Der Cop und die Lady
abgesteckten Grenzen und ohne hohe gegenseitige Erwartungen.
Wenn eine Frau mehr von ihm wollte, als er zu geben bereit war, hatte er die Sache klargestellt; jedes Spiel, das er spielte, hatte seine festen Spielregeln. Bis er dieser Frau begegnete, die all seine Spielregeln über den Haufen warf. Die ihn dazu brachte, mit seinen Grundsätzen zu brechen. Die ihn mit schönen Worten von Liebe und Vertrauen in ihren Bann zog und die es schaffte, dass er, der Skeptiker, plötzlich alle Vorsätze über Bord warf und an die große Liebe zu glauben begann. Nun, heute wusste er es besser. Alles Vertrauen, alle Liebe waren wie weggeblasen, als sie den Abzugshahn spannte. Aber es war nicht Mike gewesen, den die Kugeln zerfetzten …
Nur mit Mühe riss er sich aus seinen düsteren Gedanken und sah Nina an. Seit der Sache mit Karen war viel Zeit ins Land gegangen. Das Wort Verlangen war seitdem ein Fremdwort für ihn. Und nun verspürte er dieses Gefühl plötzlich wieder - Verlangen - es war so stark, dass es fast weh tat. Und ebenso wie bei Karen wusste er auch jetzt wieder, wie gefährlich das war. Verdammt gefährlich.
Nina spürte, dass er sie ansah. Als sie die Lider hob, blickte sie direkt in seine Augen. Sie wünschte sich, sie könnte die Farbe genau benennen. Aquamarin?
Nein, das Blau war tiefer. Lapislazuli? Auch nicht, es war klarer, leuchtender.
Saphir? Schon eher, aber das Funkeln dieses Edelsteins wirkte im Vergleich zu dem Strahlen von Mikes Augen um vieles lebloser und kälter. In den paar Stunden, die sie ihn kannte, hatte sie schon die verschiedensten Veränderungen in seinen Augen mitbekommen. Es gab die Momente, in denen humorvolle Fünkchen in ihnen tanzten, dann wieder - zum Beispiel, wenn er versuchte, sie zu trösten - legte sich ein samtweicher Schleier über sie, oder aber sie erstarrten zu funkelnden Eiskugeln, wenn er wütend war. Sie fragte sich, welche Ausdrucksmöglichkeiten diesen Augen wohl sonst noch zu Gebote standen. Wie mochten sie aussehen, wenn sie angefüllt waren mit Leidenschaft? Ob er sie beim Küssen zumachte? Sie schüttelte ganz leicht den Kopf, um die unerwünschten Bilder aus ihrer Phantasie zu verdrängen.
„Erzählen Sie mir, was Sie von mir wissen”, forderte sie ihn auf. „Ich bin sicher, dass Sie mich bereits genauestens durchleuchtet haben. Was wissen Sie von mir?
Ich muss alles erfahren. Und für Sie macht es keinen Unterschied, ob Sie es mir erzählen oder nicht. Wenn ich die Amnesie nur vortäusche”, hier hob sie den Kopf, um ihm in die Augen zu schauen, und sein Herz machte einen seltsamen kleinen Satz, als er den Anflug von Verachtung und Verletztheit in ihrem Blick wahrnahm, „weiß ich sowieso alles”, fuhr sie fort, „und wenn nicht, können Sie mir auf diese Weise helfen.”
Er nickte. „Ihr Wunsch ist nur allzu verständlich. Ich werde Ihnen alles erzählen, was ich weiß. Allerdings ist es nicht sehr viel, weil von Ihnen kein Strafregister existiert.”
Wenigstens ein kleiner Trost, dachte sie. In was für einer Sache sie auch jetzt drinstecken mochte, eine Gewohnheitsverbrecherin war sie zumindest nicht. „Und sonst?”
„Sie leben seit mehr als vier Jahren in dieser Wohnung. Bei Abschluss des Mietvertrags haben Sie als Referenzen einige Universitätsprofessoren angegeben.
Sie sind nicht verheiratet.”
Er zögerte einen Moment. „Aber vielleicht haben Sie ja einen Freund.” Sein Tonfall klang plötzlich hölzern. „Das kann ich Ihnen leider nicht sagen.”
Nina nickte. „Schätze, das lässt sich rausfinden”, erwiderte sie, wobei sie hoffte, dass ihre Stimme nichts preisgab von der Leere, die sie plötzlich in sich verspürte.
Es war nicht der Gedanke, allein zu sein. Damit glaubte sie umgehen zu können.
Es war vielmehr die Unsicherheit, die ihr zu schaffen machte. Ein seltsames Gefühl, wenn man selbst über die intimsten Dinge in seinem eigenen Leben nichts wusste.
„Genau. Das werden wir herausfinden”, stimmte Mike zu. Nina tat so, als hätte sie nicht bemerkt, dass er das Pronomen gewechselt hatte.
„Ansonsten kann ich Ihnen noch erzählen, wo Sie arbeiten”, fuhr Mike nun fort.
Um die Spannung zu erhöhen und ihre Reaktion besser einschätzen zu können, legte er eine längere Pause ein. Dann ließ er seine folgenden Worte wie Steine in das Schweigen fallen. „Die Firma heißt Zakroff und Duchesne.”
Aus irgendeinem ihr unbekannten Grund stellten sich bei Nina plötzlich die Nackenhaare auf. Fast schien es ihr,
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