Der Cop und die Lady
sehen.
„Hab’ ich ja. Aber nachdem lä ngere Zeit nichts zu hören war, dachte ich …”
„Nein. Sie haben eben nicht gedacht. Das nächste Mal tun Sie bitte, was ich Ihnen sage, ja?” Sein Lächeln nahm seinen Worten die Schärfe. Sie wusste, dass er recht hatte, er war in diesem Fall der Experte.
„Okay. Tut mir leid. Aber was ist denn los hier? Ist irgend jemand in meiner Wohnung?”
„Nein. Zumindest nicht mehr. Allerdings habe ich den Eindruck, als hätte man Ihnen einen Besuch abgestattet… und falls nicht, sind Sie eine gottserbärmliche Hausfrau.”
Das konnte nicht ihr Zuhause sein. Nina stand wie zur Salzsäule erstarrt auf der Schwelle und starrte entsetzt auf ein heilloses Durcheinander. Die Bilder hingen, soweit sie überhaupt noch hingen, schief an den weißen Wänden, aus dem Eichenregal waren die Bücher und Kassetten herausgezerrt worden und lagen über den sandfarbenen Teppichboden verstreut. Aus einem aufgeschlitzten Sofakissen quoll die Füllung, und die Zimmerpflanzen hatte man aus ihren Töpfen gerissen. Stumm vor Entsetzen watete Nina durch das Chaos ins Nebenzimmer, das sich als das Schlafzimmer herausstellte. Der Alptraum ging weiter. Aus dem breiten Bett hatte man das taubengraue Laken herausgerissen und zu Boden geworfen, Kissen und Zudecke waren aufgeschlitzt, und nur die Federn erinnerten daran, wozu die Sachen früher einmal gedient hatten. Die Schränke und Kommoden standen offen, Kleider, Dessous, Schuhe und Strümpfe fanden sich in trautem Verein mit den zu dicken Haufen geballten Bettfedern.
Nina wandte sich wie vor den Kopf geschlagen ab und ging zurück ins Wohnzimmer. Auf der gegenüberliegenden Seite war ein Torbogen, durch den man in eine kleine gelb gekachelte Küche kam. Auch hier hatte man die Schränke aufgerissen, Töpfe und Geschirr türmten sich auf dem Fußboden zwischen Nudeln, Cornflakespackungen, Konservendosen, Gewürzgläsern und Besteck.
Dies alles war garniert mit der Blumenerde der Zimmerpflanzen, die der Eindringling auch hier überall verstreut hatte.
Nina war wie betäubt. Sie wusste zwar nicht, was sie erwartet hatte, aber ganz sicher nicht ein solches … Tohuwabohu. Sie hatte gehofft, dass ihr ihr Zuhause einen Hinweis darauf geben würde, wer sie war. Und dass sie sich hier sicher und geborgen fühlen könnte. Statt dessen stand sie nun in einer Wohnung, die den Eindruck erweckte, als sei ein Hurrikan über sie hinweggefegt.
Sie hätte am liebsten laut herausgeschrien. Oder geweint. Aber sie nahm sich zusammen und holte nur tief Luft. Mike beobachtete sie besorgt. „Ich muss mir wirklich eine neue Putzfrau suchen”, versuchte sie zu scherzen. Er grinste.
„Gut gebrüllt, Löwe”, sagte er. „Ich weiß, dass es hart ist, aber Sie kommen schon klar damit.”
„Damit? Womit? Was geht hier vor, Mike?”
„Irgend jemand hat Ihre Wohnung durchsucht. Und zwar vor noch nicht allzu langer Zeit, da die Zimmerpflanzen noch nicht verwelkt sind. Wer auch immer es war, er war offensichtlich in Eile.”
„Ein Einbrecher?”
„Keine Ahnung.” Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Das Türschloß ist nicht aufgebrochen, entweder hat man einen Dietrich verwendet, oder jemand hatte einen Schlüssel. Dass es ein Profi war, glaube ich nicht. Er hätte nicht solch ein heilloses Durcheinander veranstaltet. Diese Leute suchen nach Geld und Schmuck, aber dafür ist es nicht notwendig, Decken und Kissen aufzuschlitzen oder die Pflanzen aus ihren Töpfen zu reißen. Auch dass Ihre teuere Stereoanlage noch da ist, spricht dagegen.” Er machte eine Pause und sah sich um. „Nein, meiner Meinung nach hat hier jemand ganz gezielt nach irgendeiner Sache gesucht.” Er ließ seine Worte einige Zeit wirken. „Haben Sie eine Idee wonach?”
„Nein. Und um Ihrer Frage zuvorzukommen, ich weiß auch nicht, wer außer mir noch einen Schlüssel zu meiner Wohnung hat. Ich habe nämlich eine Amnesie, falls Sie sich erinnern.”
„Ja, ich erinnere mich.” Er hüllte sich einige Zeit in Schweigen. „Hören Sie, mir ist klar, dass Sie irgendwann hier Ordnung schaffen müssen, aber ich halte es für besser, wenn Sie erst mal alles so lassen, wie es ist. Ich werde die Jungs von der Spurensicherung benachrichtigen. Vielleicht haben wir ja Glück. Was halten Sie davon, wenn wir solange essen gehen? Und dann kommen wir hierher zurück, und ich helfe Ihnen, Ihre Wohnung in ihren Urzustand zurückzuversetzen, einverstanden?”
Nina sah sich um. Ihre Wohnung, ihr
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