Der Code des Luzifer
wusste, das brennende Geheimnis in seiner Faust war vermutlich der Schlüssel zu den Ereignissen auf dem Berg. Und die Worte des Mönchs waren eine mächtige Warnung.
»… allez … abbaye! … le crocodile et le serpent!« Geh zur Abtei. Das Krokodil und die Schlange.
Vertraue niemandem – sie werden dich töten.
Luzifer.
Sie werden dich töten.
Luzifer.
Ein alter Mönch, verfolgt von einem Mann in schwarz-weißem Tarnanzug. Angeschossen und verwundet. Eine Lawine. Ein verzweifelter Kampf gegen den Tod. Und eine Botschaft.
Eine geheime Botschaft.
Max stand am Fenster seines Zimmers und schaute über die niedrigen Dächer. Pau liegt oben auf einem felsigen Berg über dem Gave de Pau, dem Fluss, der unterhalb der Klippe am Südrand der kleinen Stadt fließt. Die gezackten Massive der Pyrenäen boten an klaren Tagen sicher eine beeindruckende Kulisse. Die schneebedeckten Gipfel mit dem Château de Pau im Vordergrund ergaben das perfekte Urlaubsfoto eines jeden Touristen. Aber heute Abend war es anders. Heute hüteten die Berge ein mächtiges Geheimnis, das ihn bedrohte und verhöhnte. Als Max das Fenster aufschob, schlug ihm heftiger Wind entgegen.
Ein Gewitter tobte in den Bergen, eine richtige Schlacht. Donner und Blitze krachten lärmend über die Stadt. Das Feuer am Himmel zerriss die Dunkelheit und ließ erkennen, welch ungeheuren Kräfte da wirkten. Die Welt bebte und zitterte. Gespenstisch rot und blau flammten die Blitze, tauchten Wolken und Berge in flackerndes Licht und wirbelten um die Gipfel wie brennende Reifen. Noch niemals hatte Max ein so beeindruckendes Naturschauspiel gesehen.
Ein Blitz und im selben Moment ein gewaltiger Knall schlugenMax entgegen. Er zuckte zurück, trat dann aber gleich wieder dem wütenden Treiben entgegen. Er packte das Fensterbrett und blinzelte in den schneidenden Wind. Die Berge hatten Max nicht umbringen können, aber diese entfesselten Gewalten schienen ihm zu sagen, dass sie ihn jederzeit vernichten konnten.
Die Pyrenäen flammten noch einmal mit einem letzten Donnerschlag auf, und die Wolken leuchteten im Widerschein exakt in dem Tarnmuster, das der Hai und der Mörder des Mönchs benutzt hatten.
Max hatte Verantwortung auferlegt bekommen: für den Anhänger und dafür, in einer Abtei Antworten zu finden. Er beschloss, der Polizei nichts zu sagen. Jedenfalls noch nicht. Immerhin gab es zwei Menschen, denen er trauen konnte. Der eine war sein Dad, der andere war Sayid.
»Nicht zu fassen, dass du von einem Hubschrauber gerettet wurdest«, stöhnte Sayid. »Ich musste mich zweieinhalb Stunden lang in einem Krankenwagen durchrütteln lassen, bis ich hier war.« Er lag in einem anderen Zimmer, den Unterschenkel in Gips. »Echt cool! Ein Rettungshubschrauber!«
Max lächelte ihn an. »Hör auf zu jammern, sonst versteck ich deine Krücken. Morgen Früh schmeißen die uns hier raus und bis dahin sollten wir einen Plan haben.«
»Der Plan ist: Wir gehen nach Hause, oder?«
Max nickte. »Der Flug ist für das Wochenende gebucht, aber ich nehme an, die werden versuchen, uns früher zurückzuschicken. Ich will aber noch bleiben.«
»Der Wettbewerb ist vorbei, da kannst du nichts mehr dran ändern«, sagte Sayid. Er brauchte nicht hinzufügen, wie leid es ihm tat, dass Max im Finale verloren hatte.
Sayid nahm die Misbaha . Max hatte alles riskiert, um sie zu holen, und wäre dabei fast ums Leben gekommen.
Max erriet seine Gedanken. »Sayid, ich bin nicht nur wegen der Kette noch einmal in die Berge gegangen. Ich musste dorthin. Manche Dinge lassen sich nicht erklären, aber wenn ich das Finale nicht verloren hätte, wäre ich bestimmt nicht mehr dorthin zurückgekehrt.« Er zeigte ihm das Kreuz und den Messinganhänger mit dem durchsichtigen Stein darin.
Sayid blickte erstaunt. »Wo hast du das her?«
Max erzählte ihm alles.
Sayid hörte schaudernd zu. Er hatte nichts gegen Abenteuer, aber nicht so viel auf einmal! Sein Freund zog, wie er aus eigener Erfahrung bestätigen konnte, große Gefahren offensichtlich magnetisch an.
Max’ Geschichte brachte ihn ganz durcheinander. Er und Max hatten sich vorgenommen, in diesem Winterurlaub viel Spaß miteinander zu haben. Max hatte mit allen möglichen Gelegenheitsjobs das Geld für die Reise und den Wettbewerb zusammengespart und Sayid hatte sich mit Reparaturen von Computern in der Nachbarschaft etwas dazuverdient. Insgeheim sehnte Sayid sich danach, so zu sein wie Max, auch so eine Einstellung zu
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