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Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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die Kette hielt ihn. Mit einer Hand klammerte er sich an den eiskalten Felsrand. Der Hai zögerte keine Sekunde. Max sah den Blick in seinen Augen, als er sein Handgelenk anvisierte. Wenn er Max’ Hand abschlug, war er gerettet und Max tot. Der Eispickel sauste nieder wie die Schwertklinge eines Henkers. Max verdrehte seinen Arm. Die Klinge krachte auf den Felsen, durchtrennte die Kette, und Max glitt die Eiswand hinunter in tiefe Dunkelheit.
    Als Letztes sah er seinen Angreifer über die Kante spähen. Seinen blutigen Mund – wie das Maul eines Hais, der seine Beute in Stücke gerissen hat. Und über ihm dunkle, von Blitzen durchzuckte Wolken.
    Das musste die Hölle sein – und der Engel des Todes.
     
    Jonas und der Wal. Verrückte Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Ringsum war es stockfinster, kalt und feucht wie im tiefsten Grab. Nach einigen Metern wurde die eisige Rutschbahnetwas flacher. Max drehte den Eispickel um, hielt das obere Ende in Höhe seiner Achsel, lehnte sich nach hinten und vernahm sogleich das knirschende Scharren, als die Klinge sich wie ein Anker in die glatte Oberfläche grub. Es war ein fürchterlicher Ritt. Womöglich stürzte er tausend Meter tief ins Leere, oder weiter unten lauerten Felsen, die ihn zerschmetterten. Er presste seine Fersen zusammen. Er wurde langsamer. Die riesige schwarze Eisrutsche war auf einmal ganz flach geworden.
    Jetzt war er in der Waagerechten, schlitterte aber immer noch weiter. Er schlug an eine Eiswand, ächzte vor Angst und Verblüffung, zog die Knie an und wartete, bis er endlich zum Stillstand kam. Einen kurzen Moment blieb er noch liegen, dann tastete er vorsichtig den Boden um sich herum ab. Alles flach. Vielleicht war er am Grund der Spalte angelangt oder er lag auf einem breiten Vorsprung. Einigermaßen beruhigt rappelte er sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an die kalte Wand. Irgendwo über ihm flackerten Blitze; Licht drang zu ihm hinunter, obwohl er den Himmel nicht sehen konnte. Allmählich erkannte er, dass er in einer Art Labyrinth gelandet war. Von Staub und Erde verschmutztes Eis wand sich hierhin und dorthin, zerfetzt von gewaltigen Kräften. Er befand sich am Grund der Spalte, die zum Glück nur fünfzig Meter tief war. Max befühlte die Eiswand wie jemand, der sich im Dunkeln seinen Weg ertastet. Und wartete reglos, dass seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten. Unter seiner Handfläche spürte er ein leises Beben. Da war etwas. Eine Vibration.
    Er schloss die Augen, konzentrierte sich ganz auf das schwarze Loch, in dem er steckte, auf jedes Knirschen in den sich langsam bewegenden Eismassen, jedes Flackern reflektierten Lichts auf seinen Lidern. Er mochte die Dunkelheit undvertraute darauf, dass sein Instinkt ihn den richtigen Weg einschlagen ließ. Andere Sinnesorgane schalteten sich ein. Er vernahm ein regelmäßiges Tröpfeln, weiter vorne und links von sich. Wahrscheinlich Eis, das auf warme Luft traf; vielleicht ein Überhang, der langsam abschmolz. Das Maschinensummen kam von sehr weit her, und die von Höhlen durchzogenen Felsen ließen nicht zu, die Richtung zu bestimmen, aus der es kam. Aber da war noch etwas anderes. Ein Geruch.
    Wölfe und Bären wittern ihre Beute über Kilometer hinweg. Kein Mensch kann da mithalten, aber jetzt ließen Max’ Sinne solche Beschränkungen hinter sich. Der schwache Geruch sagte ihm, dass wenige Kilometer entfernt Tiere sein mussten. Der Moschusgeruch eines Bären und der scharfe Geruch von Wölfen drangen in sein Hirn und wiesen ihm die Richtung. Er wusste, er kannte diese Tiere. Das Wolfsrudel und der Eisbär. Wie kam es, dass er sie riechen konnte? Vielleicht irgendein unterirdisches Höhlensystem? Aber das spielte jetzt keine Rolle. Seine Sinne sagten ihm, dass diese Tiere wieder da waren, wo sie hingehörten – auf den Berg –, und dass es aus dieser Spalte einen Ausweg gab.
    Max tastete sich langsam voran, einen Fuß vor den anderen setzend, manchmal ging er auch schneller, wenn das von oben reflektierte Licht es zuließ.
    Nach zwei Stunden in der engen Schlucht gelangte er in totale Dunkelheit, die nicht einmal mehr von den Blitzen erhellt wurde. Die Wände waren jetzt nicht mehr aus Eis, sondern nacktes Felsgestein. Er hörte ein tiefes Summen, und auch die Vibration war stärker geworden. Er lauschte, tastete mit einer Hand an der Wand entlang. Sie machte eine Biegung; Max schob sich vorsichtig herum und dahinter erblickte er ein schwaches Licht. Mutiger geworden, hielt

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