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Der Club der Lust

Der Club der Lust

Titel: Der Club der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Portia Da Costa
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lachenden,murmelnden Menschen zu einer Tür an der gegenüberliegenden Seite des Raumes bahnte.
    Jetzt geht es in die Höhle von Stella Fontayne, mutmaßte Natalie, als sie in einen schummrig beleuchteten Flur traten. Die Wände waren mit brauner, im Laufe der Zeit verblichener Dispersionsfarbe gestrichen und mit ein oder zwei billigen Drucken behängt. Der Ort hatte etwas trostlos Verkommenes. Am Ende des Flurs führte eine Wendeltreppe hinunter ins Erdgeschoss und hinauf in den zweiten Stock. Außerdem waren noch diverse Türen zu sehen, die genauso anonym wirkten wie die, durch die sie eben gekommen waren. Alex klopfte an eine von ihnen und wartete geduldig auf eine Antwort.
    «Herein», sagte eine Stimme, die durch die Tür etwas gedämpft klang, aber eindeutig zu der Person gehörte, die noch vor ein paar Minuten
Unforgettable
gesungen hatte.
    Der Raum, den die beiden jetzt betraten, war sogar noch dunkler als der Club. Er wurde nur von einer einzelnen Tiffanylampe beleuchtet, die strategisch günstig auf einem voll geräumten Frisiertisch platziert war. Das Zimmer machte einen noch schäbigeren Eindruck als der Flur – wenn das überhaupt möglich war. Überall lagen glitzernde Kleider auf den Lehnstühlen, das verblichene Melamin des Frisiertisches war mit Kosmetika bedeckt, und in der Ecke hing ein großes, altes Waschbecken, dessen Hähne beide tropften. Auf Natalie machte der Raum einen heruntergekommenen Eindruck, hatte aber auch etwas Orientalisch-Glamouröses, was wohl auch an dem schwarz lackierten Paravent in der Ecke lag. Natalie rechnete fast damit, dass jede Minute Shanghai-Lily hinter den bemalten Brettern hervortreten würde. Doch stattdessen drang die tiefe Stimme von Stella Fontayne mit amüsiertem Unterton in den Raum.
    «Guten Abend, meine Lieben. Wie hat euch mein Auftritt gefallen?»
    Alex antwortete zuerst.
    «Sensationell wie immer, Stella», sagte er. «Obwohl ich nicht recht weiß, was ich von der Änderung im Intro von
Blue Moon
halten soll.» Er drehte sich zu Natalie um und winkte sie heran. «Hast du da einfach den Text vergessen, oder woran lag’s?»
    «Du frecher, kleiner Scheißer», konterte Stella lachend. Ihre gekünstelte Stimme legte sich voller Freude um den Kraftausdruck. «Was weißt du denn schon von Songtexten, du Banause? Schon mal was von künstlerischer Freiheit gehört?»
    «So nennt man das also? Ich dachte, es wären die ersten Anzeichen von Senilität», erwiderte Alex ebenfalls schmunzelnd.
    Stella kicherte weiter, sprang aber nicht auf seine Provokation an. Natalie hörte ein schwaches Rascheln hinter dem glänzenden schwarzen Wandschirm, und sofort ging die Phantasie mit ihr durch: Sie stellte sich einen breitschultrigen Mann mit schmalen Hüften vor, der in einem luxuriösen Korsett steckte, das ihn durch Nylongaze und Walfischknochen in eine völlig neue Form presste. Ob Stella Spitzenunterwäsche aus Seide trug? Schwang ihr Schwanz frei unter dem zarten Stoff – oder fixierte sie ihn, um eine perfekte, beulenfreie Silhouette zu haben, wenn sie ihre Kleider trug? Und wie unbequem war dieses Outfit, wenn sie beispielsweise mal auf die Toilette musste?
    Croft, du bist pervers, schalt Natalie sich selbst. Dabei wusste sie genau, woher dieser Gedanke kam. Ihr eigenes Bedürfnis zu pinkeln wurde immer dringlicher, und als Alex sich in einen großen, weichen Lehnstuhl setzte und sie auf seinen Schoß zog, konnte sie sich wegen ihrer vollen Blase ein Keuchen kaum verkneifen.
    Wieso bringe ich mich nur immer wieder in diese Situation?, fragte sich Natalie und merkte, wie sie zu schwitzen begann. Fast als würde sie das Unbehagen des Harndrangs genießen, ja sogar geil davon werden. Allein der Gedanke machte sie schärfer als je zuvor.
    «Und was hältst du von meinem Club, Natalie?» Stella duzte sieohne Umschweife. Man hörte ein erneutes Rascheln, und das glänzende blaue Kleid wurde über den oberen Rand des Paravents gelegt. «Für Londoner Verhältnisse ist er wahrscheinlich völlig harmlos und fast anachronistisch.»
    «Nein, er ist   … er ist ganz toll», stammelte Natalie. Die merkwürdige Umgebung machte sie verlegen, und sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Ihr Mangel an Selbstbewusstsein und das Gefühl, hier irgendwie fehl am Platze zu sein, beunruhigten Natalie. Normalerweise strotzte sie vor Selbstsicherheit – auch in den merkwürdigsten Situationen. Zack, zack! Immer am Ball. Mühelos ein Gefühl für Menschen und ihre Umgebung

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