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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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dort behalten zu wollen, und suchten das Weite, hüpften und sprangen wie Reiher, bis das, was wie Umhänge aussah, sich in Flügel verwandelte, die kräftig schlugen, während die Wesen immer mehr an Höhe gewannen. Ein letztes kreischendes »Oaak! Oaak!« ertönte.
    Der Kutscher des Pferdbusses hustete. »Wenn das jetzt erledigt ist, schlage ich vor, dass Sie alle wieder einsteigen, wenn ich bitten darf, meine sehr verehrten Damen und Herren und wer sonst noch alles. Und vergessen Sie Ihre Kerzen nicht, mein Junge.«
    Glenda half Nutt auf einen Holzsitz. Er hielt seinen Werkzeugkasten auf den Knien fest umschlungen, als böte er ihm eine Art von Schutz. »Wo wolltest du denn hin?«, fragte Glenda, als die Pferde sich in Bewegung setzten.
    »Nach Hause«, antwortete Nutt.
    »Zurück zu ihr?«
    »Sie hat mir Wert verliehen«, sagte Nutt. »Ich war nichts und sie hat mir Wert verliehen.«
    »Wie kannst du nur sagen, dass du nichts gewesen bist?«, sagte Glenda. Auf den beiden Sitzen vor ihnen tuschelten Trev und Juliet miteinander.
    »Weil ich nichts war«, antwortete Nutt. »Ich wusste nichts, ich hab überhaupt nichts verstanden. Ich hatte keinen Verstand. Ich hatte keine Fähigkeiten …«
    »Aber das heißt doch nicht, dass jemand wertlos ist«, sagte Glenda nachdrücklich.
    »Doch«, sagte Nutt. »Aber das heißt nicht, dass man schlecht ist. Ich war wertlos. Sie hat mir gezeigt, wie man Wert erlangt, und jetzt habe ich Wert.«
    Glenda hatte das Gefühl, als hantierten sie mit zwei verschiedenen Wörterbüchern. »Was bedeutet denn ›Wert‹ für dich, Herr Nutt?«
    »Es bedeutet, dass man die Welt in einem besseren Zustand verlässt, als man sie angetroffen hat«, sagte Nutt.
    »Ein guter Ansatz«, sagte die Dame mit den Makronen. »Es gibt überall viel zu viele Leute, die nicht mal im Traum daran denken, auch nur einen Finger krumm zu machen.«
    »Ja, schon, aber was ist mit Leuten, die beispielsweise blind sind?« Das kam von dem Mann mit dem hartgekochten Ei, der auf der anderen Seite des Busses saß.
    »Ich kenne einen blinden Burschen in Sto Lat, der hat eine Bar«, sagte ein ältlicher Herr. »Er weiß, wo alles ist, und wenn man dort sein Geld auf den Tresen legt, erkennt er allein am Klang, wie viel es ist. Das macht er echt verblüffend gut. Der Kerl erkennt einen falschen Sixpence durch seine halbe lärmende Bar.«
    »Ich glaube nicht, dass es um das Absolute geht«, sagte Nutt. »Ich glaube, Ihre Ladyschaft meinte damit, dass man mit dem, was man hat, das Beste anfangen soll.«
    »Hört sich wie eine patente Frau an«, sagte der Mann, der nichts gegen Zwerge hatte.
    »Sie ist Vampirin«, warf Glenda boshaft ein.
    »Nichts gegen Vampire, solange sie unter sich bleiben«, sagte die Makronenfrau, die nun damit beschäftigt war, an etwas abstoßend Rosafarbenem zu lecken. »Bei uns in der Straße arbeitet eine bei dem koscheren Schlachter, und die ist richtig nett.«
    »Ich glaube nicht, dass es darum geht, was man erreicht«, sagte der Zwerg. »Sondern darum, was man im Vergleich zu dem, womit man angefangen hat, erreicht.«
    Glenda ließ sich lächelnd gegen die Lehne sinken, als diverse philosophische Ansätze von Sitzbank zu Sitzbank hüpften. Sie wusste nicht genau, was sie von der ganzen Sache halten sollte, aber Nutt saß da und sah schon wesentlich weniger niedergeschlagen aus, und alle anderen behandelten ihn wie einen der ihren.
    Schwache Lichter tauchten vor ihnen in der Dunkelheit auf.
    Glenda rutschte von ihrem Sitz und ging nach vorne zum Kutscher. »Sind wir bald da?«
    »Noch fünf Minuten«, sagte der Kutscher.
    »Entschuldigen Sie diese dumme Geschichte mit dem Bleirohr«, sagte sie.
    »Schon vergessen«, sagte der Mann fröhlich. »Glauben Sie mir, im Nachtbus erlebt man so ziemlich alles. Wenigstens hat sich niemand übergeben. Einen ziemlich interessanten Burschen haben Sie da bei sich.«
    »Sie machen sich keine Vorstellung«, erwiderte Glenda.
    »Obwohl er ja nichts anderes sagt, als dass jeder sein Bestes versuchen soll«, sagte der Kutscher. »Und je mehr Bestes einer tun kann, desto mehr sollte er auch tun. Mehr ist da letztendlich nicht dran.«
    Glenda nickte. Mehr schien wirklich nicht dran zu sein. »Fahren Sie gleich wieder zurück?«, fragte sie.
    »Nein. Ich und die Pferde machen hier Rast und fahren morgen früh wieder zurück.« Er bedachte sie mit dem schrägen Blick desjenigen, der schon so manches gehört und erstaunlicherweise auch gesehen hat, obwohl er für die

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