Der Countdown
Grenze bringen sollen. Doch sie haben den Anschluss verloren und sind jetzt nur noch zu sechst. Ein geländegängiger Humvee vorn, einer hinten. Jakes Mercedes ist der letzte Truck. In den anderen sitzen außerdem ein Typ aus Spanien, einer aus Amsterdam und Mitchell, Jakes Kumpel aus Texas, dessen Frau gerade ein Baby bekommen hat.
Jake gefällt es gar nicht, vom Rest des Konvois abgeschnitten zu sein.
Abgeschnitten zu sein ist wie von der Herde getrennt zu sein.
Sie fahren zu langsam. Viel zu langsam. Sie befinden sich auf dem Gebiet der Aufständischen.
In einer Todeszone.
Er will einfach nur das verdammte Camp erreichen, ohne dabei erschossen zu werden. Ohne dass Steine an seine Windschutzscheibe knallen. Einfach nur das Camp erreichen. Duschen. Essen. Schlafen. Wieder einen Tag näher an zu Hause zu sein. Näher an Maggie und Logan.
Und nun fahren sie Schritttempo!
Verdammt. Bitte sei kein Checkpoint. Bitte sag mir, dass dies kein Checkpoint der irakischen Polizei ist. Bitte.
Aufständische tragen gern falsche Polizeiuniformen.
“
Okay, wir müssen anhalten”, plärrt es aus dem Funkgerät. “Hier ist ein Checkpoint.”
Jake flucht vor sich hin. Sein Mund fühlt sich staubtrocken an.
Die Diesel-Trucks tuckern im Leerlauf in der brütenden Sonne.
Weit aufgerissene Augen, klopfendes Herz, trockener Mund. Es geht ums Ganze. Kalte Schweißtropfen auf seinem Rücken. Er lauscht dem Geschnatter draußen, sein Blick überfliegt die Marktstände, die Bettler mit ihren Karren, die alten Männer, die über ihre Feuer gebeugt Tee zubereiten. Kinder jagen einen Hund, schlagen ihn mit dem Stock. Bleib wachsam, bleib am Leben, während du Demokratie frei Haus lieferst.
Maggie und Logan lächeln ihn von dem Foto an seinem Armaturenbrett an.
Bring mich durch einen weiteren Tag. Bring mich nach Hause, um mehr bitte ich dich nicht.
Los jetzt. Das dauert hier einfach zu lang.
Wieder überfliegt sein Blick die alten Männer, die Kinder, den Hund, die ausgebrannten Autos. Die Trucks grummeln vor sich hin, während Bettler mit ihren Karren an ihnen vorbeiziehen.
Stimmengewirr über Funk. Etwas Verschwommenes am Rande seines Sichtfelds.
Pop-pop!
Maschinengewehrfeuer. Ein Mündungsfeuer zwischen den Marktständen. Hayes im vorderen Humvee schreit verzweifelt ins Funkgerät, um die Crew hinter sich zu warnen.
“
T-Bone! Aufwachen, Leute, hinter euch!”
Wumm! Der Humvee hinter Jake steht in Flammen. Einer der Bettlerkarren kippt zur Seite.
“
Ein Hinterhalt! Ein Hinterhalt!”
Mit seiner M2 eröffnet Hayes das Feuer auf ein Ziel hinter Jake. Menschen laufen in Panik durcheinander.
Jake ist gefangen.
Die Luft zerbirst. Die Bettler feuern eine Panzerfaust ab!
Wumm! Die Erde bebt. Der Truck vor Jake explodiert, brennende Teile fallen auf seinen Truck. Ein großer Brocken knallt auf seine Kühlerhaube.
Ein Kopf.
Mit offenem Mund starrt ihn Mitchells Kopf aus weit aufgerissenen Augen an.
Oh Gott!
Mitch!
Jesus!
Zu seiner Rechten quillt Rauch aus einem ausgebrannten Auto. Eine Granate reißt den vorderen Humvee auf. Erschütterungen. In Jakes Spiegel tauchen aus dem Nichts heraus Schatten auf: Männer schütten Wasser auf seinen Truck. Nein. Der Geruch. Es ist Benzin!
Sie werden ihn umbringen.
Der Konvoi erwidert das Feuer. Die Jungs aus dem vorderen Humvee laufen über die brennende Straße. Einer der Soldaten schießt und schreit, während er in Flammen steht.
“
Haut die Mistkerle um!”
Schatten huschen um Jake herum, klettern auf seinen Truck.
Sie sind alle über ihm.
Pop-pop!
Die amerikanischen Soldaten versuchen, die Männer von dem Lastzug abzubringen. Projektile prallen klirrend von der Karosserie ab.
Jake greift nach seiner Automatic. Der Mob hängt sich an seine Türen. Zerschlägt die Windschutzscheibe, dringt durch die Fenster.
Er wird sterben.
Jemand schlägt ihm die Waffe aus der Hand. Er greift nach seinem Messer und erwischt es schnell genug, um einem Angreifer die Kehle durchzuschneiden – das Blut spritzt. Jake begegnet seinem Blick, sieht seinen Hass, riecht seinen Atem.
Mitchells Kopf sieht von der Kühlerhaube aus zu.
Jakes Tür wird aufgerissen.
Sie packen ihn am Arm, irgendjemand zieht ihn am Knöchel. Jesus. Aus dem Augenwinkel bemerkt er eine Rauchwolke – eine Granate, die auf sein Führerhaus zuschießt.
Nein. Nein. Nein.
Die nachfolgende Erschütterung reißt Jake aus seinem Sitz und wirbelt ihn durch die Luft, bevor sich der Boden nähert und ihm beim Aufprall
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