrift stand fast schräg auf dem Bildschirm, sodass Jinx schmerzhaft den Hals verdrehen musste. Als ihr das eben anfing richtig wehzutun, griff eine Hand über ihre linke Schulter und drehte an einem Rädchen, das sie nicht gesehen hatte. Sofort wurde der Text um fast neunzig Grad zurechtgerückt.
    »Danke«, sagte Jinx und drehte sich um. Hinter ihr stand lächelnd der alte Mann in dem abgetragenen Anzug. »Ich hab mir schon gedacht, dass es 'n leichteren Weg geben müsste, aber ...« Sie verstummte, als sie einen Blick auf den Mann hinter dem Schalter warf, der nur mit Mühe seinen Ärger darüber unterdrückte, dass jemand wie sie es wagte, seinen kostbaren Mikrofiche-Raum zu betreten.
    »Mach dir seinetwegen keine Sorgen«, sagte der alte Mann. »Er mag keinen.« Er richtete die Augen wieder auf den Bildschirm vor Jinx. »Was suchst du? Vielleicht kann ich dir helfen, es zu finden.«
    Eine halbe Stunde später, nachdem der alte Mann zu seinem eigenen Schirm zurückgeschlurft war, las Jinx ein letztes Mal den Artikel über Cynthia Allen und die Verhaftung von Jeff Converse. Sie erkannte das Bild des Opfers auf den ersten Blick – es war die Frau, die sie an dem Abend, an dem Bobby Gomez sie fast umgebracht hätte, in der U-Bahnstation und gestern bei der Columbia gesehen hatte.
    Und es gab keinen Zweifel, dass der Jeff Converse, den man verhaftet hatte, der Mann war, den sie im Käfig getroffen hatte.
    Was bedeutete, dass jedes Wort, das sie eben gelesen – und dann noch dreimal – gelesen hatte –, absolut falsch war.
    Jeff Converse hatte Cynthia Allen nicht überfallen.
    Und er war nicht tot.
    Wenigstens noch nicht.
    Während der letzte Artikel weiter über den Bildschirm flimmerte, stand Jinx auf und verließ schnell die Bibliothek.

28. Kapitel
     
    Es war nicht Jeff, sagte Mary Converse sich wieder, als sie an diesem absolut unpassend strahlend schönen Morgen die Grand Central Station verließ.
    Es kann nicht Jeff gewesen sein.
    Jeff ist tot.
    Die Worte waren zum Mantra geworden, ihre Lippen formten sie so unbewusst wie die Formeln der Gebete, die sie täglich sprach, seit sie sich erinnern konnte. Doch war dies nicht das Mantra eines Gebets, denn im Gebet hatte sie stets Hoffnung und Trost gefunden.
    Obwohl die Worte, die sie vor wenigen Stunden am Telefon gehört hatte, ihr Herz hätten schwellen lassen und ihren Geist beflügeln sollen, war die Realität, die sie vor zwei Tagen erlebt hatte, noch zu frisch in ihrem Gedächtnis. Jedes Mal, wenn sie sich an die Worte erinnerte – an die abgebrochenen Sätze, von einer Stimme gesprochen, die an ihrem Herzen riss –, wurde der Schmerz nur noch größer.
    »... Mom – bist du ... Ich bin es, Mo...«
    »Mom, es – ich ... ich ... tot...«
    Aber sie hatte seinen Leichnam gesehen, ihren Sohn in einem Fach der Leichenhalle liegen sehen.
    Sie hatte auch gehört, wie ihr Mann behauptete, dass es nicht Jeffs Leiche war. Sie hatte Keith nicht geglaubt, natürlich nicht – war nicht einmal bereit gewesen, die Möglichkeit zu akzeptieren, dass ein Irrtum passiert sein könnte. Er war in einem bewachten Kleinbus auf dem Weg nach Rikers Island gewesen – wie hätte es da eine Verwechslung geben können?
    Aber als sie über die Forty-sixth Street zur Fifth Avenue ging und ihr die gebrochene Stimme ständig im Kopf widerhallte, blieb sie plötzlich stehen.
    Wie wenn Keith Recht hatte und alles ein Irrtum war?
    Wie wenn Jeffs Verhaftung ein Irrtum gewesen war?
    Wie wenn sein Prozess ein Irrtum gewesen war?
    Wie wenn seine Verurteilung ein Irrtum gewesen war?
    Aber das war nicht möglich – Gott hätte eine solche Ungerechtigkeit nie und nimmer zugelassen.
    »... ich bin es, Mom ...«
    Sie bog in die Fifth Avenue ein, und die Kakophonie in ihrem Kopf – ein Wirrwarr immer wiederkehrender Worte und widerstreitender

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