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Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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frei darin bewegen.
    Max bahnte sich den Weg durch einen Pulk von Menschen und zog Sophie hinter sich her. Sie hielt seine Hand umklammert, als würde sie, wenn sie den Kontakt zu ihm verlöre, von diesem Menschenmeer fortgetragen. Sie beobachtete, wie Max eine Schneise durch die Menschen schlug. Max war hier fremd. Ihm drohten Gefahren, weil nichts hier ihm vertraut war. Und er war auf der Flucht vor Killern, die zu allem entschlossen waren. Sein Griff, das spürte sie, war stark. Er vermittelte Zuversicht und Schutz. Doch wie wenig dieser Junge von den hier lauernden Gefahren wusste, wo ein Menschenleben manchmal schon für den Preis einer Mahlzeit verkauft wurde.
    Max wunderte sich, wie jemand in diesem Gedränge überhaupt vorankam. Standbesitzer hatten ihre Waren aufgebaut. Berge von Orangen, zu Pyramiden aufgeschichtet, wurden zerteilt und gepresst. Tanzgruppen gesellten sich zu den Musikern, und Wahrsager wischten mit einer Handbewegung das Elend der Menschen beiseite.
    Max blieb neben einem Schlangenbeschwörer stehen, der auf einem zerschlissenen Teppich saß und eine Kobra tanzenließ. Zum lockenden Flötenspiel des alten Mannes sanft hin- und herschaukelnd, schraubte sich das Tier in die Höhe.
    Die Brillenzeichnung der Schlange blitzte, in den schwarzen Augen des Tiers spiegelten sich Lichtpunkte. Die Kobra richtete sich schwankend auf. Sie schien Max direkt ins Herz zu sehen. Bannte ihn mit vorgetäuschter Gelassenheit. Bewegte sich gemächlich, hypnotisierend. Verführte ihr Opfer, seine Vorsicht aufzugeben.
    Dann schlug die Kobra zu. Sie entblößte ihre Giftzähne, zischte – wie vor Hass.
    Mit der gesammelten Kraft des hoch aufgerichteten Körpers schoss das Tier an dem Alten vorbei direkt auf Max und Sophie zu. Max zuckte zurück, hielt schützend den Arm vor Sophie, doch der runzlige Alte, der aussah, als sei er bereits halb blind, fuhr einfach mit der Hand hinter den Kopf des Tiers, drehte sein Handgelenk und ließ die Schlange sich um seinen Unterarm winden. Dann hob er sich die vorschnellende Zunge der Kobra an die Lippen und küsste die Schlange.
    Beifälliges Gemurmel ertönte aus der Menge, es wurde laut applaudiert, Münzen fielen klimpernd in den umgedrehten Hut.
    Max rang sich ein verlegenes Lächeln ab. Vielleicht war er übereilt zurückgewichen. Aber konnte man zu schnell sein, wenn eine Kobra im Begriff war zuzuschlagen? Sophie berührte ihn an der Schulter. Sie wusste nur zu gut, wie schnell Max reagiert hatte – eine tapfere, instinktive Regung. Ein Kobra- Angriff, das war ein alter Schlangenbeschwörer-Trick. Aber das konnte Max nicht wissen.
    Die wenigen Sekunden des Reagierens hatten Max’ Sinne geschärft. Da war noch eine andere Gefahr. Er spürte es ganz deutlich. Seine Instinkte schlugen Alarm und forderten seineAufmerksamkeit. Aber wo war die Bedrohung? Von wo kam sie? Max suchte die ihn direkt Umstehenden mit den Augen ab. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ein Mann erwiderte seinen forschenden Blick und wandte sich rasch ab. Da waren zwei Männergesichter, die Max schon früher gesehen hatte. Er hatte aufs Geratewohl an irgendwelchen Ständen haltgemacht und sich etwas zu essen geben lassen, also war es unwahrscheinlich, dass er denselben Gesichtern zweimal begegnete.
    Max zeigte über die Köpfe der Menge hinweg. »Geh an den Rand, Sophie!«, rief er.
    Sophie nickte. Sosehr ihn die brodelnde Menge auf dem Marktplatz auch faszinierte, hier, das wurde ihm klar, bot er ein viel leichteres Ziel als in der freien Natur. In freiem Gelände sah man den Feind schon von Weitem, während er hier womöglich nur einen Atemhauch entfernt und doch nicht auszumachen war. Aber warum sollte er so denken? Warum sollte Sophie ihn hierherbringen, wenn sie es seit ihrer Abfahrt aus Biarritz jederzeit hätte einrichten können, dass Max angegriffen wurde?
    Paranoia. Furcht. Befrei dich davon , redete Max sich zu – diese Gefühle rührten von diesen Menschenmengen her. Hier ging es schließlich zu wie im Wembley Stadion, nur, dass es doppelt so laut war.
    Die erdrückende Menge schien jetzt undurchdringlich. Max zog Sophie näher zu sich heran. Er wollte sie direkt neben sich haben, höchstens einen Schritt entfernt. Wie ein Schaudern lief eine Welle der Energie durch die aneinandergepressten Leiber; Hände reckten sich, krallten sich in ihn. Max spürte, wie jemand ihm das Handgelenk umdrehte. Sophie war nur eine Armeslänge von ihm entfernt. Zwei Männer standen zwischen ihnen, verdeckten

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