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Der Countdown

Der Countdown

Titel: Der Countdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Mofina
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Geiselnahmen, Minen, versteckten Bomben und Schusswechseln sorgte dafür, dass in Bagdads Straßen weiterhin Blut floss.
    Zumeist das Blut von Unschuldigen.
    Der Albtraum wurde noch schlimmer nach dem Mord an einigen US-Soldaten, die in Samaras Nachbarschaft von Aufständischen in einen Hinterhalt gelockt worden waren. Muhammad und Samara gehörten dem zivilen Ärzteteam an, das an den Tatort eilte, um seine Hilfe anzubieten.
    Später ging das Gerücht um, dass die betroffene Einheit Rache geschworen hatte. Dass eine umfassende Vergeltungsmaßnahme bevorstand.
    Tagelang passierte gar nichts.
    Es herrschte die Ruhe vor dem Sturm, und bereits bevor es losging, erfasste Furcht die Nachbarschaft.
    Bis die Gewalt plötzlich losbrach.
    Um drei Uhr einunddreißig morgens donnerten Explosionen und Maschinengewehrfeuer durch die Nachbarschaft, als hätte sich die Hölle aufgetan.
    Alles geschah mit furchtbarer Schnelligkeit.
    Muhammad ging nach draußen, um zu erfahren, was die Nachbarn wussten. Ein Teenager warnte ihn, dass es noch nicht vorbei sei. “Racheschwadronen” gingen auf der Suche nach den Heckenschützen von Tür zu Tür.
    Nachdem Muhammad zurückgekehrt war, um Samara und Ahmed zu beschützen, brach eine Patrouille die Tür auf. Sofort ergriffen die Soldaten Muhammad, schlugen auf ihn ein, zogen ihn von Samara fort. Dann schleppten sie die drei ins Wohnzimmer, fesselten sie an Stühle, brüllten Anschuldigungen und Flüche, während sie ihnen ins Gesicht schlugen.
    Ahmed schrie.
    Samara rief nach ihm in dem Chaos.
    Draußen gellten Schüsse durch die Nacht. Leuchtkugeln und Explosionen erhellten den Himmel, während es im Haus stockdunkel war.
    Grelles Licht von Taschenlampen stach ihnen in die Augen, als die Soldaten sie beschuldigten, die aufständischen Heckenschützen zu unterstützen.
    Als Muhammad sie anflehte und den Soldaten erklärte, dass sie zum medizinischen Personal gehörten, schlugen sie ihm ins Gesicht.
    Samara konnte unter der Tarnbemalung weder die Gesichter der Soldaten erkennen noch ihre Schulterabzeichen identifizieren. Ein großer Teil des brutalen Verhörs fand auf Arabisch statt, doch sie bemerkte auch ausschließlich Englisch sprechende Männer – und den Geruch von Alkohol.
    Sie bat um Gnade und wurde geschlagen.
    Dann riss man ihr alle Kleider vom Leib, sodass sie nackt auf ihrem Stuhl saß.
    Muhammad protestierte. Man trat ihn und zwang ihn zuzusehen, als Soldaten Samara auf den Boden drückten. Ein Soldat hob ihre entblößten Pobacken an und vergewaltigte sie.
    Samara schrie.
    Im Schein der Leuchtmunition sah sie den hilflosen Muhammad, der von den Soldaten zum Zuschauen gezwungen wurde. Dann erblickte sie die schreckliche Verwirrung in den Augen ihres kleinen Sohnes. Ahmed schrie, während sie betete, dass nichts von dem allen real war.
    Ahmed wirkte so winzig im Griff des Soldaten.
    Wie ein Spielzeug, das gleich zerbrechen würde.
    Dann machte sich ein zweiter Soldat über sie her.
    Danach ein dritter.
    Ahmed schrie.
    Die Explosionen und das Maschinengewehrfeuer draußen kamen näher. Plötzlich schlugen Kugeln in die Wohnzimmerwände ein.
    “Der Mist kommt uns zu nah”, sagte einer der Soldaten.
    Amerikaner? Brite? Australier? Verbündeter?
    “Erschießt sie! Sie sind im Kreuzfeuer umgekommen! Lasst uns gehen!”
    Ein Soldat packte Muhammad zog ihn zu Samara und drückte ihm die Pistole an den Hinterkopf.
    Sie sah ihrem Ehemann in die Augen.
    Sein Gesicht explodierte, warme Gehirnmasse spritzte auf ihre Haut.
    Ahmed jaulte.
    “Erschieß das Gör! Wir müssen los!”
    Eine Maschinengewehrsalve.
    Dann erleuchtete ein heller Blitz das Haus, als habe sich die Erde geöffnet.
    Das war das Letzte, an was Samara sich erinnerte, bevor alles um sie herum schwarz wurde.

23. KAPITEL
    C old Butte, Montana
    In Montana wischte sich Samara die Tränen aus den Augenwinkeln und legte die Hände um ihren Becher Tee.
    Eisige Kälte war ihr bis in die Knochen gekrochen.
    Die Bilder jener Nacht, in der ihre Welt untergegangen war, brannten noch immer vor ihren Augen.
    Am Morgen danach hatten sich Rauch und Nebel aus den Überresten ihres Hauses verflüchtigt. Über den schwelenden Trümmern der Nachbarschaft trug ein sanfter Wind Wolkenfetzen über den Himmel.
    Die Soldaten waren verschwunden.
    Samara stand unter Schock, war nicht sicher, ob sie noch lebte.
    Ihr Fühlen, Denken und Sprechen setzten aus, als sie den Horror der Szenerie um sich herum erfasste.
    Ahmed! Muhammad!
    Irgendjemand

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