Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
das wäre doch wieder mal was. Und außerdem: Hatte einer von ihnen je zuvor gefragt, ob das Schnitzel, das sie zum Beispiel im Zeltlager der Gelehrten gegessen hatten, von einem Tier stammte, das davor einmal lebte und Gefühle hatte? Ein Mensch musste schließlich essen Und ein Taure auch.
„Warum nicht?“, erwiderte Nessy schließlich. „Hunger hätte ich genug. Aber wie sollen wir es schaffen, so ein Tier zu erlegen? Sollen wir es nett darum bitten, sich für uns auf den Grill zu legen?“
Charly dachte kurz an seinen Revolver, den er seinem Vater stibitzt hatte und der nun auf dem Grund seines Rucksacks lag. Doch hatte er die Waffe bislang vor den anderen verheimlicht, und so sollte es fürs Erste auch bleiben, ginge es nach ihm.
„Wozu hat unser Gruppenleiter vom Meister eine Pistole erhalten?“, fragte er stattdessen.
Ben wirkte nicht sehr glücklich über die Richtung, die das Gespräch nahm. „Jaja, ich hab das Ding dabei. Aber ich hab keine Ahnung, wie man damit überhaupt umgeht. Ich weiß ja nicht mal, ob Meister Athrawon das verdammte Ding überhaupt geladen hat.“
„Dann finde es doch heraus“, meinte Charly nur.
Ben nahm also die Pistole aus seinem Rucksack. Es handelte sich um eine Browning, 9mm, Halbautomatik. Doch dass wusste der Junge natürlich nicht. Und es hätte ihm auch nichts genutzt, den Namen des elenden Dings zu kennen. Es war das erste mal, dass er eine Waffe in der Hand hielt. Und sofort war ihm klar: Er hasste diese Dinger. Ob die Pistole nun geladen war oder nicht, konnte er nicht sagen, vermutete es aber, da ihnen der Schulleiter die Waffe zu deren Schutz überlassen hatte. Ganz sicher hatte der Meister dabei in bester Absicht gehandelt, aber Ben wollte das Ding am liebsten auf der Stelle loswerden. Er hasste die Pistole und auch das, was sie anzurichten im Stande sein würde.
Doch weder Nessy, noch Lisa hatten den Mut, eines der Tiere zu erschießen. Auch Charly überließ gerne dem anderen Erdling den Vortritt, obwohl er daheim bereits Erfahrungen mit allerlei Waffen gesammelt hatte, ohne dass sein Vater hiervon wusste. Außerdem wollte er ja ungern ohne Not sein kleines Geheimnis preisgeben. Rippenbiest verwies auf seine riesigen Pranken, die für solche Waffen völlig ungeeignet waren. Und seine Kriegsaxt erschien dem Tauren doch ein wenig unpassend zu sein für die Jagd auf eine Kuh. Also blieb die Sache wohl an Ben hängen. Nicht, dass Ben skrupellos gewesen wäre, im Gegenteil, aber er war immerhin vernünftig genug, Nahrung auf diese Weise zu beschaffen, wenn sie von Nöten war.
„Weiß denn wer, wie man so ein Ding benutzt?“, fragte er in die Runde.
Auch Nessy mochte solch drastische Waffen nicht unbedingt, wagte aber dennoch einen Vorschlag. „Ich denke, man betätigt einfach den Abzug, dann gibt’s einen Knall, und wenn man gut genug gezielt hat, ist irgendwer tot.“
„Klingt, als wüsstest du, wovon du sprichst“, witzelte Charly.
„Ich finde das gar nicht lustig“, maulte Nessy.
Ben hatte genug gehört. „Welches soll ich...? Ich meine, worauf habt ihr Lust? Ich dachte vielleicht an ein Reh, da wissen wir wenigstens, was wir haben, oder?“
„Nein, nein!“, bettelte Charly. „Lass uns die blaue Nilkuh probieren. Mich würde sehr interessieren, wie die wohl schmeckt!“
Ben sah Nessy an, die ihm irgendwie zur Stellvertreterin geworden war. Sie nickte stumm und schloss die Augen. So tough, wie sie sonst auch immer erschien, die Tiere lagen ihr doch sehr am Herzen. Ben zielte. Er hatte bislang nicht mal auf dem Jahrmarkt auf irgendwas geschossen. Er hoffte, dass er sich nicht allzu sehr vor den anderen blamieren würde. Ob er der Pistole wohl überhaupt einen Schuss entlocken konnte? Mal sehen, der tödliche Schuss stand offensichtlich kurz bevor.
„Ich weiß ja nicht, was du da in deiner Hand hältst, Mensch, aber sicherlich nichts Gutes“, brummte die blaue Kuh. „Willst mich doch nicht etwa töten, um mich hinterher aufzuessen, Junge? Das tät mich aber gar nicht freuen, du! Außerdem schmeckt eine Nilkuh wie ich eher recht zäh.“
Ben ließ verwundert die Waffe fallen. Er staunte nicht schlecht. Diese Nilkuh da hatte mit ihm geredet. Ein TIER hatte geredet! Der Traum vom Fleisch war hiermit wohl fürs Erste ausgeträumt.
„Ja, äh... Eigentlich wollte ich dich schon töten, aber ich konnte ja nicht wissen, dass du ein Wesen bist, das sprechen kann.“
„Hör sich einer diesen Menschen an!“, brummte die Kuh weiter,
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