Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
überwältigenden Fleiß habe ich mich bisher auch noch nie ausgezeichnet, würde ich sagen.“
„Mach dir nichts draus“, sagte Charly, der sein Schmollen beendet hatte. „Mir geht’s auch nicht besser. Jongleur werde ich nie. Aber ich werde jede Menge Fabelwesen und irre Städte und Dörfer kennenlernen. Ich glaube, das wird die beste Zeit meines Lebens. Endlich werde ich erfahren, was aus meinen Büchern tatsächlich existiert und was reine Fantasy bleibt. Hoffentlich ist der Unterricht rasch beendet, und ich kann hinaus, um mir all das leibhaftig anzusehen.“
„Nimm den Unterricht besser nicht auf die leichte Schulter, sofern du eine Schulter hast“, meinte der Festlandkalmar. „Gerade für euch von der Erde ist dies die einzige Chance, etwas über das Nichts zu erfahren. Ansonsten wären die Überraschungen, die euch da draußen erwarten, vielleicht doch ein bisschen zu heftig. Was glaubst du, wie es mir gegangen ist, als ich als junger Oktopus das Meer verlassen und mich an Land begeben habe?“
„Ja, schon klar“, gab Charly klein bei. „Ich werd schon keine Stunden schwänzen. Aber ein paar Elben oder Trolle könnte man uns eigentlich jetzt schon präsentieren, meine ich.“
„Warum?“, fragte Rippenbiest. „Wenn du Fabelwesen um dich herum haben willst, nimm Otto und mich. Oder sind wir dir nicht exotisch genug, Kumpel?“
„Außerdem sind Elben lächerliche Freaks“, fügte Ben der Unterhaltung bei. „Hat man mir erzählt.“
„Oh, danke“, seufzte Charly und gähnte. „Ihr seid echte Freunde. Und nun: Licht aus!“
Am nächsten Morgen hatten die Bewohner des hellblauen Zeltes deutlich weniger Probleme damit, Charly zu wecken, als am Vortag. Gleich nach dem Frühstück wurden die Auserwählten mit ihrer ersten Belehrung zum Thema Geschichte des Nichts beglückt. Das Wort führte Herr Norbert. Der runzlige Greis mit dem Aussehen einer Kartoffel, die man in einen alten, muffigen Anzug gequetscht hatte, hielt sich nicht mit einer Begrüßung seiner Zuhörerschar auf.
„Eure Bücher liegen vor euch, schlagt also bitte Seite Eins auf“, nuschelte er. „Und vergesst nicht, euch Notizen zu machen. Die Geschichte des Nichts ist sehr komplex.“
Ben schaute auf sein inzwischen zweites Lehrbuch und war nicht sonderlich überrascht, dass dieses noch einige hundert Seiten mehr beinhaltete als sein erstes. Auf Seite Eins las er die Überschrift Entstehung aus dem Nichts – Wie der Unsterbliche eine ganze Welt schuf. Ohne Umschweife erzählte Herr Norbert den Anwesenden im Wortlaut des Buches die Schöpfungsgeschichte dieser wunderlichen Welt.
Der Unsterbliche war schon ein überaus alter Mann, als er auf die Idee kam, das Nichts zu erschaffen. Er selbst wusste gar nicht mehr, wo, wann und ob er überhaupt geboren worden war, ganz zu schweigen, von wem. Zu lange lag all das damals schon zurück. Und es spielte auch keine Rolle für ihn. Viel mehr beschäftigte ihn seine andauernde Einsamkeit. Denn um ihn herum gab es gar nichts. Nur den grauen Felsbrocken, auf dem er zeitlebens saß und unendliche, völlig leere Schwärze. Schließlich entschloss er sich daher, seiner Welt eine Form zu geben und Leben darauf zu erschaffen. Woher er die Materie nahm, die er für all das benötigte, das wussten die späteren Bewohner des Nichts nicht. Möglicherweise von seinem Felsen, vielleicht aus der Schwärze, eventuell bestand aber auch alles, was man fühlen, sehen und hören konnte im Nichts aus purer Magie. Auf jeden Fall begann der Unsterbliche einst damit, Raum und Zeit zu erschaffen. Da beides noch nicht vorhanden war, erzeugte er sie quasi künstlich mittels der Magie des besagten Steins im Zentrum des Nichts. Um ihn herum erschuf der alte Mann die Kontinente. Niemand hatte es bisher geschafft, alle Länder oder gar Kontinente des Nichts zu bereisen. Dafür war diese Welt einfach viel zu groß. Folglich wusste man auch nicht, ob das Nichts eine Kugel, eine flache Scheibe, oder gar irgendetwas anderes war. Ob der Unsterbliche sich noch an solche Details erinnern konnte, war nicht bekannt. An den Himmel der gigantischen Welt ordnete er die zahllosen Sterne und Planeten an. Da bereits das Nichts für sich zu groß war, um es in absehbarer Zeit vollends erforschen zu können, hatte man noch gar nicht angefangen, das Weltall zu erobern um herauszufinden, was es mit den anderen sichtbaren Welten auf sich hatte. Nachdem der Grundstein für die Sterne am Himmel und die Kontinente des Nichts
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