Der Club der Serienkiller
Serviererin aus dem Burger-Laden gerichtet, die sich auf ihren Rollerblades durch den Platzregen eine Schneise zu einem wartenden Wagen bahnt, dabei ausrutscht, übel stürzt und ausgestreckt auf der Motorhaube landet.
»Wenn du also kein Serienkiller bist, Dougie, was genau bist du dann?«
Ich antworte, nicht ohne einen gewissen Stolz. »Ich schätze, ich bin ein typisch amerikanischer Held. Die Antwort auf alle Gebete. Ein Racheengel. Ich bin Dougie, der Dämon.«
Ich beobachte, wie düstere Wolken über den dunkelgrauen Himmel jagen, und entdecke darunter eine, die die Form eines Pferdekopfes hat, eines kohlrabenschwarzen Hengstes, der seine rasende, hasserfüllte Wut auf die Erde herabschnaubt.
Agent Wade ist verstummt, er denkt nach, lässt meine Worte erst mal sacken. Er stößt eine letzte Rauchwolke hervor und drückt seine Zigarette im Aschenbecher aus. Dann fährt er sich mit der Zunge über die Zähne und räuspert sich. »Ich wollte eigentlich Zahnarzt werden. Das war immer mein Wunsch.«
»Wirklich?« Ich brauche einen Moment, um mich von meinem neuen, wunderbaren Tagtraum
loszureißen, und gebe mir größte Mühe, mich auf Agent Wades Worte zu konzentrieren.
»Ich stamme aus einer Familie von Zahnärzten.«
Abgesehen davon, dass er meiner Euphorie gerade einen Dämpfer verpasst hat, frage ich mich, ob er einen Blick auf meinen oberen rechten Backenzahn werfen kann; er tut seit kurzem ziemlich weh.
»Es ist nur so, dass ich den Leuten noch auf eine andere Weise helfen wollte, Dougie. Ich wollte nicht nur ihre Zähne in Ordnung bringen, sondern auch ihr Leben.«
So was hört sich schnell saublöd an, doch als Agent Wade das sagt, klingt es irgendwie rührend.
»Außerdem war ich verrückt nach Pistolen. Ich war ein richtiger Waffennarr. Verstehst du?«
Ich nicke, nehme einen großen Schluck von meinem Milchshake und spüre, wie die eiskalte Flüssigkeit einen stechenden Schmerz in meiner Brust verursacht, so wie immer, wenn ich dieses Zeug trinke.
»Die meisten Kinder hören irgendwann auf, Cowboy und Indianer zu spielen. Ich nicht.«
Ich grinse finster, während ich an meine eigene Kindheit denke. »Ich war immer der Indianer. Die anderen Jungs haben mich gejagt und ›skalpiert<. Manchmal musste ich ziemlich schnell laufen, das kann ich Ihnen sagen. Offensichtlich wollte jeder ein Stückchen von Geronimo abhaben. So habe ich mich damals genannt.«
»Geronimo war beim FBI.«
Ich halte inne, blicke zu Agent Wade. Er nickt. Völlig ernst.
»Geronimo?«
»Nur dass es damals noch nicht FBI hieß.«
»Das wusste ich nicht. Geronimo, ja?«
»Ich hab vergessen, wie sie damals hießen, aber ich bin mir sicher, dass er für sie gearbeitet hat.«
»Pinkerton... hießen sie nicht so?« Ich glaube, ich habe Recht, doch Agent Wade macht sich nicht die Mühe, meine Behauptung zu bestätigen. Stattdessen betrachtet er sich selbst im Rückspiegel, fährt sich mit der Hand durchs Haar und starrt auf sein Gesicht, während er das Wort an mich richtet.
»Und... wer ist als Nächstes dran?«
TALLULAH BANKHEAD
TÖDLECHE TATTOOS
Ich beschließe, meinen früheren Fehler zu korrigieren und ab jetzt alphabetisch vorzugehen.
Es hat seit mindestens einer Stunde nicht mehr geregnet, und als ich mich auf den Weg zum nächsten Clubtreffen mache, rechne ich damit, dass alle gut drauf sind. Bei einem kurzen Blick auf die Ratefüchse bemerke ich, dass einer von ihnen fehlt und sie einen etwas in sich gekehrten Eindruck machen. Doch ich habe keine Zeit, mich länger damit zu beschäftigen, denn kaum bin ich an unseren Tisch getreten, wird mir klar, dass irgendwas nicht stimmt.
Ich spüre, wie ich blass werde, als ich zum Fernseher über unserem Stammtisch hinaufschaue und ein Bild von William Holden auf mich herabstarrt. Es ist dasselbe Foto, das auch auf dem Umschlag seines ersten Romans abgedruckt ist. Selbstgefällig strahlt er übers ganze Gesicht, und mir dreht sich der Magen um, während zum Nachrichtensprecher umgeschaltet wird, der ernst von seinem Tisch aufblickt. »Ein erstklassiges Team der Spurensicherung war rund um die
Uhr im Einsatz, und inzwischen konnte die Leiche identifiziert werden. Mehr dazu nach einer kurzen Pause.«
Die Clubmitglieder glotzen immer noch auf den Bildschirm. Keiner sagt einen Ton, und es herrscht eine spürbare Atmosphäre der Anteilnahme und Betroffenheit. Am liebsten würde ich auf dem Absatz kehrtmachen und um mein Leben rennen.
Als Erstes fällt mein Blick auf Tony.
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