Der Coach
nie gemacht, habe noch nie vor großen Gruppen gesprochen und vor kleinen im Übrigen auch nicht und er ziehe ernsthaft in Erwägung, sich bei Nacht und Nebel davonzumachen, um der Sache zu entgehen.
Als er nun langsam zwischen den Reihen der anderen Spieler hindurchging, fühlten sich seine Beine schwer an, und sein linkes Knie schmerzte stärker als sonst. Ohne den Anflug eines Humpelns stieg er auf das kleine Podium und trat an das Rednerpult. Dann blickte er auf die Menge, die auf ihn herunterstarrte, und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen. Zwischen den beiden Zwanzig-Yard-Linien, über eine Strecke von insgesamt sechzig Yards und über fünfzig Reihen verteilt, war die Haupttribüne von Rake Field eine einzige Wand aus Gesichtern, die herabblickten, um einen früheren Helden zu bewundern.
Kampflos überließ er sich der Furcht. Er war schon den ganzen Vormittag über aufgeregt und nervös gewesen, doch jetzt spürte er nur noch nackte Angst. Langsam faltete er ein Blatt Papier auseinander und versuchte ebenso langsam, die Worte zu entziffern, die er immer und immer wieder umgeschrieben hatte. Kümmer dich nicht um die Menge, ermahnte er sich. Du darfst dich nicht blamieren. Die Leute da erinnern sich an einen großartigen Quarterback, sie wollen keinen Feigling sehen, dem die Stimme versagt.
»Mein Name ist Neely Crenshaw«, brachte er schließlich in halbwegs sicherem Ton heraus. Sein Blick richtete sich auf eine Stelle gegenüber am Zaun, knapp oberhalb der Köpfe der übrigen Spieler und knapp unterhalb der ersten Reihe auf der Tribüne. An diesen Teil des Zauns würde er seine Rede richten und alles andere einfach ignorieren. Als seine Stimme aus der Lautsprecheranlage erklang, wurde er ein wenig ruhiger. »Ich habe von 1984 bis 1987 für Rake gespielt.«
Er warf einen weiteren Blick auf seine Notizen und erinnerte sich an eine von Rakes Predigten. Angst ist unvermeidlich und muss nicht grundsätzlich etwas Schlechtes sein. Stell dich deiner Angst und nutze sie zu deinem Vorteil. Natürlich hatte Rake damit gemeint, dass man aus der Umkleide direkt auf das Spielfeld sprinten und den ersten gegnerischen Spieler umrennen sollte, der einem in den Weg trat. Seine Ratschläge halfen nicht viel, wenn es darum ging, beredte Worte zu finden.
Neely richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Zaun, zuckte die Achseln, versuchte zu lächeln und sagte: »Wissen Sie, ich bin kein Richter und auch kein Pfarrer, und ich bin es nicht gewöhnt, vor vielen Leuten zu sprechen. Bitte seien Sie nachsichtig mit mir.«
Doch die Menge war so voller Bewunderung, dass sie ihm alles verziehen hätte.
Ungeschickt hantierte er mit seinen Notizen und begann schließlich vorzulesen: »1989 sah ich Coach Rake zum letzten Mal. Ich lag im Krankenhaus, war ein paar Tage vorher operiert worden, und er hat sich spätabends in mein Zimmer geschlichen. Eine Schwester kam herein und sagte, er müsse sofort gehen. Die Besuchszeit war schon lange vorbei. Doch Rake erwiderte energisch, er werde gehen, wann er wolle und keine Minute früher. Da zog sie beleidigt ab.«
Neely schaute auf und sah zu den Spielern hinüber. Die meisten lächelten. Seine Stimme klang klar, zitterte nicht. Er würde es schaffen.
»Ich hatte seit dem Meisterschaftsfinale 1987 nicht mehr mit Coach Rake gesprochen. Inzwischen weiß, glaube ich, jeder, warum. Was damals geschehen ist, war und blieb unser Geheimnis. Wir haben es nicht vergessen, das war unmöglich. Also haben wir es eben für uns behalten.
In der Nacht im Krankenhaus schaute ich hoch, und da stand Coach Rake an meinem Bett und wollte reden. Am Anfang waren wir beide etwas befangen, dann begannen wir, uns zu unterhalten. Er zog sich einen Stuhl heran, und wir führten ein sehr langes Gespräch.
Wir redeten, wie wir es noch nie getan hatten. Über alte Spiele, alte Spieler, jede Menge Erinnerungen aus der Football-Geschichte von Messina. Wir lachten zusammen. Er wollte wissen, wie es mir ging. Als ich ihm erzählte, die Ärzte seien fast sicher, dass ich nie mehr spielen würde, hatte er Tränen in den Augen und konnte eine Weile nichts sagen.
Eine vielversprechende Karriere war von einem Moment auf den anderen vorbei, und Rake fragte mich, was ich jetzt vorhätte. Ich war neunzehn Jahre alt. Ich hatte keinen blassen Schimmer. Er nahm mir das Versprechen ab, mein Studium zu beenden, und ich habe dieses Versprechen nicht gehalten.
Schließlich kam er auf das Meisterschaftsfinale zu sprechen, und er hat
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