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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Schnelligkeit herabtrug, denn zu der der Wasserbewegung gesellte sich noch der Druck der Ruder, mit denen sie ausgerüstet waren.
    Auf Michael Strogoff’s Stirn bildeten sich plötzlich einige Falten und ein leiser Schrei kam unwillkürlich über seine Lippen.
    »Was giebt es?« fragte das junge Mädchen.
    Aber bevor Michael Strogoff noch Zeit fand, zu antworten, rief einer der Bootsführer mit erschrockener Stimme:
    »Die Tartaren! Die Tartaren!«
    Wirklich glitten einige von Bewaffneten besetzte Barken den Irtysch in größter Schnelligkeit hinab und mußten binnen wenigen Minuten die Fähre erreichen, welche viel zu tief im Wasser ging, um jenen schnell genug entweichen zu können.
    Erschreckt durch diesen Anblick schrieen die Fährleute verzweifelt auf und verließen ihre Bootshaken.
    »Muth, Muth, Freunde! rief ihnen Michael Strogoff zu! Fünfzig Rubel sind euer, wenn wir das Ufer noch vor der Ankunft jenes Raubgesindels erreichen!«
    Dieses Versprechen belebte noch einmal die kleinmüthigen Fährleute so weit, daß sie mit dem Aufgebot aller Kräfte die scharfe Strömung zu durchschneiden suchten, aber dennoch zeigte sich bald die Unmöglichkeit, vor Ankunft der Tartaren zu landen.
    Würden diese nun vorüberfahren, ohne die Fähre und ihre Insassen zu belästigen? Wahrscheinlich nicht! Im Gegentheil hatte man von diesen Barbaren Alles zu fürchten.
    »Hab keine Furcht, Nadia, sagte Michael Strogoff, aber bereite Dich vor auf Alles!
    – Ich bin es, antwortete Nadia.
    – Selbst Dich in den Fluß zu stürzen, wenn ich es verlangte?
    – Auf Dein erstes Wort.
    – Vertraue mir, Nadia.
    – Ich vertraue Dir stets.«
    Die Tartarenboote schwammen jetzt nur noch in einer Entfernung von hundert Schritten daher. Sie trugen eine Abtheilung bukharischer Soldaten, welche offenbar eine Recognoscirung von Omsk beabsichtigten.
    Die Fähre befand sich jetzt noch zwei Schiffslängen weit vom Ufer. Die Schiffer verdoppelten ihre Anstrengungen. Auch Michael Strogoff sprang ihnen noch bei und ergriff einen Bootshaken, den er mit übermenschlicher Kraft handhabte. Vermochte er den Tarantaß noch auszuschiffen und im Galop davon zu fahren, so schimmerte ihm doch noch einige Hoffnung, den nicht berittenen Tartaren zu entgehen.
    Aber alle Mühe, alle Anstrengung sollte vergeblich sein!
    »
Sarin na kitschu!
« riefen die Soldaten aus dem ersten Boote.
    Michael Strogoff verstand das Kriegsgeschrei der tartarischen Piraten, auf das es keine andere Antwort gab, als sich platt auf den Boden zu werfen.
    Und da weder er selbst noch die Bootsführer diesem Befehle gehorchten, knatterte eine kräftige Gewehrsalve, von der zwei der Pferde tödtlich getroffen wurden.
    Da – in diesem Augenblick, – folgte auch ein heftiger Stoß: die Barken waren an der Langseite der Fähre angelangt.
    »Komm, Nadia!« rief Michael Strogoff, bereit, sich mit ihr über Bord zu stürzen.
    Eben wollte das junge Mädchen ihm nachfolgen, als Michael Strogoff von einem Lanzenstoße getroffen in den Strom fiel. Das Wasser riß ihn mit weg; einen Augenblick noch kämpften seine Arme über den Fluthen, dann verschwand er unter den wirbelnden Wellen.
    Nadia hatte es mit einem Schrei gesehen; doch bevor sie noch Zeit gewann, sich Michael Strogoff nachzustürzen, ward sie ergriffen, weggeschleppt und in eines der Boote gefangen gesetzt.
    Einen Augenblick nachher fielen die Bootsführer, von Lanzenstichen durchbohrt, und die Fähre trieb steuerlos weiter, während die Tartaren den Lauf des Irtysch weiter stromab ruderten.
Vierzehntes Capitel.
Mutter und Sohn.
    Omsk ist die officielle Hauptstadt des westlichen Sibiriens. Es ist zwar nicht die bedeutendste Stadt des gleichnamigen Gouvernements, da Tomsk mehr Einwohner zählt und einen beträchtlicheren Umfang hat, in Omsk residirt jedoch der Generalgouverneur dieser ersten Hälfte des asiatischen Rußlands.
    Omsk besteht genau genommen aus zwei verschiedenen Städten, von denen die eine ausschließlich von den Behörden eingenommen und von den zugehörigen Beamten bewohnt ist, während die andere vorzüglich die sibirischen Kaufleute, deren Handelsbeziehungen freilich von keiner besonderen Bedeutung sind, beherbergt.
    Die Einwohnerzahl dieser Stadt mag sich auf 12-13,000 Seelen belaufen. Sie wird durch eine von Bastionen verstärkte Umwaltung vertheidigt; freilich bestehen diese Befestigungen nur aus Erdwerken und bieten nur einen sehr unzulänglichen Schutz. Die Tartaren gingen, wohlbekannt mit obiger Sachlage, eben

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