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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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jetzt daran, die Stadt durch einen Sturmangriff in ihre Gewalt zu bringen, was ihnen auch nach einer Einschließung von nur wenigen Tagen gelingen sollte.
    Die kaum 2000 Mann zählende Besatzung von Omsk hatte mannhaften Widerstand geleistet.
     

    Sie ward ergriffen, weggeschleppt und in eines der Boote geworfen. (S. 159.)
     
    Das obere Quartier von Omsk war hierbei in eine Art Citadelle umgewandelt, die Häuser und Kirchen mit Schießscharten versehen worden, und in diesem improvisirten Kreml hielten sich die Truppen zur Zeit noch, trotz der mangelnden Aussicht auf eine baldige Entsetzung. Die tartarischen Truppen dagegen erhielten unter Benutzung des Wasserweges auf dem Irtysch tagtäglich neuen Zuzug und wurden – hier ein besonders wichtiger Umstand – von einem Officier angeführt, der zwar ein Verräther an seinem Vaterlande, aber doch ein Mann von hohem Verdienste und beispielloser Kühnheit war.
    Iwan Ogareff befehligte die feindlichen Schaaren.
    Iwan Ogareff, ebenso furchtbar, wie der Tartarenchef, den er vorwärts drängte, zeichnete sich durch tiefe militärische Kenntnisse aus. In seinen Adern rollte, ein Erbtheil von seiner Mutter, welche von asiatischer Herkunft war, auch etwas mongolisches Blut; er liebte jede List, legte gern Hinterhalte und schreckte vor keinem Mittel zurück, wenn es ihm darauf ankam, dem Gegner eine Falle zu stellen. Arglistig von Natur, bediente er sich bald der gemeinsten Verkleidungen und trat gelegentlich selbst als Bettler auf, wobei ihn seine außerordentliche Geschicklichkeit der Verstellung des äußeren Ansehens und des ganzen Benehmens wesentlich unterstützte. Dabei befähigte ihn seine Grausamkeit, im Nothfall den Henker selbst zu spielen. Feofar-Khan besaß in ihm einen Stellvertreter, der es vollkommen verdiente, ihm bei jenem wilden Kriegszuge beizustehen.
    Als Michael Strogoff an den Ufern des Irtysch anlangte, war Iwan Ogareff schon Herr in Omsk und beeilte die Belagerung des höher gelegenen Stadtviertels um so mehr, als er Eile hatte, sich nach Tomsk zu begeben, wo sich die Hauptmacht der Tartarenhorden concentrirte.
     

    »Sprich nicht, Väterchen! Du bist noch zu schwach …« (S. 163.)
     
    Tomsk war nämlich vor einigen Tagen in Feofar-Khan’s Hände gefallen und von hier aus wollten die Eindringlinge, nach der Besitznahme der centralsibirischen Gebiete, nach Irkutsk aufbrechen.
    Irkutsk bildete das eigentliche Ziel Ogareff’s.
    Der Plan des erbärmlichen Verräthers ging dahin, sich dem Großfürsten daselbst unter falschem Namen anzuschließen, sein Vertrauen zu erschleichen und ihn zur gegebenen Stunde sammt der Stadt den Tartaren in die Hände zu liefern.
    Mit dieser Stadt und einer solchen Geißel im Besitz mußte das ganze asiatische Sibirien in die Gewalt der Eindringlinge kommen.
    Wir wissen ja von früher, daß dieser Anschlag zur Kenntniß des Czaren gelangt war, und um ihn zu vereiteln, hatte man Michael Strogoff mit der hochwichtigen Mission betraut. Deshalb erhielt der junge Mann seiner Zeit auch die gemessensten Befehle, das von den Feinden überschwemmte Land unter falschem Namen zu durchreisen.
    Bis hierher hatte er seine Mission getreulich erfüllt – würde er sie aber auch jetzt noch ebenso zu Ende führen können?
    Der Lanzenstoß, den Michael Strogoff empfing, war nicht tödtlich gewesen. Unter dem Wasser schwimmend, erreichte er ungesehen das rechte Flußufer und brach in dem Gebüsch daselbst kraftlos zusammen.
    Als er wieder zum Bewußtsein kam, sah er sich zu seiner Verwunderung in der Hütte eines Musik, der ihn aufgehoben und verpflegt hatte, und dem er zunächst die Rettung seines Lebens dankte. Seit wie lange mochte er der Gast des braven Sibiriers sein? – er vermochte sich darüber keine Rechenschaft zu geben. Als er die Augen öffnete, bemerkte er über sich ein bärtiges, aber freundliches Gesicht, auf dem ein theilnehmendes Lächeln spielte. Schon wollte er fragen, wo er sich befinde, als der besorgte Musik ihm zuvorkam:
    »Sprich nicht, Väterchen, sprich nicht! Du bist noch zu schwach. Ich werde Dir sagen, wo Du bist, und erzählen, was sich zugetragen hat, seitdem ich Dich in mein Häuschen schaffte.«
    Der redliche Landmann erzählte hierauf den Verlauf des kurzen Kampfes, dessen Augenzeuge er zufällig geworden, den Angriff der Tartarenboote, die Plünderung des Tarantaß, die Ermordung der Fährleute ….
    Doch darauf hörte Michael Strogoff kaum, er fuhr mit der Hand unter seine Kleidung und fühlte den

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