Der Codex
zehn.
Skiba wollte sein Unternehmen nicht in den einstelligen Bereich rutschen sehen. Er schaltete den Monitor aus. Sein Blick huschte zu der Holzpaneele, die den Macallan ve r hüllte. Aber dazu war es noch zu früh. Zu früh. Für den Anruf brauchte er einen klaren Kopf.
Es gingen Gerüchte, das Phloxatan sei bei der FDA in Schwierigkeiten. Die Leerverkäufer fielen über die Aktie her wie Maden über eine Leiche. Zweihundert Millionen Dollar Forschung und Entwicklung hatte man in das Med i kament gesteckt. Sie hatten mit den besten medizinischen Wissenschaftlern der drei Ivy-League-Universitäten z u sammengearbeitet. Die streng geheimen Versuche waren gut gelaufen, man hatte die Daten in die bestmögliche Form gebracht und aufbereitet. Sie waren ihren Freunden bei der FDA um den Bart gegangen wie noch nie. Doch jetzt war das Phloxatan nicht mehr zu retten. Wie man die Daten auch drehte, das Medikament war ein Flop. Jetzt saß Skiba auf sechs Millionen Lampe-Aktien, die er nicht loswerden konnte - niemand hatte vergessen, was mit Martha Stewart passiert war - und auf zwei Millionen Optionen, die so wertlos waren, dass sie als Toilettenpapier in seinem Carr a ra-Marmorbad nützlicher gewesen wären.
Skiba hasste Leerverkäufer mehr als alles auf der Welt. Sie waren die Geier, die Maden, die Aasfliegen des Marktes. Er hätte alles dafür gegeben, um zu sehen, dass die Lampe-Aktie sich gegen sie wandte und stieg. Er hätte gern ihre Panik gesehen, wenn sie gezwungen wären, ihre Positionen zu schützen. Er hätte gern an all die Anrufe gedacht, die sie zum Nachschuss aufforderten. Es wäre wunderschön g e wesen. Sobald er den Codex in die Hände bekam und das bekannt machte, würden diese wunderschönen Dinge wahr werden. Die Leerverkäufer würden sich so schlimm verbrennen, dass es Monate, wenn nicht gar Jahre dauern würde, bis sie sich erholten.
Das Schreibtischtelefon erzeugte ein leises Trillern. Skiba schaute kurz auf seine Armbanduhr. Das Satellitengespräch kam pünktlich. Eigentlich gefiel es ihm gar nicht, mit Ha u ser zu reden. Er verabscheute diesen Menschen und seine Prinzipien. Aber er musste sich mit ihm abgeben. Hauser hatte darauf bestanden, ihn auf dem Laufenden zu halten. Obwohl Skiba ein Geschäftsführer war, der in der Regel nicht lange fackelte, hatte er gezögert. Es gab Dinge, die besser im Dunkeln blieben. Am Ende hatte er jedoch zug e stimmt - wenn auch nur, um Hauser daran zu hindern, e t was Dummes oder Ungesetzliches zu tun. Wenn er den Codex bekam, musste er sauber sein.
Skiba nahm den Hörer ab.
»Skiba.«
Hauser klang aufgrund der Verschlüsselung fast wie Donald Duck. Wie üblich vergeudete der Privatdetektiv keine Zeit mit Nettigkeiten.
»Maxwell Broadbent ist mit einer Truppe Hochlandindianer den Rio Patuco hinaufgefahren. Wir sind auf seiner Spur. Wir wissen zwar noch nicht, wo sein Ziel lag, aber ich schätze, es wird irgendwo im Inlandgebirge sein.«
»Gibt's irgendwelche Probleme?«
»Vernon, einer seiner Söhne, hat sich vorgedrängelt und ist uns ein Stück voraus. Könnte aber gut sein, dass der Dschungel das Problem für uns erledigt.« »Ich verstehe nicht.«
»Er hat in Puerto Lempira zwei Trunkenbolde als Führer angeheuert und sich im Meambar-Sumpf verirrt. Ist u n wahrscheinlich, dass sie den ... ähm ... Sonnenschein je wi e der sehen.«
Skiba schluckte. So viele Informationen hatte er eigentlich gar nicht haben wollen. »Hören Sie, Mr. Hauser, bleiben Sie einfach bei den Fakten und überlassen Sie die Meinungen den anderen.«
»Wir hatten einen kleineren Rückschlag mit Tom, dem anderen Sohn. Er hat eine Frau bei sich, eine Doktorandin aus dem Bereich Ethnopharmakologie von der Universität Y a le.« »Ethnopharmakologie? Weiß sie von dem Codex?« »Da können Sie Ihren Arsch drauf wetten.« Skiba zuckte z u sammen. »Das ist aber sehr lästig.« »Yeah, aber nichts, w o mit ich nicht fertig würde.« »Hören Sie, Mr. Hauser«, sagte Skiba schroff. »Ich überlasse alles Ihren kompetenten Hä n den. Ich muss jetzt zu einer Konferenz.«
»Man wird sich um diese Leute kümmern müssen.« Es behagte Skiba nicht, dass das Thema damit nicht abgeschlossen war. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, und ich möchte es auch gar nicht wissen. Ich bin zufrieden, wenn Sie sich um die Einzelheiten kümmern.«
Am anderen Ende ertönte ein leises Kichern. »Wie viele Menschen sterben in diesem Moment in Afrika, weil Sie darauf bestehen, dreiundzwanzigtausend
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