Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
während den anderen die Münder offen standen. „Eben meint er noch, ich sei bloß irgendein Tier, das man ermorden kann, um es dann aufzuessen. Schließlich hat ein Mensch - als Herrenrasse unter allem was lebt - ja wohl das Recht dazu. Und plötzlich kann dieses blöde Vieh reden, bringt das ganze Weltbild eines kleinen Menschen durcheinander. Eigentlich hat sich nichts geändert. Immer noch steht es treudoof da und wartet auf seine Ermordung. Nur der allmächtige Mensch hat plötzlich keinen Mumm mehr, es zu töten. Denn es redet ja mit ihm, wie könnte er etwas töten, mit dem er sich eben noch unterhalten hat. Seltsam, steht da eine selten dumme Kuh und frisst Gras und scheißt in der Gegend rum, tötet man sie und isst sie auf. Steht da eine selten dumme Kuh und frisst Gras und scheißt in der Gegend rum, aber redet dabei, ist sie plötzlich dem Menschen ebenbürtig. Eine Schande wär’s, sie zu töten. Dabei kann doch jedes Tier reden, auf seine Art. Und die Unterhaltungen, die sie untereinander führen, sind meist um einiges besser als die euren.“
Die Nilkuh hatte irgendwie recht. Das sahen die Fünf ein und schauten sich schuldbewusst gegenseitig an. Keiner hatte die Sache jemals so gesehen, obwohl es doch eigentlich das Einfachste von der Welt war. Man unterschied immer Menschen und Tiere. Obwohl Tiere vielleicht die besseren Menschen waren. War es eigentlich ein nennenswerter Unterschied, dass Menschen nach eigenem Dafürhalten als einzige Wesen des Sprechens mächtig waren und Tiere nicht? Die Nilkuh wusste es: Jedes Tier spricht. Jedes anders, aber es war alles eine Form von Sprache. Würde ein Mensch denn ein Schweineschnitzel essen, wenn er kurz vorher noch mit dem entsprechenden Schwein zusammen im Bistro gestanden und sich gut unterhalten hätte? Wohl kaum. Und doch, es blieb ein Schwein, oder nicht? Irgendwie war ja sogar der gute Rippenbiest so eine Art Kuh, oder nicht? War er deswegen grundsätzlich als Nahrungsquelle anzusehen? Wohl kaum. Und wehe dem, der es versuchte! Nun konnte man nicht unbedingt von allen verlangen, auf Fleisch zu verzichten, schließlich war es etwas Natürliches, Fleisch zu essen. Aber sollte man nicht mehr Respekt haben, vor allem was lebt, Gefühle hat und auf irgendeine Art spricht? Ob die Menschheit jemals lernen würde, den Unterschied zwischen Mensch und Tier aus seinen Gehirnen zu löschen? Denn es gab diesen Unterschied einfach nicht. Dieser Einsicht waren auch die fünf Freunde jetzt ein gutes Stück näher gekommen. Vielleicht gab es doch noch einen Funken Hoffnung für das Zusammenleben aller Geschöpfe.
Ben entschuldigte sich noch einmal bei der blauen Kuh. Ziemlich kleinlaut packten die Auserwählten ihre Sachen, stopften ihre Taschen voll mit Waldbeeren (ließen den Tieren aber schuldbewusst noch genug übrig) und wollten sogleich aufbrechen. Doch die Kuh stoppte sie. Sie wackelte ihnen hinterher und stellte sich den Wanderern schließlich in den Weg.
„Ihr müsst doch nicht direkt weglaufen, Kinder. Tät mich nicht freuen. Jetzt wo ihr wisst, wo's lang geht, scheint ihr mir doch recht nett zu sein. Vielleicht kommen wir auf andere Weise ins Geschäft, ohne dass ihr mich direkt aufesst.“
„Ins Geschäft kommen? Wie meinst du das?“, wollte Ben wissen und war von dem Sinneswandel der Nilkuh ebenso überrascht wie erfreut.
„Naja“, brummte die Blaue. „Wenn ich auf meine alten Tage die Richtung, in die ihr gehen wollt, richtig deute, seid ihr zu den Kasathen unterwegs. Eine harte, aber durchaus interessante Stadt. Einige von meinen Freunden wollen gern dorthin. Aber alleine trauen sie sich nicht so recht. Wenn ihr wollt, kommen sie mit euch, sie könnten euch von Nutzen sein, so wie ich das sehe.“
„Eben wollten wir dich noch essen, und jetzt vertraust du uns deine Freunde an? Bist du sicher?“, wollte Ben von der Nilkuh wissen.
„Nun, Menschlein. Es ist schon einige Zeit her, dass wir zuletzt Menschen hier in unserer Oase hatten. Aber die waren nicht so einsichtig wie ihr. Diese Rüpel! Haben uns ganz schön Ärger gemacht. Man konnt nicht mit denen reden. Nannten sich Beamte. Dummes Volk. Haben sie dann zum Teufel gejagt. Mochte sie nicht. Tät mich nicht freuen, die noch mal wiederzusehen. Aber ihr seid in Ordnung. Wollt uns in Ruhe lassen. Habt wohl kapiert, dass es keinen Unterschied zwischen uns gibt. Ich vertraue euch. Denke, dass ich eine gute Menschenkenntnis besitze. Hab mich selten geirrt.“
„Ja, Blaue. Du kannst dich
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