Der Cyberzombie
zurück, und er ist ziemlich angespannt, seit diese ganze Sache angefangen hat. Aber er ist Ihnen nicht gewachsen, wenn Sie anfangen, Ihren Charme spielen zu lassen.«
Ryan ließ die Finger langsam um seine Schläfen kreisen. »Im Augenblick komme ich mir nicht sonderlich charmant vor.«
Matthews grinste. »Sie? Nicht charmant? Sehen Sie sich nur mal an, mit wieviel Charme Sie mich aus meinem Wagen und in Ihre große Limousine geholt haben. Und dabei sind Sie nicht mal mein Typ.«
Ryan lachte. »Danke für den Vertrauensbeweis, Matthews. Glauben Sie mir, ich weiß das zu schätzen.«
»Null Problemo, alter Freund. Arbeiten Sie einfach mit Strapp zusammen, und alles wird sich von allein regeln. Außerdem sind Sie nicht der Hauptverdächtige.«
Ryan beugte sich vor. »Was soll das heißen?«
Matthews seufzte. »So sehr es mich auch stört - von Strapp ganz zu schweigen -, spielt die Politik doch eine große Rolle bei dieser Untersuchung. Leute wie Sie dürften gar nicht existieren. Unabhängige ... Feuerwehrmänner wie Sie sind der schlimmste Alptraum der Megakonzerne. Die Konzernexecs bilden sich gerne ein, sie hätten alle Muskeln unter Verschluß. Daß alle anderen nur Marionetten sind, die sie nach Belieben herumkommandieren können, wenn sie der Bevölkerung einen Dämpfer versetzen müssen.«
»Soll ich mich jetzt besser fühlen?« fragte Ryan. »Damit wäre ich doch der perfekte Sündenbock. Ich sehe die Trideo-Talkshows schon vor mir, in denen von einem wahnsinnigen Angestellten berichtet wird, der allein gearbeitet hat.«
Matthews nickte. »Oberflächlich betrachtet haben Sie recht. Aber den Konzernen wäre es lieber, wenn es eine Terroristengruppe wäre, vorzugsweise eine große. Wenn sie es den Azzies anhängen könnten, würde ein feuchter Traum für sie wahr. Aber zugeben zu müssen, daß ein einziger Mann, wie gut er auch sein mag, so ein Chaos anrichten und einen ganzen Planet sprachlos machen kann, macht ihnen mehr Angst als die Möglichkeit, daß es sogar stimmen könnte. Selbst wenn Sie es getan hätten, würde die Geschichte nie an die Öffentlichkeit gelangen. Sie würden es trotzdem irgendeiner Randgruppe wie Alamos 20K anhängen und Sie dann im Schlaf geeken.«
Ryan lehnte sich zurück. »Sie können sich gar nicht vorstellen, wieviel besser ich mich jetzt fühle.«
Er schaute aus dem Fenster und sah, daß sie das Anwesen erreicht hatten. Ein Sicherheitsteam der Draco Foundation, das zweifellos von Carla Brooks ausgebildet worden war, hielt sie gemeinsam mit einer kleinen Einheit des Secret Service am Tor an, um ihre Identität zu überprüfen, bevor man ihnen die Durchfahrt durch das alte schmiedeeiserne Tor gestattete.
Die Sicherheit war hier umfangreicher denn je, und Ryan wußte, daß sie noch massiver war, als sie aussah. Zwischen den Eisenstäben war ein unsichtbares Netz aus Monodraht gespannt, während die Umgebung von verborgenen Kameras und bewaffneten Drohnen überwacht und patrouilliert wurde.
Das Tor schwenkte nach innen, und Dhin rollte über die Auffahrt und an dem langgezogenen Kirschbaumwäldchen vorbei. Die Bäume standen immer noch in voller Blüte. Ryan hatte nie herausgefunden, wie der Gärtner des Anwesens es schaffte, daß alles bis in den Spätsommer und Herbst hinein blühte. Die einzige Erklärung, die Ryan dafür hatte, war die, daß der Mann eine latente druidische Begabung besitzen mußte, weil das, was er mit Pflanzen anstellte, einem Wunder gleichkam.
Ryans Magen verkrampfte sich schmerzhaft, als die Limousine sich dem Eingang des Hauptgebäudes näherte. Sie wird mir nie verzeihen können.
Dann hielt die Limousine an, und Ryan stieg aus und trat in den warmen Sonnenschein. Zum erstenmal seit seiner Ankunft im Bundesbezirk roch es nach etwas anderem als Verwesung, Tod und verbranntem Plastik. Die Kirschblüten sonderten einen betörenden Geruch ab, der beinahe den zarten Duft der üppigen Lincoln-Teerosen überdeckte, die den Aufgang des Anwesens säumten.
Das eigentliche Anwesen war ein Gebäude im Kolonialstil aus rotem Backstein und nachträglich errichteten großen Marmorsäulen auf der Vorderseite. Die Stufen, die zum Haupteingang führten, waren flach und sehr tief. Sie führten zu den Eingangstüren, die Dunkelzahn nach dem Kauf des Anwesens hatte erneuern lassen. Die Türen bestanden aus massiver roter Eiche und waren mit schmiedeeisernen Querstreifen besetzt. Jede Tür war drei Meter breit und fast zehn Meter hoch und reichte bis unter das
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