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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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Sie haben das Fleisch rings um den Schlangenbiss gefressen. Sie wurden ebenfalls ve r giftet. Die Tiere, die diese Fische fressen, werden ebenfalls eingehen.«
    Chori schob die Leiche mit der Stake fort. Sie paddelten weiter.
    »Hier ist kein guter Ort zum Sterben. Vor dem Einbruch der Nacht müssen wir hier raus sein. Ich möchte dem Geist des Mannes aus Lempira nicht im Traum begegnen, wenn er mich nach der Richtung fragt.«
    Tom antwortete nicht. Der Anblick der Leiche hatte ihn erschüttert. Er versuchte, das Gefühl einer bösen Vorahnung niederzuringen. Vernon, der leicht in Panik geriet und schnell durcheinander zu bringen war, musste inzwischen schon ein Nervenbündel sein. Herrgott, vielleicht war er längst tot.
    »Ich weiß auch nicht, warum sie nicht gewendet und diese Gegend verlassen haben. Vielleicht ist ein Dämon in ihren Einbaum gefahren und flüstert ihnen Lügen ins Ohr.«
    Sie fuhren weiter, doch nun viel langsamer. Der Sumpf war endlos, das Boot schrammte über den verschlammten Boden und lief regelmäßig auf, sodass sie aussteigen und es anschieben mussten. Oftmals mussten sie alle Nase lang kehrtmachen und umständlich gewundenen Kanälen fo l gen. Am späten Nachmittag hob Don Alfonso die Hand. Chori hörte auf zu paddeln, und sie lauschten. Tom ve r nahm in der Ferne eine Stimme, die völlig außer sich klang. Da schrie jemand geradezu hysterisch um Hilfe.
    Er sprang auf und legte die Hände an den Mund. »Vernon!«
    Urplötzlich machte sich Stille breit.
    »Vernon! Ich bin's, Tom!«
    Verzweifelte Schreie echoten nun zwischen den Bäumen her, sie waren verzerrt und unverständlich.
    »Er ist es«, sagte Tom. »Wir müssen uns beeilen.«
    Chori paddelte vorwärts, und bald sah Tom im Zwielicht des Sumpfes die schwachen Umrisse eines Einbaums. J e mand hockte schreiend und gestikulierend am Bug. Es war Vernon. Er war völlig am Ende, aber immerhin noch lebe n dig.
    »Schneller!«, schrie Tom.
    Chori legte sich ins Zeug. Sie erreichten das Boot, und Tom zog Vernon in das ihre herüber.
    Vernon brach in den Armen seines Bruders zusammen. »Sag mir, dass ich nicht tot bin!«, rief er.
    »Es ist alles in Ordnung mit dir. Du bist nicht tot. Wir sind doch da.«
    Vernon brach schluchzend zusammen. Tom umarmte ihn und hatte plötzlich das Gefühl, dies schon einmal erlebt zu haben: Ihm fiel der Tag ein, an dem Vernon von der Schule nach Hause gekommen war. Eine Schlägerbande hatte ihn verfolgt. Damals hatte er sich ebenso in Toms Arme geworfen, sich an ihm festgeklammert und haltlos geweint. Sein dürrer Körper hatte gezittert. Tom war hinausgegangen und hatte die Jungs verdroschen. Er, der Jüngere, hatte die Streitigkeiten seines älteren Bruders geregelt.
    »Es ist in Ordnung«, sagte Tom. »Es ist alles in Ordnung. Du bist in Sicherheit.«
    »Gott sei Dank. Gott sei Dank. Ich war mir sicher, dass mein Ende bevorsteht...« Vernons Stimme erstarb mit e i nem würgenden Laut.
    Tom half ihm, sich hinzusetzen. Vernons Aussehen erschreckte ihn: Insektenstiche hatten sein Gesicht und seinen Hals anschwellen lassen. Da er sich gekratzt hatte, war er mit Blut verschmiert. Seine Kleidung war unbeschreiblich schmutzig, sein Haar verfilzt und dreckig. Er war dünner als je zuvor.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Tom.
    Vernon nickte. »Abgesehen davon, dass ich bei lebend i gem Leib gefressen wurde, geht es mir gut. Ich hab nur Angst.« Vernon wischte sich das Gesicht mit einem Ärmel ab, der mehr Schmutz hinterließ als entfernte. Er würgte einen weiteren Schluchzer hervor.
    Tom nahm sich einen Augenblick Zeit, um seinen Bruder anzusehen. Vernons geistiger Zustand gefiel ihm weniger als sein körperlicher. Sobald sie wieder im Lager waren, wollte er ihn in Pingos Begleitung in die Zivilisation z u rückschicken.
    »Don Alfonso«, sagte Tom. »Lassen Sie uns das Boot wenden und von hier verschwinden.«
    »Aber der Lehrer«, sagte Tom.
    Tom hielt inne. »Der Lehrer?«
    Vernon deutete auf den anderen Einbaum. »Er ist krank.«
    Tom beugte sich über Bord und schaute in das Boot, in dem Vernon gehockt hatte. In einem durchweichten Schla f sack am Boden, von einem Chaos aus Ausrüstungsgege n ständen und durchnässten Vorräten fast versteckt, fiel sein Blick auf das geschwollene Gesicht eines bärtigen Mannes mit einer wilden weißen Haarmähne. Er war bei vollem Bewusstsein und stierte Tom wortlos aus niedergeschlag e nen blauen Augen an.
    »Wer ist das?«
    »Mein Lehrer aus dem Ashram.«
    »Was macht

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