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Der Countdown

Der Countdown

Titel: Der Countdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Mofina
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ihnen vorbeimarschierte. Seinen ersten Einsatz hatte er im südlichen Alberta gehabt, wo ihm an der Grenze zu Montana einige wichtige Verhaftungen gelangen. Das führte zu seiner Position als Detective in der
General Investigation Section
in Calgary, in der er sich hauptsächlich mit Drogendelikten und Einbruchdiebstahl befassen musste. Danach kam er zur Abteilung Gewaltverbrechen, wo er sich in der Aufklärung schwerwiegender Fälle hervortat.
    Aber jetzt?
    Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.
    Nun war sein Selbstbewusstsein erschüttert. Er wusste nicht, ob er auf der richtigen Spur war, hatte den Zweifel in Stotters Augen gesehen. Bick hatte nichts damit zu tun. Graham hatte keinen echten Beweis, dass der Fall mehr war als ein schrecklicher Unfall in der Wildnis.
    Warum zur Hölle versuchte er also, mehr daraus zu machen?
    Übersah er etwas?
    Er wusste es nicht. Er konnte nicht klar denken. Draußen war es dunkel, und er ging zu Bett. Doch der Wind rüttelte an den Fenstern, und Fragen quälten ihn.
    Vielleicht war das, was den Tarvers zugestoßen war, doch kein Unfall? Was war mit dem verschwundenen Laptop? Und mit dem Fremden an Rays Tisch? Was bedeutete “Blue Rose Creek”, die letzte Eintragung in Rays Notizbuch? Graham hatte den Begriff in Datenbanken abgefragt, aber nichts Kon-kretes darüber gefunden.
    Und dann war da noch die große Versicherungssumme. Bei den Tarvers hatte es Stress gegeben, finanzielle Probleme. Und Ray hatte man immer noch nicht gefunden.
    War er ausgerastet und hatte seine Familie getötet, um dann aufzutauchen und die Versicherung zu kassieren?
    Geh zurück.
    Was, wenn Ray einer großen Story auf der Spur gewesen war und jemand ihn und seine Familie getötet hatte?
    Wie groß kann eine Story sein?
    Wie auch immer man es betrachtete, ein Unglücksfall in der Wildnis konnte der perfekte Mord sein.
    Mutter Natur ist Ihre Verdächtige.
    Der Wind rüttelte an dem Haus. Graham warf sich unruhig hin und her und im Traum hörte er Nora flüstern, genau wie sie es getan hatte, als er unter Wasser dem Tod ins Auge geblickt hatte.
    Mach weiter, Daniel. Du musst weitermachen
.
    Die letzten Worte der kleinen Emily Tarver verfolgten ihn.
    Daddy … nicht … weh.
    Doch die Stimme des Mädchen war so leise und kläglich gewesen und das Rauschen des Flusses so ohrenbetäubend. Insofern gab es Zweifel. Hatte sie überhaupt etwas gesagt? Oder hatte er das nur geträumt?
    Träumte er jetzt?
    Oder schöpfte er aus seinem Unterbewusstsein, das sich an ihre letzten Atemzüge erinnerte? Er konnte sie wieder hören. Doch diesmal sagte sie mehr.
    Er hörte sie ganz klar.
    Ein eisiger Schauer fuhr Graham das Rückgrat hinauf. Ruckartig setzte er sich auf, mit einem Schlag hellwach.
    Die Digitalanzeige des Weckers zeigte 2:47.
    Er machte Kaffee, setzte sich in seinen Sessel und dachte über den Fall nach. Dann ging er zu seinem Computer. Als der Morgen graute, hatte er einen völlig neuen Statusbericht verfasst. Er duschte, machte frischen Kaffee und Rührei zum Frühstück. Dann fuhr er zurück ins Büro und legte seinem Boss den aktualisierten Bericht auf den Schreibtisch.
    Graham war überzeugt, dass er Emily Tarvers letzte Worte jetzt kannte.
    “Tun Sie meinem Daddy nicht weh.”
    Nachdem er Grahams Bericht gelesen hatte, zog Inspector Stotter die Jacke seines Mohair-Anzugs aus, hängte sie über einen hölzernen Bügel und diesen an den Garderobenständer.
    “Ich weiß, dass Sie unser Team mit Ihrer hervorragenden Arbeit viele Male gerettet haben, Dan.”
    Graham saß in einem der Besuchersessel und betrachtete Stotter.
    “Sie blieben standhaft, auch wenn alle anderen glaubten, dass Sie sich irrten.”
    Stotter lockerte seine Krawatte und rollte die Ärmel seines Hemdes hoch.
    “Doch hier bin ich nicht überzeugt. Ich sehe keinerlei Grund für Sie, in die USA zu fliegen und in Ray Tarvers Vergangenheit zu wühlen.”
    “Warum nicht?”
    “Ich glaube, dass Sie diesen Fall als ein Mittel zur Buße benutzen.”
    “Wie bitte?”
    “Ich glaube, es hat etwas damit zu tun, warum Sie ursprünglich in die Berge gegangen und weshalb Sie in den Fluss gesprungen sind.”
    “Ich sprang hinein, um dem Mädchen zu helfen.”
    “Das Ergebnis war eine Heldentat, doch der Akt an sich war selbstmörderisch.”
    Graham wandte den Blick ab.
    “Danny, Sie müssen aufhören, sich selbst für das zu geißeln, was Nora passiert ist. Sie können nicht zurück und es ungeschehen machen. Es war ein Unfall – was

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