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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sagte: »Können Sie das wiederholen?«
    »Ich hab nur gesagt, dass ich dieses Stück Bleirohr habe«, sagte Trev und schlug damit sanft gegen die Bustür. »Tut mir leid, aber wir müssen wirklich nach Sto Lat.«
    »Ach ja, jetzt sehe ich Ihr Bleirohr«, sagte der Kutscher und griff auf der anderen Seite seines Kutschbocks nach unten, »und ich sage Ihnen, wenn ich Sie mit dieser Streitaxt in zwei Teile hauen würde, hätte ich das Gesetz auf meiner Seite, nichts für ungut. Sie halten mich wohl für einen Idioten, aber Sie hüpfen schon die ganze Zeit herum wie Nissen auf einem Backblech, also sagen Sie endlich, worum es eigentlich geht.«
    »Wir müssen einen Freund von uns einholen. Er könnte in Gefahr schweben«, sagte Trev.
    »Und es ist sehr romantisch«, sagte Juliet.
    Der Kutscher sah sie an.
    »Wenn Sie uns helfen, ihn einzuholen, kriegen Sie von mir einen dicken Kuss«, sagte sie.
    »Na also!«, sagte der Kutscher zu Trev. »Warum ist Ihnen das nicht eingefallen?«
    »Von mir aus, dann kriegen Sie eben von mir auch’n Kuss«, sagte Trev.
    »Nein, vielen Dank auch«, sagte der Kutscher, der sich offensichtlich prächtig amüsierte. »In Ihrem Fall bleibe ich lieber bei dem Bleirohr, aber ich bitte Sie trotzdem inständig, keinen Blödsinn damit zu machen, weil es immer eine Heidenarbeit ist, bis man das Blut wieder von den Sitzen weghat. Das kriegt man so gut wie nicht mehr los.«
    »Einverstanden, dann versuche ich Ihnen eins mit dem Bleirohr überzuziehen«, sagte Trev. »Wir sind wirklich in höchster Not.«
    »Und wir geben Ihnen auch ein bisschen Geld«, sagte Juliet.
    »Wie bitte?«, fragte der Kutscher. »Ich kriege den Kuss, das Geld und das Bleirohr? Ehrlich gesagt würde ich für einen zweiten Kuss auf das Bleirohr verzichten.«
    »Zwei Küsse, drei ganze Dollar und kein Bleirohr«, sagte Juliet.
    »Oder bloß das Bleirohr und ich lasse es drauf ankommen«, sagte Trev.
    Glenda, die ihnen voller Faszination und Entsetzen zugehört hatte, sagte: »Wenn Sie wollen, kriegen Sie von mir noch einen Kuss dazu«, musste aber feststellen, dass dieses Angebot die Entscheidung weder in die eine noch in die andere Richtung lenkte.
    »Was ist mit meinen Passagieren?«, fragte der Kutscher.
    Alle vier schauten in den Bus hinein und bemerkten erst jetzt, dass mindestens ein Dutzend faszinierter Augenpaare auf sie gerichtet waren. »Nehmen Sie den Kuss!«, sagte eine Frau, die einen riesigen Wäschekorb auf dem Schoß hatte.
    »Und das Geld!«, sagte einer der Männer.
    »Mir ist es piepegal, ob sie ihn küsst oder ihm das Bleirohr über den Schädel zieht, solange sie uns vorher rauslassen«, sagte ein alter Mann weiter hinten im Bus.
    »Werden wir denn auch geküsst?«, sagte eine Hälfte eines kichernden Jungmännerduos.
    »Wenn ihr wollt«, antwortete Glenda gehässig. Sofort ließen sie sich wieder in ihre Sitze zurückfallen.
    Juliet packte das Gesicht des Fahrers, und kurz darauf hörte man etwas, und zwar, den inneren Uhren von Glenda und Trev zufolge, ein bisschen zu lange, das Geräusch eines Tennisballs, der durch die Bespannung eines Tennisschlägers gesaugt wird. Juliet machte einen Schritt zurück. Der Kutscher lächelte auf eine leicht betäubte und schieläugige Weise. »Mann, also das war ja ein ziemliches Bleirohr!«
    »Vielleicht sollte ich lieber fahren«, sagte Trev.
    Der Kutscher lächelte ihn an. »Ich fahre, vielen Dank auch, und machen Sie sich nix vor, mein Junge, ich erkenne einen Ganoven, wenn ich einen sehe, und Sie sind alles andere als das.
    Eher haut mich meine alte Mutter mit ’nem Bleirohr als Sie. Werfen Sie es am besten gleich weg, sonst verpasst Ihnen noch jemand einen Mittelscheitel, den Sie nicht so schnell vergessen.«
    Er zwinkerte Juliet zu. »Aber wenn ich’s mir so recht überlege, ist es vielleicht keine schlechte Idee, die Pferde ab und zu mal ein bisschen rennen zu lassen. Alle an Bord nach Sto Lat!«
    Die Pferdbusse fuhren wirklich nicht sehr schnell, und das, was sich der Kutscher unter »rennen« vorstellte, war nur geringfügig schneller als das, was die meisten Zeitgenossen »gehen« genannt hätten, aber wenigstens trieb er sie soweit an, dass ihnen nicht genug Zeit blieb, um sich bei der Vorbeifahrt an einem Baum zu langweilen.
    Der Bus war, wie der Kutscher bereits erwähnt hatte, für die Leute gedacht, die sich keine Geschwindigkeit, aber dafür etwas mehr Zeit leisten konnten. In diesem Sinne war an seiner Konstruktion hinten und vorne gespart worden.

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