Der Countdown
Wagen gekommen sind.”
“In einem meiner Jobs tanke ich Mietwagen am Flughafen auf. Ich habe ihnen den Tank gefüllt und ihre Frontscheibe gewischt. Und dann den Weg zur Trans-Canada erklärt. Meine Fingerabdrücke sind auf vielen Autos, aber das wissen Sie ja längst.”
Stimmt, das wusste Graham.
Er wusste auch, dass Bicks Haus gerade durchsucht worden war.
“Neil, erzählen Sie mir von den vier Laptops, die wir bei Ihnen gefunden haben.”
“Ich repariere sie für Bekannte aus meiner Kirchengemeinde. Ich habe in Stony Informatik studiert. Die Sozialarbeiter von der Kirche haben mich hierher geschickt. Neuer Ort, neuer Anfang und so.”
Bick tippte die Asche in die leere Getränkedose, die Graham ihm reichte.
Ray Tarvers Laptop war nicht unter den vier Geräten gewesen, die sie in Bicks Wohnung gefunden hatten. Keines der Modelle und keine der Seriennummern waren auch nur ähnlich. Tatsächlich gehörten sie alle Kirchenmitarbeitern, die Bicks Angaben mittlerweile bestätigt hatten.
Und die Mounties in Banff hatten Graham angerufen, nachdem sie dem Personal im Tree Top Restaurant ein Bild von Bick gezeigt hatten. Auch Carmen Navales.
“Niemand weiß, ob Bick der Mann war, der mit Ray Tarver zusammensaß.”
Am späten Nachmittag hatte Graham Bicks Verbleib zum Zeitpunkt der Tragödie geklärt. Er war nicht einmal in der Nähe der Berge gewesen. Ein Pfarrer kam zum Duncan Building, um zu bestätigen, dass Bick am fraglichen Tag mit einem kircheneigenen Wagen Senioren zum Dinosaur Provincial Park gefahren hatte. Es gab sogar Bilder davon.
Zu diesem Zeitpunkt beschloss Graham, mit seinen Vorgesetzten über Bick zu sprechen. Nur von diversen Anrufen unterbrochen, hatte Inspector Stotter sich die Zeit genommen, der Vernehmung im Nebenzimmer durch den transparenten Spiegel zu folgen.
Graham sagte: “Unser Mann hat nichts damit zu tun.”
Stotter sah Graham eindringlich und voller Besorgnis an.
“Lassen Sie ihn frei und gehen Sie nach Hause, Dan. Wir sprechen dann morgen früh.”
Auf der Fahrt nach Hause musste Graham die Unfallstelle wieder passieren.
Er musste jeden Tag daran vorbei.
Die Stelle, an der sie gestorben war, befand sich an dem einzigen Highway, der zu seinem Haus führte. Das weiße Kreuz ragte wie ein anklagender Finger aus dem Boden, doch er hielt nicht an, um sich ihm zu stellen. Nicht heute.
Etwas in seinen Eingeweiden wurde eiskalt, doch er blieb auf dem Gas und bat um Vergebung, als er an der Stelle vorbeifuhr.
Sein Haus lag südwestlich von Calgary auf einer einzelnen Kuppe. Als eines der letzten schlichten Ranchhäuser, die es noch gab, stand es auf einer Anhöhe, von der aus man Blick auf den kristallklaren Fluss und die Berge hatte.
Seit seinem ersten Tag in Alberta hatte Graham dieses Stück Land, bekannt als Sawtooth Bend, besitzen wollen. Als er es Nora zeigte, verliebte sie sich ebenfalls in die Gegend. Sechs Monate nach ihrer Heirat kauften sie dann das Grundstück.
Sie gehörten hierher.
Sie hatten davon geträumt, ein großes neues Ranchhaus zu bauen und Kinder großzuziehen.
Doch mit der Asche, die er dem Wind übergeben hatte, waren auch ihre gemeinsamen Träume zerstreut worden.
Einsamkeit umfing ihn, als er die Tür öffnete.
Er duschte heiß, zog Jeans und T-Shirt an. Er war nicht hungrig. Er trank ein Glas Apfelsaft und sank in seinen Schaukelstuhl am Fenster, um die Sonne hinter den Rockies untergehen zu sehen.
Wie konnte er ohne sie leben?
Wie konnte er mit dieser Schuld, die auf ihm lastete, weitermachen?
Er sah zu ihrem Hochzeitsbild auf dem Kaminsims hinüber. Sie strahlte geradezu überirdisch in ihrem Kleid. Ein Engel in der Sonne. Und er in seinem roten Anzug leuchtete voller Stolz. In jenem Moment waren seine Träume wahr geworden.
Er war in einem Arbeiterviertel in der Nähe des High Park in Toronto aufgewachsen. Er wollte das richtige Mädchen finden und ein Cop werden, wie sein alter Herr, der ein geachteter Detective war. Als Graham einen Fall bis nach Quebec verfolgt hatte, lernte er Nora kennen, eine Sekretärin bei der Mordkommission in Montreal. Sie verliebten sich ineinander, und das war’s.
Graham blieb in Toronto und sprach dank seiner Mutter neben Englisch auch Französisch. Er träumte davon, Mountie zu werden, ein Bundespolizist bei der geachtetsten Truppe der Welt. Sein Vater und seine Mutter hatten Tränen in den Augen, als er mit seinem Abschlussjahrgang in der Ausbildungsakademie der Royal Canadian Mounted Police an
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