Der Coach
wilder aus, kaum noch ein Lächeln, entschlossene Gesichter, man sieht ihnen die dunklen Wolken von Krieg und Rassenunruhen förmlich an. In den Siebzigern und Achtzigern lächeln einem schwarze und weiße Jungs vereint entgegen, sie sind um einiges größer, tragen aufgepeppte Trikots, und manche sind die Söhne der Jungs, mit denen ich damals gespielt habe. Ich weiß, dass jeder Spieler, der mich da von meiner Wand herab anschaut, für immer von Eddie Rake geprägt ist. Sie sind die gleichen Spielzüge gelaufen, haben die gleichen anspornenden Reden gehört und die gleichen Predigten, haben im August das gleiche brutale Training ertragen. Und jeder von uns war zu irgendeinem Zeitpunkt ganz sicher, Eddie Rake aus tiefstem Herzen zu hassen. Doch dann sind wir von der Bildfläche verschwunden. Unser Foto hängt an der Wand, und für den Rest unseres Lebens hören wir seine Stimme in der Umkleide und sehnen uns nach der Zeit zurück, als wir ihn Coach nennen durften.
Die meisten Gesichter sehe ich heute hier. Sie sind ein wenig älter, grauer, manche auch ein bisschen fülliger. Und alle voller Trauer, da wir uns heute von Coach Rake verabschieden. Und warum ist uns das so wichtig? Warum sind wir heute hier? Warum sind die Reihen wieder einmal voll, ja übervoll von Menschen? Ich will es Ihnen verraten.
Die wenigsten von uns werden je etwas vollbringen, an das sich mehr als eine Hand voll Menschen erinnern. Wir gehören nicht zu den ganz Großen. Wir sind vielleicht gut, ehrlich, gerecht, fleißig, treu, freundlich, großzügig und hochanständig oder haben andere Qualitäten. Doch zu den ganz Großen gehören wir nicht. Größe ist etwas so Seltenes, dass wir ihr nahe sein wollen, wenn wir ihr begegnen. Eddie Rake hat uns, den Spielern wie den Fans, die Möglichkeit gegeben, der Größe nahe zu kommen, an ihr teilzuhaben. Er war ein großartiger Coach, er hat ein großartiges Trainingsprogramm und eine großartige Tradition etabliert und uns alle ein kleines bisschen großartig gemacht. Das werden wir immer in Ehren halten. Die meisten von uns haben hoffentlich ein langes, erfülltes Leben, doch wir werden echter Größe nie wieder so nahe sein. Und deshalb sind wir heute hier.
Ob man Eddie Rake nun geliebt hat oder nicht, seine Größe kann man ihm nicht absprechen. Er war der beste Mensch, den ich kannte. Es gehört zu meinen schönsten Erinnerungen, das grüne Trikot getragen und auf diesem Feld für ihn gespielt zu haben. Ich sehne mich zurück nach diesen Tagen. Ich höre immer noch seine Stimme, spüre seinen Zorn, rieche seinen Schweiß und erkenne seinen Stolz. Ich werde ihn immer vermissen, den großen Eddie Rake.«
Mike Hilliard schwieg, verbeugte sich dann und trat abrupt vom Mikrofon zurück. Die Menge begann zaghaft, beinahe betreten zu applaudieren. Als Hilliard wieder auf seinem Platz saß, erhob sich ein breitschultriger Schwarzer in einem grauen Anzug und trat mit großer Würde an das Rednerpult. Unter dem Sakko trug er das grüne Trikot. Er hob den Blick und ließ ihn über die dicht an dicht gedrängte Menge gleiten.
»Guten Tag«, begann er mit einer Stimme, die kein Mikrofon benötigt hätte. »Ich bin Reverend Collis Suggs von der Bethel Church unseres Herrn Jesus Christus hier in Messina.«
Jeder, der im näheren Umkreis von Messina lebte, kannte Collis Suggs. 1970 hatte Eddie Rake ihn als ersten Schwarzen zum Mannschaftskapitän ernannt. Er hatte kurz für A&M in Florida gespielt, sich dann aber das Bein gebrochen und war anschließend Pfarrer geworden. Er hatte sich eine große Gemeinde aufgebaut und war politisch engagiert. Jahrelang hatte man sich in der Stadt erzählt, dass Kandidaten, die das Wohlwollen von Eddie Rake und Collis Suggs genossen, auch gewählt würden. Und Kandidaten, denen sie ihre Unterstützung versagen würden, könnten ihren Namen genauso gut gleich vom Stimmzettel streichen.
Dreißig Jahre auf der Kanzel hatten Suggs’ Fähigkeiten als Redner perfektioniert. Sein Stil war großartig, sein Timing und der Klang seiner Stimme ungemein fesselnd. Man wusste, dass Coach Rake sich am Sonntagabend häufig heimlich in eine der hinteren Reihen der Bethel Church gesetzt hatte, um seinen ehemaligen Noseguard predigen zu hören.
»Ich habe in den Jahren 1969 und 1970 für Coach Rake gespielt.«
Viele der Anwesenden hatten jedes dieser Spiele gesehen.
»Ende Juli 1969 befand der Supreme Court der USA schließlich, das Maß sei voll. Fünfzehn Jahre nach dem
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