Der Club der Lust
…»
Sie sang
Someone to watch over me
, einen berühmten Standard. Eine liebliche, fast schmalzige Ballade. Der Vortrag hatte nichts besonders Vulgäres oder Anrüchiges, und auch die Stimme klang in keiner Weise affektiert.
Stellas Stimme war genauso schön und unerwartet wie ihre Erscheinung. Zwar eindeutig die Tonlage eines Mannes, aber ausgebildet wie eine Frauenstimme. Es war die Stimme eines neuen, vereinten Wesens, das sowohl Mann als auch Frau war. Vielleicht war sie in gewisser Weise sogar reizvoller als beide Geschlechter.
Oh, jetzt mach mal halblang, Croft, sagte Natalie zu sich und lachte – obwohl sie Stellas gekonnten Vortrag sehr genoss – über ihre eigene Schrulligkeit. Der altbekannte Text und die Interpretation des Stückes hatten etwas Abgeklärtes, aber doch Anrührendes. Während Natalie in das makellos geschminkte Gesicht blickte und dem überzeugend leichten und doch volltönenden Bariton lauschte, wurde ihr auf einmal heiß. Urplötzlich wollte sie Stella Fontayne ganz nah sein, wollte wissen, was einen solchen Menschen umtrieb.
Himmel Herrgott, ich fass es nicht! Ich bin scharf auf einen Kerl im Kleid!
Patti wollte Stellas Nummer auf keinen Fall verpassen, aber sie hatte sich um Dringenderes zu kümmern und andere Bedürfnisse zu stillen. So sehr sie die alten Lieder mochte, die Stella so herrlich sang, hatte sie die Stücke doch schon viele Male gehört und würde sie zweifellos auch in Zukunft noch oft hören.
Was sie nämlich erst recht nicht verpassen wollte, waren NataliesReaktionen auf den Club und die Besucher. Es wäre sehr interessant gewesen, ihre großstädtische, zynische Schwester zu beobachten, wie sie auf so clevere Art und Weise in das klebrige, unwiderstehliche Netz der Stella Fontayne gezogen wurde.
Patti gab einen kleinen Seufzer des Bedauerns von sich, kümmerte sich dann aber doch um die Dinge, die größere Priorität hatten.
Sie war nicht die Einzige im Club, die sich im Dunkeln fortgeschlichen hatte. Auch andere Besucher hatten die Vorführung verlassen, um sich den etwas geheimnisumwobeneren Vergnügungen hinzugeben, die nur speziellen Mitgliedern von Stellas Klientel zustanden. Und zwar denen, die Teil des inneren Zirkels waren. Die privilegierte Elite.
Patti war nicht das «Opfer» der heutigen Vergnügung. Zumindest vorerst nicht … Doch das konnte sich noch ändern. Und tat es meistens auch. Vorerst aber saß sie auf dem Schoß eines der zahlreichen maskierten Männer und ließ sich von ihm die Möse befummeln, während sie sich das erste von vielen Tableaus des heutigen Abends anschauten – von Gästen nachgestellte erotische Schaubilder. Seine Finger waren sehr geschickt und Patti bereits feucht. Als ein zweiter Finger in ihre Muschi drang und der Daumen des Mannes sanft um ihren Kitzler kreiste, stöhnte sie laut auf und küsste seinen Hals unterhalb der Lederkante der Maske.
Sie saßen alle in einem schäbigen, altmodisch eingerichteten Raum, der nur von einer Reihe nicht zueinander passender Tischlampen beleuchtet war. Auch die Möbel waren ein Sammelsurium aus durchgesessenen Lehnstühlen und noch unbequemeren Esszimmerstühlen, die aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Quellen stammen mussten. Auf diesen Stühlen saßen im Kreis angeordnet ungefähr zwanzig Leute: ein paar Frauen, ein paar Männer. Ungefähr die Hälfte von ihnen trug Masken. Die andere Hälfte zeigte bereitwillig ihre Identität – und in einigen Fällen sogar noch einiges mehr.
Die Mitte des Kreises war völlig freigeräumt, und das einzige Zugeständnis an moderne Bequemlichkeit und Luxus bestand aus einer großzügig gefüllten Bar am anderen Ende des Zimmers. Einige der Teilnehmer tranken etwas, andere schienen das nicht zu brauchen. Aber die Aufmerksamkeit aller war auf die Aktivität in der Mitte gerichtet.
Dort amüsierte sich eine Frau in den Fünfzigern mit einem nackten, maskierten Mann. Sie hatte graues Haar, war aber immer noch attraktiv und trug eine schwarze Hose mit schwarzen Pumps.
Es gefiel Patti, dass der Spieß zur Abwechslung mal umgedreht wurde. Wie so oft gab es in der Gruppe mehr weibliche als männliche Untergebene, aber die meisten Leute waren wie sie und wechselten je nach Lust die Rollen. Selbst die mächtige Stella hatte sich schon an das unterlegene Ufer gewagt. Ein sehr rares Vergnügen – wenn man denn das Glück hatte, eingeladen zu werden …
Der nackte Mann war nicht nur maskiert, er hatte auch verbundene Augen. Patti
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