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Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
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fliehendem Fell durch das schwarze Wasser, als wären sie bereits tot. Nessy schwebte schon seit Stunden, wenn nicht länger, neben Ben in die Tiefen des Zeitmeeres hinab und hielt immer noch seine Hand. Und während die Szenen der augenblicklich unbenötigten Zeit immer rascher an ihnen vorbeizogen und schließlich zu einer undefinierbaren Masse aus Licht- und Farbenspiel in sie umgebender tiefer Schwärze wurden, schloss sie kurz ihre längst aufgeweichten Finger um die seinen, als wollte sie auf diese Weise Lebewohl sagen. Doch auf diese Weise weckte sie ihn aus seiner Lethargie. Er drehte den Kopf und sah Nessy an. Danach seine anderen nassen Begleiter. Wie er, schwebten sie schlaff durch das Wasser mit seltsam verrenkten Armen und Beinen, so als wären sie nur ein Spielzeug der Strömungen. Und sie schauten ihn an mit angstvoll geweiteten Augen. Und in ihnen allen stand eines geschrieben: Ben, hilf uns. Du bist der einzige, der es kann. Ben erkannte das Flehen deutlich in ihren Augen. Doch er fürchtete sich so sehr davor, in dieser auswegslosen Situation Verantwortung zu übernehmen. Zu einem Hoffnungsträger zu werden. Doch ob er wollte oder nicht, er konnte seine Freunde doch nicht einfach enttäuschen und im Stich lassen. Und mit allerletzter Willensstärke brachte er sein Gehirn erneut in Gang, um – wie schon einige Male zuvor auf ihrer Reise – auf einen rettenden Einfall für sie alle zu kommen. Gedankenfetzen und Erinnerungsbruchstücke jagten durch seinen Kopf und drohten ihn zu sprengen. Es tat ihm buchstäblich weh, in solch furchtbarer Lage, noch einen halbwegs klaren Gedanken fassen zu müssen. Und lange Zeit gelang es ihm einfach nicht. Er schaute um sich herum. Auf allen Seiten hatte sich der Strom aus Zeitausschnitten mit dem Blauschwarz des Wassers zu einer vorbeirauschenden Masse aus Irrsinn vermischt. Schlimmer, viel schlimmer als das laufende Bild eines kaputten Fernsehers, auf dessen Bildschirm man wegen der rasant am Auge vorbeifliegenden Szenen das Ganze nicht mehr erkennen konnte. Dabei dachte er an Meister Athrawons Warnung: Du gelangst in ein Haus, das tickt ohne Ende. Verlier keine Zeit und verlasse die Wände! Hätten sie nur genau das getan. Bevor sie der Zeitstrahl getroffen und hierher katapultiert hatte. Nun war es offensichtlich zu spät, die Wände zu verlassen, die inzwischen Wällen aus Wassermassen gewichen waren. Und um die ganze Lage noch zu erschweren, verdrängten wirre Erinnerungen an Ausflüge mit seinen Eltern an sommerlichen Sonntagen Bens Gedanken. Erinnerungen an ein Picknick im Wald. An das Gesumme von Bienen, das Zirpen der Grillen am Abend. Eine Prügelei auf dem Schulhof. Schließlich verschwammen auch seine Gedanken, so wie die ganze Wasserszenerie um ihn herum, zu einem grauen Rausch. War dies das Leben, welches angeblich vor dem geistigen Auge an einem Menschen vorbeizog in der Stunde seines Todes? Ben glaubte ja.
    Aber wieder fühlte er den Druck von Nessies Hand auf der seinen. Und die Hand von Charly auf der andern Seite. Sogar die Blicke seiner Freunde konnte er fühlen. Doch niemand konnte diesem Meer aus Zeit entrinnen. Denn es gab keinen, der oben an Deck eines Schiffes stand und die Taucher mit einer Seilwinde wieder an die Meeresoberfläche hätte holen können. Aus und vorbei. Ben schloss die Augen und dachte nach, so gut es ging. Verlier keine Zeit, hatte der Gelehrte gesagt. Zeit...
    Die Zeit war alles, was ihnen geblieben war auf ihrer feuchten Reise durch die Unendlichkeit. Wenn er sie nur anhalten könnte, um sie aus dem Meer aus Zeit befreien zu können. Doch dafür musste jemand das Uhrwerk stoppen. Stoppe das Uhrwerk, dachte er sich. Stoppe das Uhrwerk.
    Er löste seine Hand von der seines Freundes und hielt den Atem an. Was wäre, wenn...? Er blickte auf seine Armbanduhr und tatsächlich; sie lief wieder. Und wie. Seine Augen konnten kauf dem Rennen der Zeiger folgen, so schnell bewegten sie sich rund um die Uhr, und mit ihnen die Zeit. Ben überlegte nicht mehr lange, gab nun auch Nessies Hand frei und zog an der Krone seiner alten Armbanduhr. Sofort stellte das Uhrwerk seine Arbeit ein. Ben hatte es gestoppt. Die Zeit angehalten.   
    Eben noch waren sie alle auf ihrer monotonen Reise durch die Zeiten in einem inzwischen tiefschwarzen Meer gewesen. Ohne Boden, ohne Hoffnung, ohne Ziel und ohne Ende. Doch in dem Moment, als der Junge das Uhrwerk gestoppt hatte, ging ein Ruck durch Menschen und Tiere. Sie beendeten ihre Fahrstuhlfahrt

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