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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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Minuten vergi n gen, dann sah sie eine sich bewegende Gestalt.
    Es war Tom. Er war am Rand der Klippen aufgetaucht und rannte. Philip und Ve r non hasteten vor ihm aus dem Urwald. Sie schleppten einen Verletzten - einen in Lumpen gekleideten alten Mann. Broadbent. Borabay tauchte als Letzter auf. Er war der Brücke am nächsten.
    Wieder Schüsse. Dann sah sie Hauser. Er kam hinter den Männern aus dem Wald. Er trieb sie wie Wild vor sich her -auf die Brücke zu.
    Sally ließ das Fernglas sinken, packte ihr Gewehr und beobachtete das Drama durch das Zielfernrohr ihrer Springfield. Eine schlimmere Situation konnte man sich kaum vorstellen. Die Broadbents und Borabay würden gleich auf der Brücke in eine Zwickmühle geraten. Aber sie hatten keine andere Wahl, denn Hauser war hinter und die Schlucht n e ben ihnen. Vor der Brücke zögerten sie kurz, dann liefen sie weiter. Hauser ließ den Wald hinter sich und rief den So l daten auf der anderen Seite e t was zu. Sie knieten sich hin und gaben Warnschüsse ab.
    Kurz darauf saßen die Flüchtlinge mitten auf der Brücke fest. Hauser und sechs seiner Leute standen hinter und vier Soldaten vor ihnen. Sie saßen absolut in der Fa l le. Die Schüsse verstummten, alles wurde still.
    Hauser ging mit verzerrtem Gesicht über die gefährliche Brücke auf die Männer zu, seine Waffe auf sie gerichtet.
    Sally spürte ihr Herz hämmern. Ihr Moment war gekommen. Ihre Hände waren schweißnass und zitterten. Sie dachte an ihren Vater. Ruhig atmen. Am besten gar nicht a t men. Achte auf deinen Herzschlag. Schieß zwischen zwei Schl ä gen.
    Sally legte auf den über die Brücke schlendernden Hauser an. Die Brücke schauke l te zwar, aber sie glaubte, dass ihre Chance, einen Treffer zu landen, bei mehr als fünfzig Pr o zent lag. Sie würde noch größer werden, sobald er stehen blieb.
    Hauser ging ungefähr dreißig Meter an die Broadbents heran, dann hielt er an.
    Sie konnte ihn töten - sie würde ihn töten. Sally holte seinen Oberkörper in die Mitte des Fadenkreuzes, drückte aber nicht ab. Stattdessen stellte sie sich die Frage: Was pa s siert, wenn ich Hauser töte?
    Die Antwort war nicht schwierig. Dies hier war nicht der Film Der Zauberer von Oz. Die honduranischen Soldaten auf beiden Seiten der Brücke würden keinesfalls die Waffen strecken und »Lang lebe Dorothy!« rufen. Sie hatte es mit brutalen Söldnern zu tun. Wenn sie Hauser tötete, würden die Männer bestimmt das Feuer eröffnen und sämtliche Broadbents abknallen.
    Sally zählte zehn Soldaten. Vier waren auf ihrer Seite, sechs auf der anderen. Sie hatte keine Chance, alle ausz u schalten. An die auf der anderen Seite - sie waren pra k tisch außer Schussweite - kam sie schon gar nicht heran. Die P a tronenkammer der Springfield enthielt nur fünf Kugeln. Wenn sie verschossen waren, musste sie den Verschluss zurückziehen und die fünf nächsten Patronen mit der Hand einlegen. Ein langwieriges Verfahren. Außerdem verfügte sie ohnehin nur über zehn Schuss.
    Was sie auch tat: Es musste mit fünf Schüssen zu schaffen sein.
    In Sally flammte ein Gefühl von Panik auf. Sie musste sich etwas ausdenken. Sie brauchte einen Plan, der ein Resultat erbrachte, das sie alle überleben ließ. Hauser stolzierte mit einem Gewehr auf ihre Freunde zu. Er hatte eindeutig die Absicht, sie zu töten. Ja, sie würde ihn töten müssen - aber dann war auch für die Broadbents alles aus.
    Ihr Kopf war ein Chaos. Sie durfte keinen Fehler machen. Eine zweite Chance gab es nicht. Es musste beim ersten Mal klappen. Sally ging jede Option durch, die ihr in den Sinn kam, aber alle endeten auf gleiche Weise: mit dem Tod der Broadbents. Ihre Hand zitterte. Hausers Gestalt ruckte im Zielfernrohr. Wenn ich ihn töte, sterben auch sie. Töte ich ihn nicht, sterben sie trotzdem.
    Sally schaute hilflos zu, als Hauser mit der Waffe auf sie zielte. Er lächelte. Er wirkte wie ein Mensch, dem ein Ve r gnügen bevorstand.

79
     
    Tom musterte den über die Brücke kommenden Hauser. Sein Gesicht zeigte ein arrogantes, triumphierendes L ä cheln. Er blieb etwa dreißig Meter vor ihnen stehen und richtete die Mündung seiner Waffe auf Tom. »Rucksack abnehmen und hinlegen.«
    Tom nahm den Rucksack vorsichtig vom Rücken, doch statt ihn hinzulegen, hielt er ihn an einem Riemen über den Abgrund. »Da ist der Codex drin.«
    Hauser feuerte einen Schuss ab, der etwa dreißig Zentimeter vor Tom ein Stück Bambus aus dem Geländer riss. »Hinlegen.«
    Tom

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