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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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verblieben war, an
der Wand aufzusetzen. Erfolglos.
    Als Kaims
Oberkörper zum wiederholten Mal auf die Seite kippte, beugte sich Georg Fiesder
zu ihm hinunter und schaute ihm streng in die verquollenen Augen. »Du, horch
amal, Albrecht, wo issn mei Hubschrauber?«
    Kaim
brachte etwas heraus, was sich so ähnlich anhörte wie: »Loofdinden, urschd,
inken. Loofdinden.« Jedem seiner Worte folgte eine kleine, feine Staubwolke.
    Georg
Fiesder konnte mit derlei undeutlicher Aussprache nicht das Geringste anfangen.
Vielmehr steigerte er sich in einen für seine Untergebenen allseits bekannten Zustand
hinein, der gemeinhin als »net gut drauf« bezeichnet wurde.
    »Loofdinden?
Was soll des denn etzerd haasen, Albrecht? Des is doch kaa Deudsch. Jetzt reiß
dich amal zam und sach mir, wo mei Hubschauber is, Herrschaftsakrament! Und
zwar bidde so, dass mer des a versteht! Oder is des dei komisches
Biloden-Englisch?«
    Die Adern
am Hals des Angesprochenen traten vor lauter Anstrengung hervor. Kaim machte
einen erneuten Versuch trotz des Staubes, der sich in seinem Mund befand,
deutlich zu sprechen. »Glaud. Fodflogn, fodflogn. Glaud. Bemd Schid fodflogn«,
krächzte er, während sein Gesicht die Farbe von Roter Beete annahm und seine
Augen Anstalten machten, sein Gesicht fürderhin als Trabanten zu umkreisen.
    »Bemd
Schid? Is des a Israeli, oder was? Mensch, Albrecht, jetzt red halt amal
Deudsch, sonst wer ich fei echt sauer!« Wütend packte Georg Fiesder seinen Hut
und begann in dem beengten Raum auf und ab zu laufen, während Kaim es endlich
schaffte, sich an der Wand in eine Art Sitzhaltung hochzuarbeiten.
    Er pumpte
wie ein Maikäfer auf dem Rücken, vor seinen Augen erschienen
ineinanderfließende Punkte, hinter denen sein Herr und Meister wutentbrannt auf
und ab stolzierte, irgendetwas von unfähigen Mitarbeitern und alles selber
machen müssen vor sich hin murmelte und schließlich mit seinem schwarzen Hut
mehrfach gegen den unschuldigen Benzintank schlug. Dann kam er wieder auf den
armen Kaim zu, bückte sich und packte ihn am Kragen.
    »Und wann
is dieser Bemd Schid ford, Albrecht? Los, sach hald! Seit wann isser denn scho
ford mit meim Heli? Hä, wann war des?«
    Albrecht
Kaim schluckte zwei Mal krampfhaft Staub hinunter, bevor er ein letztes Mal
versuchte sich halbwegs verständlich zu artikulieren. »Esdern. Esdern.
Fff … eieramend, unkel, naffd. Ffffeieramend, esdern.«
    Fiesder
stand kurz vor einer Explosion, die die Welt noch nicht gesehen hatte –
und der liebe Albrecht erst recht nicht. Ganz offensichtlich wollte der ihn
verarschen. Das hier war doch kein Ratespiel für fränkische Analphabeten.
Mühsam beherrschte sich Fiesder und tätschelte intensiv die Wange seines
Piloten, denn der machte allen Ernstes Anstalten, sich in den Schlaf zu
verabschieden. Und das während der Arbeitszeit! »Albrecht!«, schrie Fiesder ihm
direkt ins Ohr. »Albrecht, wie viel Stunden is des jetzt her? Verstehst
du – Stunden!«
    Der Pilot
konnte nur noch mit Mühe die Augen offen halten. »Geine Ahng, geine Ahng.
Esdern, unkel, naffd.«
    Das
war’s. Georg Fiesder war bedient. Albrecht Kaim konnte oder wollte ihm, seinem
Chef und Lohnbezahler, nichts sagen. Wieder mal ein Mitarbeiter, den er als
unfähig abhaken konnte. Also gut. Der Akku seines Handys war leer, und das
Firmentelefon im Büro war von diesem Unbekannten zerstört worden. Er würde
jetzt zur Polizei fahren müssen, um den Diebstahl zu melden. Und wehe, er würde
diesen Bemd Schid jemals in die Finger bekommen.
    Bevor er
dieses Ansinnen allerdings in die Tat umsetzte, ging er noch einmal ins Büro
zurück und öffnete dort einen kleinen Schrank. Darin hingen sauber in einer
Reihe etwa fünfzehn exakt gleich aussehende schwarze Hüte. Er suchte sich einen
aus und warf den alten verstaubten aus dem Benzinraum in den Abfalleimer.
Während er aus der Halle hinausstürmte, konnte er hinter sich noch die
verzweifelte Stimme seines Piloten Albrecht Kaim vernehmen, der schon wieder
irgendetwas Undefinierbares daherkrächzte: »Looofdinden, Looofdinden!«
    Doch
Georg Fiesder war in Eile und hatte auch keine Lust mehr, sich mit den
Problemchen seines Mitarbeiters zu beschäftigen. Er hoffte für seinen Albrecht
nur, dass die Halle und der Benzinraum aufgeräumt waren, wenn er zurückkam,
sonst würde er ihm was erzählen.
    Er lief
um den Hangar herum in eine zweite, kleinere Halle, die vor einiger Zeit
angebaut worden war, und fummelte ungeduldig mit seinem

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