Der Club der Serienkiller
Vielfraß, der grinsend seine Eckzähne entblößt. Wir stehen vor einem neuen Drive-In, und die Scheibenwischer fegen über die Windschutzscheibe, während der Regen auf uns herabprasselt. Agent Wade muss aufpassen, dass er nicht ertrinkt, als er sich aus dem Fenster beugt und in das Mikrofon spricht, das sich im Brustkorb des Vielfraßes befindet.
»Zwei Spezial-Menüs... eins ohne Fleisch.«
»Ich bin kein Vegetarier.«
Agent Wade mustert mich, runzelt die Stirn. »Doch, bist du. Ich habe die Doku über Grandson gesehen.«
»Ich bin nicht Grandson, vergessen?«
Agent denkt einen Moment darüber nach. »Stimmt...«
Dann spricht er erneut ins Mikrofon. »Vergessen Sie das Vegetarier-Menü. Ich hocke hier offensichtlich mit einem Doppelgänger.« Er lacht über seine Bemerkung.
Ich wende mich ab, starre für einen Moment hinaus
in den Regen. Schließlich lehnt Agent Wade sich wieder zurück in den Wagen und wirft einen nachdenklichen Blick auf den Plastikvielfraß. »Wenn der echt wäre, müsste ich ihn erschießen.«
»Ach ja?«
»Tiere von der Größe bedrohen die nationale Sicherheit.«
Ich betrachte ihn einen Moment. »Hören Sie, ich hatte noch keine Gelegenheit, Ihnen das zu sagen, aber danke für die Hilfe gestern Nacht.«
Agent Wade wirft mir einen verächtlichen Blick zu. »Mit so einem Plan konntest du wirklich jede Hilfe gebrauchen.«
Während wir im Wagen hocken und uns über unsere Spezial-Menüs hermachen, die ich bezahlt habe, bestaunt Agent Wade die Plastikfiguren, die auf dem Drive-In herumstehen. Außer drei weiteren Vielfraßen gibt es vier Grizzlys, vier Leoparden, drei Gorillas, fünf Alligatoren und offenbar eine Gruppe von Schildkröten.
Agent Wade betrachtet einen angriffslustigen Bären, der sich vor unserem Wagen aufbäumt. »Wir hätten zu Kentucky Fried Chicken fahren sollen. Die haben größere Portionen.«
Dann faltet er ein betipptes Blatt Papier auseinander, und ein kurzer Blick zeigt mir, dass es sich um eine Liste der Clubmitglieder handelt. Er zieht einen Bleistift hervor und streicht mit einer schwungvollen Bewegung William Holdens Namen durch. Auch wenn keiner etwas sagt, haben wir beide das Gefühl, einen Auftrag erfüllt
zu haben. Mir fällt auf, dass Agent Wade die Namen sogar in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet hat, und wahrscheinlich habe ich ihn bitter enttäuscht, weil ich mitten auf der Seite angefangen habe.
TALLULAH BANKHEAD
RICHARD BURTON
CHER
TONY CURTIS
DOUGLAS FAIRBANKS JR.
BETTY GRABLE
BURT LANCASTER
JAMES MASON
CHUCK NORRIS
Während ich die Liste durchgehe, kriege ich es ein wenig mit der Angst zu tun.
»Äh, ich finde nicht, dass ich auf die Liste gehöre. Ich bin kein Serienmörder.«
Agent Wade mustert mich. »Ach nein?«
»Nein.«
»Aber ich dachte...?«
»Ganz bestimmt nicht.« Ich werfe Agent Wade einen empörten Blick zu.
Er zögert einen Moment und lächelt mich unsicher an. »Wie du meinst, Doug.« Dann streicht er meinen Namen dick durch. »Mein Fehler.«
TALLULAH BANKHEAD
RICHARD BURTON
CHER
TONY CURTIS
BETTY GRABLE
BURT LANCASTER
JAMES MASON
CHUCK NORRIS
Schweigend essen wir den Rest unserer Mahlzeit, ohne dass der Regen auch nur einen Moment nachlässt. Die Plastiktiere werden klatschnass, und prompt hat einer der Leoparden einen Kurzschluss, Funken sprühen und es zischt, dann schießt Rauch aus seinem Mund hervor. Agent Wade hatte Recht, wir hätten zu Kentucky Fried Chicken fahren sollen.
Während er seinen Milchshake schlürft, taxiert er mich mit einem leicht beunruhigenden Blick. Ich bin froh, als er endlich etwas sagt.
»Wie kann es überhaupt sein, dass du noch am Leben bist? Ich hätte gewettet, dass der Club dich inzwischen durchschaut hat.«
»Oh... ich bin ein ziemlich cleveres Kerlchen.«
»Tatsächlich?«
»Als müsste ich Ihnen das erklären...« Wir grinsen einander vielsagend an.
Er hält meinen Blick. »Erzähl’s mir trotzdem.«
»Die Killer kommen von überallher, darum kennt niemand ihre richtigen Namen oder ihre Adresse, sie wissen nichts voneinander. Wenn sich also jemand ›verabschiedet< - um es mal so auszudrücken -, hat der Club kaum eine Möglichkeit, Kontakt mit ihm aufzunehmen und nach
dem Grund zu fragen. Wir versuchen es zwar mit Kleinanzeigen, lassen das aber rasch wieder sein, wenn sich niemand meldet. Diese Anzeigen sind nicht umsonst, und wir wollen keine Clubgelder dafür vergeuden.«
Agent Wade wirft erneut einen Blick aus dem Fenster, die stets wachsamen Augen auf eine
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