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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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Bew e gungen wahr. Vernon und Philip tauchten vor der Brücke zwischen den Bäumen auf. Sie stützten ihren Vater und liefen, so schnell sie konnten. Kurz darauf erschien auch Borabay. Er lag ein Stück hinter ihnen zurück, holte jedoch auf. Ein Feuerstoß fegte über den Fliehenden hinweg und säbelte die Spitzen der hinter ihnen aufragenden Farne ab. Zu spät wu r de Tom klar, dass auch er in der Falle saß. Als eine weitere Salve zwischen den Bä u men hervorkrachte, rannte Tom auf die Flüchtlinge zu. Nun konnte er sehen, dass Hauser einige hundert Meter hinter ihnen war. Er nahm die Seite links von ihnen unter Beschuss und zwang sie so, auf den Abgrund und die Brücke zuzurennen. Tom lief dem Brückenkopf entgegen und erreichte ihn im gle i chen Moment wie die and e ren. Sie duckten sich und hielten an. Das Gewehrfeuer hatte die Soldaten an der anderen Se i te der Brücke alarmiert. Sie waren längst in Deckung g e gangen und bl o ckierten ihnen den Fluchtweg.
    »Hauser will, dass wir auf die Brücke gehen«, schrie Phi l ip.
    Eine erneute Salve rasierte die Blätter eines über ihnen aufragenden Baumes ab.
    »Uns bleibt keine Wahl!«, rief Tom.
    Schon rannten sie, ihren Vater halb tragend, halb ziehend, auf die schaukelnde Brücke. Die Soldaten auf der anderen Seite gingen in die Hocke. Sie blockierten das Ende der Brücke, die Waffen auf die Flüchtlinge gerichtet.
    »Lauft weiter!«, schrie Tom.
    Als etwa ein Drittel der Brücke hinter ihnen lag, feuerten die Soldaten einige Warnschüsse über sie hinweg. Gleic h zeitig wurde hinter ihnen eine Stimme laut. Tom drehte sich um. Hauser und einige weitere Soldaten blockierten nun den Rückweg ans andere Ende der Brücke.
    Sie saßen in der Falle, alle fünf.
    Die Soldaten feuerten noch eine Salve ab, diesmal niedr i ger. Tom hörte die Kugeln wie wütende Bienen an seinen Ohren vorbeizischen. Sie befanden sich nun in der Mitte der Brücke, und ihre Bewegungen ließen die Konstruktion hin und her schwanken. Tom schaute nach hinten, dann nach vorn. Sie blieben stehen. Sie konnten nichts mehr m a chen. Es war aus.
    »Keine Bewegung!«, schrie Hauser ihnen zu. Er trat mit einem Lächeln auf die Br ü cke, seine Waffe auf sie gerichtet. Sie schauten zu, wie er sich ihnen näherte. Tom warf einen kurzen Blick auf seinen Vater. Maxwell Broadbent musterte Hauser ebe n so furchtsam wie hasserfüllt. Seine Miene machte Tom mehr Angst als die Lage, in der sie sich befa n den.
    Hauser blieb etwa dreißig Meter vor ihnen stehen und suchte sich auf der schwa n kenden Brücke einen festen Halt. »Na, so was«, sagte er, »wenn das nicht der alte Max mit seinen drei Söhnen ist! Was für ein schönes Familientreffen.«

78
     
    Während der zwölf Stunden, die Sally hinter dem Baumstamm gelegen hatte, hatten sich ihre Gedanken aus i r gendeinem Grund mit ihrem Vater beschäftigt. Im letzten Sommer seines Lebens hatte er ihr das Schießen beig e bracht. Nach seinem Tod war sie weiterhin zum Üben in die Felsen hinuntergegangen. Sie hatte auf Äpfel und A p felsinen geschossen, später auf kleinere Münzen. Obwohl sie ausgezeichnet traf, ha t te sie mit ihrer Begabung nichts angefangen, denn sie interessierte sich weder für Wet t kämpfe noch für die Jagd. Sie hatte einfach nur Spaß an der Sache gehabt. Manche Menschen gingen gern zum Bo w ling, andere vergnügten sich beim Tischtennis. Sie schoss nun mal gern. In New Haven war dies natürlich das pol i tisch inkorrekteste Talent, das man nur haben konnte. Jul i an war entsetzt gewesen, als er davon erfahren hatte. Sally hatte ihm versprechen müssen, die Schießerei aufzugeben und ni e mandem davon zu erzählen - nicht, weil er etwas gegen Waffen gehabt hätte, so n dern weil sie unter seinem Niveau waren. Julian. Sie verdrängte ihn aus ihren Geda n ken.
    Sally bewegte ihre verkrampften Oberschenkel und Z e hen, damit die steifen Mu s keln sich entspannten. Dann gab sie dem mürrisch in seinem Käfig hockenden Kniich noch ein paar Nüsse. Sie freute sich, dass er ihr in den vergang e nen Stunden Gesel l schaft geleistet hatte, auch wenn seine Laune mies war. Das arme Vieh liebte seine Freiheit.
    Als Knilch warnend quäkte, wurde Sally sofort wachsam. Dann hörte sie es: In der fernen Weißen Stadt gellten Schü s se. Eine Automatikwaffe spuckte eine dumpfe Sa l ve aus, dann noch eine. Mit dem Fernglas suchte Sally den Wald auf der anderen Seite der Schlucht ab. Wieder ertönten Schüsse. Sie wurden immer lauter. Einige

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