Der Code des Luzifer
stand offen und davor saß Bobby Morrell auf einem Klappstuhl, neben ihm zwei Teenager, die Max vom Wettkampf her kannte. Die Gendarmen verstanden keinen Spaß, wenn es um Trinken in der Öffentlichkeit ging, und da niemand Lust hatte, Strafe zu zahlen oder Schwierigkeiten mit der Polizei zu bekommen, tranken Bobby und seine Freunde nur heißen Kaffee und aßen selbst gemachte Hotdogs dazu.
»Hey«, sagte der Amerikaner mit breitem Grinsen, als er Max sah. »Hab deine Nachricht erhalten. Dachte, du musst eine Weile im Krankenhaus bleiben – und jetzt sieh dich an. Ich hab dir deinen Rucksack mitgebracht.«
Max grüßte mit einem Nicken und nahm dankbar einen Becher Kaffee. »Mir geht’s gut. Das Essen im Krankenhaus ist mies, und stell dir vor, die haben doch tatsächlich meine Jacke zersäbelt.« Er verschlang bereits einen Hotdog – eine klitschige Wurst mit massenhaft Ketchup. Eine köstliche Schweinerei, wenn man solchen Hunger hatte.
»Ja? Macht nichts«, sagte Bobby und gab einem seiner Kumpels einen Wink. Der Junge verschwand im Wagen, um gleich darauf mit einer coolen Snowboarderjacke wieder aufzutauchen. »Probier die mal an. Die hat einer zusammen mit seiner ganzen Ausrüstung bei mir liegen lassen. Müsste ungefähr deine Größe sein. Nimm dir alles, was du brauchst; er kommt erst in zwei Wochen zurück.«
Die Jacke passte. Max bedankte sich. »Wo ist Peaches ?«
Bobby zuckte mit den Schultern, stieß ein Grunzen aus und biss in seinen Hotdog. »Abgehauen. Schlechte Verliererin. Wir treffen uns in Biarritz bei meinen Großeltern. Typisch Mädchen, oder?«
»Ja«, sagte Max. »Typisch Mädchen.« Er wünschte, er hätte Bobbys Erfahrung gehabt.
Er schluckte den ganzen Brei in seinem Mund auf einmal runter, spürte, wie er beinahe in seiner Luftröhre stecken blieb, und bekam dann endlich wieder Luft.
»Ich hatte noch keine Gelegenheit, mich bei dir zu bedanken, Bobby. Wenn du nicht die Pistenpatrouille alarmiert hättest, würde ich immer noch da oben liegen, tiefgefroren wie ein Eiswürfel.«
Sie sprachen beide mit vollem Mund, konnten das Essen gar nicht schnell genug in sich hineinstopfen.
Bobby sprühten Krümel aus dem Mund. »Ach, das war doch nichts. Eigentlich hab ich gedacht, so eine Lawine kannst du gar nicht überleben. Aber du hast es geschafft. Cool. Manchmal hat man wirklich Glück. Ich hab dich übrigens nicht besucht, weil wir eine spitzenmäßige Party hatten und den frischen Schnee zum Skilaufen nutzen wollten. Hätte ja sowieso nichts geholfen, wenn ich dir hier die Hand gehalten hätte.«
»Ja, man darf keine gute Piste auslassen«, bestätigte Max. Er spülte den letzten Schluck mit etwas Kaffee runter. »Du hast gesagt, du könntest uns für ein paar Tage unterbringen?«
»Klar. Meine verrückte Großmutter hat ein Haus in Biarritz.Da wollen wir surfen und anschließend fahren wir in die Alpen. Dort wird guter Schnee erwartet, und wenn wir in den Chalets Arbeit finden, haben wir Unterkunft, Verpflegung und Skipässe gratis.«
Max schwieg. Er fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. Die Küste war keine zwei Stunden entfernt, wenn man die Autobahn nahm; auf der Landstraße dauerte es etwa doppelt so lange. In seinem Rucksack hatte er alles, was er für ein paar Tage in den Bergen brauchte, aber vorher wollte er sich noch vergewissern, dass Sayid bis zu seiner Rückkehr gut versorgt war.
Den Ärzten wäre es wahrscheinlich am liebsten, wenn Sayid und Max spätestens morgen in einem Flugzeug nach England säßen. Aber Max wollte nicht zurück. Noch nicht. Der Angriff auf ihn im Kajak war offensichtlich als Rache dafür gedacht gewesen, dass er Sophie am Abend zuvor aus der Patsche geholfen hatte. Wenn diese Gangster, die mit vom Aussterben bedrohten Tieren handelten, die Tiere über die Berge in spanische Häfen und von dort weiter nach Frankreich und ins übrige Europa brachten, dann war Max hier genau am Brennpunkt des Geschehens.
Auch wenn die Tierschmuggler offenbar annahmen, dass er und Sophie etwas miteinander zu tun hatten, schien ihm das wirkliche Geheimnis ganz woanders zu liegen. Verfolgt und angeschossen hatte Zabala sich noch unmittelbar vor seinem Tod enorme Mühe gegeben, sich den Rosenkranz und den Anhänger vom Hals zu reißen. Noch immer hörte Max die verzweifelte Stimme des Mannes, mit der er ihn, bevor er in den Tod stürzte, so eindringlich anflehte, eine Abtei aufzusuchen und dort irgendetwas mit einem Krokodil und einer Schlange herauszufinden.
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