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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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ihn fröhlich an und hielt ihm eine Flasche Bier hin.
    »Und, wie
war’s? Erzähl. Übrigens auch schö, dass du noch leben dusd, echt glasse!«
    Vorsichtig
richtete Skipper sich auf. HG ? Der Typ hatte ihn HG genannt. Türen seiner Erinnerung wurden geöffnet,
Mauern eingerissen, eine weitere Kammer mit Licht geflutet. Fassungslos nahm er
das ihm gereichte Bier und betrachtete den Mann: Jeans, Cowboystiefel und eine
sehr neu wirkende, übergroße Sonnenbrille.
    »Bernd?«,
brach es aus ihm hervor.
    »Genau
der«, antwortete Lagerfeld lachend. »Mensch, bin ich froh, dass du endlich da
bist! Ich wart fei jetzt seid fast vier Tagen weg. Jeden Tag Fisch und ohne
gscheites Bier. Die Brüh da is ja zum Abgewöhna. Ich hab scho gedacht, du
kommst gar nimmer. Des war heut deine letzte Chance, Alter. Wärst du heut net
aufgetaucht – aber etzerd du mer erscht amal was drinken. Auf deine
wohlbehaldene Rückkehr. Prost!« Er hob das Fläschchen mit dünnem norwegischem
Bier in die Höhe.
    Der
frisch namensgekürte, immer noch sprachlose HG tat es ihm verdattert gleich. Während ihm das Bier die Kehle hinunterrann,
hatte er Zeit, um nachzudenken. Er hatte den Mann sofort erkannt und gespürt,
dass es eine positive Verbindung mit diesem Bernd gab. Er konnte ihm vertrauen.
Aber wer war er? Woher kannte er ihn? Und wieso war er hier? Es war an der
Zeit, das herauszufinden.
    Als beide
die kleine Flasche in einem Zug geleert und gleichzeitig wieder abgesetzt
hatten, wich die spontane Wiedersehensfreude aus Lagerfelds Gesicht, und sein
besorgter Blick schweifte von rechts nach links über die Uferpromenade. Als er
nicht das fand, wonach er suchte, verdüsterte sich sein Gesicht.
    »Ich
weiß, du hast keinen Plan, HG , weil dir die Typen
die Festplatte gelöscht und poliert haben. Aber ich muss dir diese Frage
stellen: Wo sind Ewald und Marit?«
    Der
Kommissar konnte seinem alten Freund ansehen, dass er keine Ahnung hatte, wovon
er sprach. Dann, gerade als er die Frage ausführlicher wiederholen wollte, ging
eine drastische Veränderung mit dem großen kräftigen Mann vor. Sein Gesicht
wurde maskenhaft starr. Es schien, als ob die Erinnerung erst langsam, dann
aber gewaltig über ihn kam. Tränen liefen sein Gesicht hinunter, und HG s durchtrainierter Körper bebte in einem lautlosen
Weinkrampf. In seinen Augen spiegelte sich abgrundtiefe Traurigkeit.
    Spontan
nahm Lagerfeld den alten Freund in den Arm. Der ließ es willenlos geschehen.
Als HG sich wieder einigermaßen im Griff hatte,
drehte Lagerfeld sich um und winkte der jungen Frau, die sich bisher dezent im
Hintergrund gehalten hatte. Sie erhob sich von einer Bank und kam mit ernster
Miene auf sie zu. HG schaute sie verständnislos
an.
    » HG , darf ich vorstellen? Das ist Tina«, erklärte
Lagerfeld.
    HG zuckte zusammen. Er
wusste, wer sie war. Und da er auch wusste, was sie ihn gleich fragen würde,
stiegen ihm erneut die Tränen in die Augen.
    »Wo ist
mein Vater? Wo ist Ewald, Hans Günther? – Und wo ist deine Marit?«, fügte
sie leise hinzu.
    Lagerfeld
packte HG an den Schultern und schüttelte ihn, so
fest er konnte. HG leistete keinen Widerstand.
    »Jetzt
red schon, Alter!«, rief Lagerfeld so laut, dass die ersten norwegischen
Sonnenanbeter sich nach ihnen umdrehten. Der Kommissar ließ nicht locker,
drosselte aber seine Stimme. Das, was er und Tina wissen wollten, war nun
wirklich nicht für die Allgemeinheit bestimmt. Lagerfeld musterte den
bedauernswerten HG . Es würde nicht mehr lange
dauern, dann würde ihm der Typ hier umkippen. »Eure Nummer da oben ist
gründlich schiefgelaufen, richtig?«
    Stumm
blickte ihn der gepeinigte HG aus tränennassen
Augen an.
    Dann
ergriff die junge Frau wieder das Wort. »Das heißt, du bist allein
zurückgekommen?«, stellte sie mit mühsam beherrschter Stimme fest.
    HG nickte, und Lagerfeld und
Tina wussten, was das zu bedeuten hatte.
    »Scheiße«,
rutschte es Lagerfeld heraus, und auch Tina fand, dass damit die Situation
allumfassend beschrieben war. »Dann geht’s jetzt erst richtig los.«
    Georg
Fiesder war stinksauer. Seit einer halben Stunde stand er in aller
Herrgottsfrühe auf seiner Baustelle in Naisa nahe Litzendorf und versuchte
seinen Hubschrauber anzufordern. Aber er konnte es versuchen, so lange er
wollte, niemand hatte das Bedürfnis, mit ihm zu sprechen. Sein Pilot schien
noch im Tiefschlaf zu verweilen, ans Handy ging er jedenfalls nicht, und auch
das Telefon am Hubschrauberlandeplatz klingelte sich schier

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