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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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in Brus?«
    »Das haben wir auch noch nicht entschieden.«
    »Es geht nichts über Vorausplanung«, sagte John. »Na ja, es gibt da ohnehin nur ein Hotel, das La Perla.«
    »Wie viele Sterne hat es im Michelin?«
    John lachte kurz. Dann öffnete er die Passagierluke, schwang die Treppe ins Freie, und sie kletterten an Bord. John folgte ihnen. Als er hereinkam, glaubte Tom einen leichten Hauch von Marihuana zu riechen. Großartig.
    »Wie lange fliegen Sie schon?«, wollte er wissen.
    »Zwanzig Jahre.«
    »Hatten Sie schon mal einen Unfall?«
    »Einmal. Hab in Paradiso ein Schwein angefahren. Ein paar Scherzkekse hatten die Landebahn nicht gemäht, und das blöde Vieh schlief im hohen Gras. Es war ein riesiges Schwein.«
    »Haben Sie eine Instrumentbewertung?«
    »Na ja, sagen wir mal, ich weiß, wie man Instrumente bedient. Hier gibt's wenig Bedarf für amtliche Bewertungen; jedenfalls nicht bei Buschfliegern.«
    »Haben Sie einen Flugplan eingereicht?«
    John schüttelte den Kopf. »Ich brauch doch nur an der Küste entlangzufliegen.«
    Die Maschine hob ab. Es war ein herrlicher Tag. Sally war ganz aufgeregt, als sie in die Kurve gingen und der Sonnenschein über der Karibik schillerte. Sie folgten der tief liegenden, flachen Küste mit den zahlreichen Lagunen und den vor dem Festland liegenden Inseln; sie muteten wie grüne Dschungelteile an, die vom Hauptland abgebrochen und ins Meer hinausgetrieben waren. Sally konnte erkennen, wo die Straßen ins Landesinnere verliefen, wo sie an unrege l mäßig geformte Felder oder gezackte Flecken grenzten, an denen man erst kürzlich Bäume gefällt hatte. Tief im Innern sah sie eine gezackte Reihe blauer Berge, deren Gipfel bis in die Wolken reichten.
    Sally warf Tom einen Blick zu. Die Sonne hatte sein hellbraunes Haar gebleicht und mit Gold gesprenkelt. Er war hager, hoch gewachsen, drahtig und bewegte sich auf eine cowboyhafte Art, die ihr gefiel. Sie fragte sich, wie jemand hundert Millionen Dollar einfach so verschmähen konnte. Das hatte sie mehr beeindruckt als alles andere. Sie war lang genug auf dieser Welt, um zu wissen, dass Leute mit Geld sich viel mehr um ihre Finanzen sorgten als jene, die keines hatten.
    Tom wandte sich um und schaute sie an. Sally lächelte schnell und blickte wieder aus dem Fenster. Je weiter die Küste nach Osten verlief, desto wilder wurde die Lan d schaft unter ihnen und die Lagunen weitläufiger und ko m plizierter. Schließlich kam die bisher größte Lagune ins Blickfeld. Sie war mit Hunderten von winzigen Inseln g e sprenkelt. Ein großer Fluss mündete in das gegenüberli e gende Ende. Als sie zum Anflug abdrehten, sah Sally dort, wo der Fluss sich mit der Lagune verband, eine Ortschaft; eine Ansammlung glänzender Blechdächer, von einem Wirrwarr unregelmäßiger Felder umgeben. Sie lagen wie zerrissene Lumpenfetzen auf der Landschaft. Der Pilot b e schrieb einen Kreis, dann hielt er auf den Landeplatz zu, der sich, als sie näher kamen, als Wiese entpuppte. Er setzte nach Sallys Ansicht sehr schnell zur Landung an, und o b wohl sie dem Boden immer näher kamen, schien die M a schine weiter zu beschleunigen. Sally hielt sich an den Sit z lehnen fest. Die Landebahn raste unter ihnen dahin, aber die Maschine ging nicht tiefer. Dann sah sie, wie die Mauer aus Dschungellaubwerk am anderen Ende mit höchster G e schwindigkeit auf sie zu kam.
    »Herrgott«, rief Sally. »Sie schießen über die Landebahn hinaus!«
    Die Maschine stieg schnell und leicht wieder hoch. Der Dschungel flog unter ihnen dahin. Die Baumwipfel waren kaum fünf Meter unter ihnen. Als sie aufstiegen, hörte Sally Johns trockenes Lachen in ihrem Kopfhörer. »Immer mit der Ruhe, Sal. Ich bin nur mal über die Landebahn gefegt, um sie zu säubern. Ich hab meine Lektion nämlich gelernt.«
    Als die Maschine abschwenkte und erneut zur Landung ansetzte, lehnte Sally sich zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Nett von Ihnen, dass Sie uns wa r nen.«
    »Ich hab euch doch von dem Schwein erzählt ...«
    Sie bezogen in der Stadt im La Perla Quartier, einer Kli n kerhütte, die sich Hotel nannte. Dann gingen sie zum Fluss hinunter, um zu schauen, wo man ein Boot mieten konnte. Sie schlenderten durch die schmutzigen Gassen von Brus. Es war Nachmittag, die Hitze hatte die Luft lustlos und tot gemacht. Alles war still, am Boden standen Unmengen dampfende Pfützen. Der Schweiß lief Sally aus den Ärmeln, am Hals hinab und zwischen ihre Brüste. Sie hatte den Ei n

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