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Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
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sein werdet, wenn es an der Zeit ist. Und das wird bald sein. Dies ist der einzige Weg, auf dem ich aus meiner Dimension heraus mit dir Kontakt aufnehmen kann. Jetzt lies, was eure Aufgabe sein wird in der Stadt, die keine Menschen mag: Einer von Euch muss an dem Wettkampf teilnehmen. Aber was die Sache noch schlimmer macht, er muss ihn auch auf jeden Fall gewinnen. Denn nur dann kann er das Meer der sprechenden Fische erreichen. Der Sieger erhält Gold und die Erfüllung eines Wunsches. Und dieser Wunsch  will  sorgsam  formuliert sein. Ich kann euch nicht  dabei  helfen, sofern denn einer von euch siegen sollte, was mir schwer genug erscheint. Ich ahne nicht, wie der richtige Wunsch lauten muss, aber ich bin sicher, derjenige unter euch wird es wissen, wenn es soweit ist. Verlasst euch auf euer Gefühl, würde ich sagen. Ich drücke Euch die Daumen. Und ich hoffe, wir lernen uns einmal kennen. Wo auch immer und wann auch immer. Ach ja, hütet euch vor Aichet...
    Ein Freund
     
    Charly las den Text ein zweites und drittes Mal. Selbst nach der abschließenden vierten Lektüre war er nicht viel schlauer. Wollte ihn da jemand veralbern? Offensichtlich hatte der Absender gewusst, dass der Finder die Flaschenpost auf einem Trödelmarkt entdecken würde. Hatte sich etwa Luna diesen Scherz erlaubt, um einem törichten Kunden für einen Haufen Geld einen völlig wertlosen Juxartikel anzudrehen? Wer sonst hätte das mit dem Flohmarkt wissen können? Doch worin bestand dann der Witz? Für fünfzig Euro hätte Luna einem ahnungslosen Käufer auch ein leeres Blatt Papier in die Flasche stecken können. Vielleicht hatte das Ganze doch etwas zu bedeuten. Der Verfasser des Textes sprach von einem Abenteuer. Womöglich wusste er um Charlys bevorstehende Reise in die Zukunft. In diesem Fall wäre die Stadt, die keine Menschen mag ganz bestimmt die unterirdische Siedlung der schrecklichen Morlocks. Oder meinte dieser seltsame Freund ganz was anderes? Einen Wettkampf musste der Leser der Flaschenpost also gewinnen, um Gold und die Erfüllung eines Wunsches zu erhalten. Kannten die Morlocks Wettkämpfe? H. G. Wells hatte darüber nichts verlauten lassen. Und wer waren die Freunde, von denen der Absender sprach? Charly hatte vor, alleine zu reisen. Irgendwie ergab das alles keinen Sinn. Besonders die Stelle des Textes, in der von meiner Dimension die Rede war. Zwar hatte auch Wells einmal von verschiedenen Dimensionen geschrieben, doch welcher glaubte der Verfasser der Flaschenpost anzugehören? Fragen über Fragen und keine Antworten. Wer oder was war eigentlich Aichet? Charly hatte keine Lust mehr zum Rätselraten, steckte den Zettel in die Flasche und verkorkte sie anschließend wieder. Er stellte sie neben sich auf den Wohnzimmertisch und nahm sich vor, später darauf zurückzukommen. Inzwischen war es draußen finster geworden und die Gefährten des Ringes hatten auf dem Bildschirm die Höhlen von Moria betreten. Charly holte sich eine Riesencola sowie einen weiteren Hamburger und schaute sich seinen Lieblingsfilm auf dem Siebzig-Zoll-Fernseher in aller Ruhe zu Ende an, ohne an sein Mitbringsel vom Trödelmarkt noch einen weiteren Gedanken zu verschwenden.
    Im Laufe des Abends war der Fantasy-Fan müde geworden und wollte sich schon aufmachen in Richtung Schlafzimmer, da fiel ihm noch ein, dass er seine Reise in die Zukunft noch nicht einmal vorbereitete hatte. Er ging also stattdessen zur Garderobe, langte nach seinem Schulrucksack und kippte erst einmal mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht die Schulbücher aus. Sie fielen zu Boden und landeten neben den Umzugskartons, die in der Diele noch auf das Auspacken warteten. Dort konnten die Drecksdinger, wie Charly diese Bücher gerne nannte, von ihm aus noch lange liegen bleiben und verrotten. Zur Schule würde er, wenn sein Plan mit der Reise durch die Zeit funktionierte, ohnehin nie mehr gehen. Wozu auch? Die lehrreichste und spannendste Schule war in seinen Augen das Leben selbst. Er nahm den nun leeren  Rucksack mit ins Wohnzimmer, wo auf dem riesigen Flachbildschirm noch der Abspann vom Herrn der Ringe zu sehen war, und ging auf eine der Kommoden zu. Über diesem Möbelstück hing ein furchtbar hässliches Gemälde, auf dem eine ebenso scheußliche alte Frau zu sehen war. Charly wusste nicht, wer dem Künstler Modell gestanden hatte, vermutete aber, dass es sich um eine Hexe gehandelt haben musste, die in ihrem ganzen langen Leben weder Wasser noch Seife gesehen hatte.

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