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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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der Straße lag eine Schachtel. Er riss sie verzweifelt auf und fing an, lauter Sachen herauszuziehen.
    Es waren Kerzen. Er warf sie in seiner Hast um, stellte sie mit zitternden Fingern wieder auf, nur um sie im nächsten Augenblick wieder umzuwerfen, bis er sie schließlich alle aufrecht auf den Kieseln am Straßenrand stehen hatte. Aus einer anderen Tasche zog er Streichhölzer, kniete sich hin und verhedderte erneut die zitternden Finger, als er versuchte, ein Hölzchen anzureiben. Tränen rannen ihm über das Gesicht, als das Licht der Kerzen aufflackerte.
    Aufflackerte … und sich veränderte.
    Blaue, gelbe, grüne. Sie gingen immer wieder für ein paar qualmende Sekunden aus, dann gingen sie in einer anderen Farbe wieder an – unter vielstimmigen Oooohs! und Aaaaahs! der Zuschauer.
    »Sehen Sie nur! Sehen Sie nur!«, sagte Nutt. »Gefallen sie Ihnen? Gefallen sie Ihnen?«
    »Ich glaube, damit könnten Sie einen Haufen Geld verdienen«, sagte einer der Passagiere.
    »Sie sind allerliebst«, sagte die alte Dame. »Also, was die jungen Leute heutzutage alles fertig kriegen!«
    Nutt wandte sich an die nächstbeste Schwester und fauchte sie an: »Ich bin nicht wertlos, ich habe sehr wohl einen Wert.«
    »Mein Schwager hat so einen Krimskramsladen drunten im Rauch«, sagte der Ork-Experte. »Wenn Sie wollen, schreibe ich Ihnen seine Adresse auf. Könnte mir vorstellen, dass das hier bei Geburtstagsfeiern für Kinder riesig ankommt.«
    Glenda hatte allem mit offenem Mund zugesehen und erstaunt registriert, wie diese Art von Demokratie, wie sie von vernünftigen und liebenswerten, wenn auch nicht sehr klugen Leuten praktiziert wurde, deren Bildung zu keiner Zeit ein Buch, dafür aber jede Menge anderer Leute beinhaltete, Nutt mit ihren unsichtbaren, wohltätigen Armen umfing.
    Es war herzerwärmend, aber Glendas Herz war diesbezüglich ein wenig verhärtet. Es war der Krebseimer par excellence. Sentimental und nachsichtig, aber wenn man auch nur einen kleinen Fehler machte – ein falsches Wort, eine falsche Verbindung, ein falscher Gedanke –, dann endeten diese fürsorglichen Arme nur allzu bald in Fäusten. Nutt hatte recht: Ein Ork zu sein lief bestenfalls darauf hinaus, unter ständiger Bedrohung zu leben.
    »Ihr habt kein Recht, den armen kleinen Teufel so zu behandeln«, sagte die alte Dame und drohte der nächstbesten Schwester mit dem Finger. »Wenn ihr hier leben wollt, dann gefälligst auf unsere Art, verstanden? Und das heißt: keine Leute anpicken! Sowas dulden wir in Ankh-Morpork nicht!«
    Darüber musste sogar Glenda schmunzeln. Verglichen mit dem, was Ankh-Morpork zu bieten hatte, war Anpicken nun wirklich das reinste Picknick.
    »Vetinari lässt in letzter Zeit aber auch jedes Gesocks herein«, kommentierte ein anderer Passagier. »Ich will kein Wort mehr gegen die Zwerge hören …«
    »Gut«, sagte eine Stimme hinter seinem Rücken. Er drehte sich um, und Glenda sah, dass der Zwerg hinter ihm stand.
    »Tschuldigung, mein Freund, hab Sie gar nicht gesehen, so klein wie Sie sind«, sagte der Mann, der nichts gegen Zwerge hatte. »Wie gesagt, ihr Zwerge lasst euch einfach nieder und lebt euer Leben, ohne groß Ärger zu machen, aber in letzter Zeit kriegen wir ein paar echt seltsame Vögel rein.«
    »Diese Frau zum Beispiel, die sie vergangenen Monat auf die Wache gebracht haben«, sagte die alte Dame. »Diese merkwürdige Frau aus Ephebe oder aus dieser Gegend dort. Ein Windstoß hat ihre Sonnenbrille weggepustet, und schon waren drei Leute in Stein verwandelt.«
    »Das war eine Medusa«, sagte Glenda, die darüber in der Times gelesen hatte. »Außerdem ist es den Zauberern gelungen, die Leute wieder zurückzuverwandeln.«
    »Schön, aber wie ich gerade gesagt habe«, fuhr der Mann, der nichts gegen Zwerge hatte, fort, »haben wir gegen niemanden was, solange er sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmert und keine krummen Dinger dreht.«
    Genau das war für Glenda der Rhythmus der Welt; sie hatte ihn schon so oft gehört. Aber die allgemeine Stimmung war jetzt eindeutig gegen die Schwestern. Früher oder später würde jemand einen Stein aufheben. »Ich würde mich jetzt von hier verziehen«, sagte sie, »haut ab und fliegt zu der Lady, für die ihr arbeitet. Und zwar würde ich das an eurer Stelle sofort tun.«
    »Oaak! Oaak!«, kreischte eine von ihnen.
    Aber in diesen eigenartig geformten Köpfen schlummerten tatsächlich Hirne. Und die drei Schwestern waren eindeutig schlau genug, sie auch

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