Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
welche Richtung?“
Lisas meldete sich wieder zu Wort. „Seht doch mal, in welche Richtung das Orakelgesicht schaut!“
„Alles klar... Immer der Nase nach also“, entschied besagter Gruppenchef.
Zum nächsten Ziel geh nicht allein, sonst lassen Dich die Kasathen nicht ein. Hüte Dich dort vor 1.000 Gefahren, wo vor Euch und nach Euch nie Menschen waren. Dieser Absatz aus Meister Athrawons seltsamem Gedicht ging Ben durch den Kopf, während die Fünf das weite Grasland längst verlassen hatten und nun durch karge Steppe wanderten, auf der Suche nach einer Karawane, mit der sie die Stadt Kasathen gemeinsam erreichen wollten. Geh nicht allein, das war klar, dies hatte das Orakel ja deutlich angesprochen. Begleitung würden sie schon finden. Hüte dich vor 1.000 Gefahren, das konnte alles bedeuten, nur nichts Gutes, aber wer konnte das schon so genau wissen? Wo vor Euch und nach Euch nie Menschen waren, damit konnte Ben eigentlich nichts anfangen. Waren etwa die Einwohner, diese Kasathen, nicht menschlich? Und wie war das mit dem ominösen Glas? So viele Fragen und keine Antworten.
Die Steppenlandschaft, zuerst noch hügelig, wurde im Laufe des langen Tages schließlich immer mehr zu einer kargen Ebene. Kaum ein einzelner Baum diente den Reisenden als Orientierungshilfe. Die drei verließen sich wie schon zuvor mehr oder weniger auf ihr Gefühl. Und eben dieses Gefühl führte sie bis an eine tiefe Schlucht. Doch wo war die passende Brücke hinüber? Eine Zeitlang marschierten sie am Rand der Schlucht auf und ab und suchten nach einer Möglichkeit, den gewaltigen Riss in der Erde zu überqueren oder gar nach einem etwaigen Ende des finsteren Canyons. Aber nirgends zeigte sich auch nur der Hauch einer Chance, dem Problem aus dem Weg zu gehen.
„Halleluja!“, regte sich Charly schließlich auf. „Das Ende einer Dienstreise! Die Schlucht ist mindestens zehn Meter breit. So weit springt kein Olympiasieger, geschweige denn einer von uns. Über die Tiefe von dem bescheuerten Ding will ich erst gar nicht nachdenken. Auf jeden Fall ist ein Grund nicht zu erkennen. Und natürlich gibt's noch nicht mal eine Brücke, einen Steg oder sonst irgendwas in der Art. Hat wer eine Idee, die uns weiterhelfen könnte?“
Lisa und Nessy schüttelten den Kopf, Rippenbiest rammte missmutig seine Axt in den trockenen Boden und auch Ben verneinte.
„Dann schlage ich vor, erst mal wieder eine Rast einzulegen. Es ist heiß und ich habe Durst, ihr sicher auch. Danach gehen wir an der Schlucht entlang weiter, vielleicht findet sich eine Lösung. Aber das machen wir später. Mahlzeit!“
„Gute Idee“, bestätigte Ben „Meister Athrawon hätte dir die Leitung der Truppe übergeben sollen.“
„Vergiss es, Kleiner. Wenn nämlich was schief läuft, kriegst du den Ärger und ich bin fein raus. Hahaha.“
Die Blauen machten also eine Pause. Dabei tranken von ihren Vorräten, und aßen noch eine Kleinigkeit. Dann dösten die Mädchen, Charly und schließlich auch der Taure, redlich erschöpft vom langen Marsch unter der Sommersonne, nacheinander ein. Jetzt war offensichtlich Ben an der Reihe, Wache zu halten. Und das war ihm noch nicht einmal unangenehm, konnte er nun doch endlich einmal wieder ohne jedwede Ablenkung an seine lieben Daheimgebliebenen denken. Was mochten seine Eltern und seine kleine Schwester in diesem Moment wohl gerade machen? Vermissen würden sie ihn sicher noch nicht, wusste er doch von den Gelehrten, dass in all den Monaten, die er hier im Nichts verbrachte, auf der Erde gerade mal ein paar Stunden vergehen würden. Doch im Gegensatz dazu vermisste er seinerseits seine Familie sehr. Zwar hatte er im Rahmen des Zeltlagers viele nette Leute in seinem Alter sowie den bewundernswerten Meister Athrawon kennengelernt, doch vermochte all das ihm seine Familie nicht zu 100 % zu ersetzen. Immerhin hatte er auf diese Weise etwas, worauf er sich nach dem – hoffentlich erfolgreichen – Abschluss des ersten Semesters freuen konnte. Doch wie sollte er den Eltern erklären, wie er in den paar Stunden Abwesenheit ein halbes Jahr hatte älter werden können. Bald würde Ben 14 Jahre alt sein. Musste er etwa zweimal Geburtstag feiern? Einen im Nichts und einen auf der Erde? Naja, darüber würde er eben später nachdenken müssen. Das hatte wohl noch ein wenig Zeit. Sie würden ja immerhin noch sehr lange unterwegs sein. Wie lange war es eigentlich schon her, dass sie die einsame Tür durchschritten und sich auf den
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