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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Blättern hinstreckte, das sein Begleiter ihm im Schatten einer Birke zurecht gemacht hatte.
    – Ei, das ist ja nicht der Rede werth. Sie hätten an meiner Stelle dasselbe gethan.
    – Ja, ich weiß nicht … antwortete Harry Blount ziemlich naiv.
    – Sie Spaßvogel! Alle Engländer sind edelmüthig!
    – Gewiß, aber die Franzosen …?
    – Nun ja, die Franzosen sind gut, vielleicht sogar etwas einfältig: aber was das wieder gut macht, ist, daß sie eben Franzosen sind. Doch sprechen wir nicht mehr davon, oder noch besser, sprechen wir jetzt lieber gar nicht mehr. Sie brauchen nun vor allen Dingen Ruhe.«
    Harry Blount hatte aber verzweifelt wenig Luft zu schweigen. Wenn er als Verwundeter vernünftiger Weise daran denken konnte, zu schlafen, so war das doch mit ihm als Correspondenten des Daily-Telegraph keineswegs der Fall.
    »Herr Jolivet, begann er, glauben Sie, daß unsere letzten Depeschen noch über die russische Grenze befördert worden sind?
    – Wie kommen Sie darauf? antwortete Alcide Jolivet. Um die jetzige Stunde wird meine glückselige Cousine schon wissen, was von dem Treffen bei Kolywan zu halten ist.
    – Wie viele Exemplare dieser Depeschen druckt Ihre Cousine? forschte Harry Blount, der diese Frage zum ersten Male unumwunden an seinen Collegen richtete.
    – Sehr gut! erwiderte lachend Alcide Jolivet. Meine Cousine ist eine ungemein discrete Person, die nicht gern von sich reden hört und unglücklich sein würde, wenn sie Ihnen den so nothwendigen Schlummer störte.
    – Ich mag nicht schlafen, versetzte der Engländer. – Was urtheilt Ihre Cousine wohl über die Sachlage?
    – Nun, daß es mit den Russen augenblicklich nicht am besten steht. Doch, was da! die moskowitische Regierung ist mächtig, sie braucht sich wegen eines Barbareneinfalls nicht ernstlich zu beunruhigen, und Sibirien wird und kann ihr nicht verloren gehen.
    – Ueberhebung hat schon die größten Reiche gestürzt! antwortete Harry Blount, der von einer gewissen ›englischen‹ Eifersüchtelei wegen der russischen Prätensionen in Centralasien nicht ganz frei war.
    – O bitte, nur keine Politik treiben, rief Alcide Jolivet. Das ist von der Facultät untersagt! Für Schulterwunden giebt es gar nichts Gefährlicheres! … Sie müßten denn dadurch einschlummern wollen!
    – So sprechen wir davon, was uns zu thun übrig bleibt, lenkte Harry Blount ein. Ich, Herr Jolivet, verspüre nicht die mindeste Lust, hier unbedingt Gefangener der Tartaren zu bleiben.
    – Ich bei Gott auch nicht!
    – Wir werden uns bei erster bester Gelegenheit davon zu machen suchen.
    – Ja, wenn’s zur Wiedererlangung unserer Freiheit kein anderes Mittel giebt.
    – Wissen Sie ein anderes? fragte Harry Blount und sah seinen Begleiter erwartungsvoll an.
    – Gewiß! Wir sind keine Combattanten, wir sind neutral und werden reclamiren.
    – Bei Feofar-Khan? Bei diesem wilden Thiere?
    – Nein, er verstände das nicht, erwiderte Alcide Jolivet; aber bei Iwan Ogareff, seinem Untergeneral.
    – Der ist ein Schurke!
    – Zugegeben; aber dieser Schurke ist wenigstens ein Russe. Er weiß, daß er mit dem Völkerrecht nicht spielen darf, und hat auch kein Interesse, uns zurückzuhalten. Von dem Herrn etwas zu verlangen, das soll mir nicht schwer werden.
    – Dieser Herr befindet sich aber nicht im Lager, mindestens habe ich ihn noch nicht bemerkt, äußerte Harry Blount.
    – Er wird hierher kommen. Das kann nicht fehlen. Er muß sich hier dem Emir anschließen. Jetzt ist Sibirien in zwei Kriegstheater getheilt, und offenbar erwartet ihn nur Feofar’s Armee, um nach Irkutsk abzumarschiren.
    – Und was thun wir, wenn wir frei sind?
    – Ei nun, wir setzen ebenfalls unseren Feldzug fort und folgen den Tartaren, bis sich Gelegenheit bietet, in das Lager der Gegner überzugehen.
    Zum Teufel, man darf doch nicht fahnenflüchtig werden! Wir stehen ja erst im Anfang. Sie, Herr College, haben schon das Glück gehabt, im Dienste des Daily-Telegraph eine Wunde davon zu tragen, aber ich, – ich habe im Dienste meiner Cousine noch gar nichts geleistet. Vorwärts! Vorwärts! – Ach, schön, fuhr Alcide Jolivet leiser fort, er schlummert ein. Einige Stunden Schlaf und ein paar Compressen mit frischem Wasser, mehr bedarf es nicht, um einen Engländer wieder auf die Beine zu bringen. Diese Leute sind aus Eisenblech construirt!«
    Und während Harry Blount der Ruhe genoß, wachte Alcide Jolivet an seiner Seite, nachdem er ein Taschenbuch hervor geholt hatte, das er mit

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